Zusammenschluss als Joint Venture

Pro AvO und Phoenix planen Mega-Plattform

Berlin - 09.07.2020, 09:00 Uhr

Für die Apotheken vor Ort: Die Initiative Pro AvO und der Pharmagroßhandel Phoenix wehren sich gemeinsam gegen Drittanbieter aus dem Ausland. (c / Foto: imago images / Reiner Zensen)

Für die Apotheken vor Ort: Die Initiative Pro AvO und der Pharmagroßhandel Phoenix wehren sich gemeinsam gegen Drittanbieter aus dem Ausland. (c / Foto: imago images / Reiner Zensen)


Erst vor rund drei Wochen hat die Initiative Pro AvO ihre Plattform Apora präsentiert. Jetzt setzen die fünf Partner Noventi, Sanacorp, Gehe, BD Rowa und der Wort & Bild Verlag noch einen drauf: Sie wollen zusammen mit dem Pharmagroßhändler Phoenix eine Mega-Plattform schaffen, die es mit Amazon und Co. aufnehmen kann.

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens schreitet in Sieben-Meilen-Stiefeln voran. Das E-Rezept steht bereits vor der Tür – und viele Apothekeninhaber in Deutschland fürchten, dass Versandhändler und digitale Plattformen ihnen in diesem Zuge die Kunden abwerben werden. Wie können sich die Präsenzapotheken dagegen rüsten?

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Die Initiative Pro AvO will Feuer mit Feuer bekämpfen. Der Zusammenschluss aus Noventi, Sanacorp, Gehe, BD Rowa und Wort & Bild Verlag hat vor Kurzem eine Plattform vorgestellt, die explizit die Vor-Ort-Apotheken adressiert. Apora heißt das Projekt, das den Kunden „schnell und einfach“ den Zugang zu seinem Medikament garantieren soll. Jetzt vermeldet das Team einen neuen Mitspieler: Mit Phoenix Deutschland gründet die Initiative ein Joint Venture.

Phoenix und Pro AvO auf Kuschelkurs

Ursprünglich hatte Phoenix eine Kooperation mit ARZ Haan angestrebt und selbst eine Plattform gelauncht. Nun schmieden die potenziellen Konkurrenten eine Allianz und wollen beide Ansätze miteinander verschmelzen. Marcus Freitag, Managing Director bei Phoenix Deutschland, sagte am gestrigen Mittwochabend bei der Online-Präsentation, es reiche nicht, sich nur um Arzneimittel und deren Distribution zu kümmern. „Wir müssen größer denken.“ Darum wollen die Partner nicht nur die Apotheken, sondern auch andere Leistungserbringer wie Ärzte, Sanitätshäuser und Pflegedienste mit ins Boot holen. Es gelte in diesen Zeiten, sich nicht gegenseitig zu bekriegen, sondern sich gemeinsam gegen Anbieter wie Amazon und Alibaba zu wehren. Daher sei der Schritt, ein gemeinsames Joint Venture zu gründen, „genau der richtige Weg für das Gesundheitswesen“.

Was kann der Zusammenschluss für die Präsenzapotheken leisten?

Was kann der Zusammenschluss für die Präsenzapotheken hierzulande leisten? Auf Anfrage von DAZ.online sagt Dr. Peter Schreiner, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Gehe: „Ich bin fest davon überzeugt, dass die Apotheker ihre vielen Stärken in Form von gemeinsamen Angeboten bündeln müssen. Wir bauen hierfür eine ganzheitliche und vor allem technisch eng verzahnte digitale Plattform, bei der wir auch Apotheker mit eigenen Lösungen wunderbar einbinden!“

Zudem unterstreicht Dr. Hermann Sommer, Vorstandsvorsitzender der Noventi, die persönliche Bindung der Präsenzapotheken zu ihren Kunden. „Die für den Endverbraucher relevanten Gesundheitsversorger sind wohnortnah und in der Regel sogar persönlich bekannt. Diese persönliche Nähe und das daraus resultierende Vertrauensverhältnis mit sozialer Bindung wird durch die neue digitale Plattform der Gesellschaft wertvoll ergänzt. Daraus entsteht ein klarer emotionaler, persönlicher und sozialer Vorteil gegenüber rein technologisch und Call-Center betriebenen Anbietern aus dem Bereich Distanz-/ Versandhandel.“

Wie finanziert sich das Projekt?

Zunächst investieren die Partner nach eigenen Angaben einen zweistelligen Millionenbetrag in den Aufbau der Plattform. Wie es danach weitergeht, bleibt offen. „Für den Verbraucher wird die Plattform kostenlos sein“, betont Sommer gegenüber DAZ.online. Zu den Kosten für die teilnehmenden Leistungserbringer äußert sich die Kooperation nicht konkret. „Die digitale Plattform wird sich perspektivisch aus eigenen Einkünften selbst finanzieren und tragen müssen“, sagt der Noventi-Vorstandsvorsitzende. „Das Vergütungsmodell arbeiten wir derzeit aus, es wird sehr transparent sein.“

Und was ist mit dem Datenschutz?

Was jedoch vor allem die Versicherten interessieren dürfte, ist der Datenschutz – zumal auch die elektronische Patientenakte in das Projekt einbezogen werden soll. Auf Nachfrage von DAZ.online, wie das Joint Venture diesen sichern will, antwortet Schreiner: „Auch wenn ich manchmal den Eindruck habe, dass wir in Deutschland den Datenschutz über das Patientenwohl stellen, so ist doch klar, dass höchste Sicherheit der Daten ein absolutes Muss ist. Daher sollen auch alle technischen Infrastrukturen ausschließlich in Deutschland betrieben werden und damit den hohen Anforderungen der Datenschutzregulierungen unterliegen.“ Welche Absicherungen genau geplant sind, ließ Schreiner offen.

Darüber hinaus planen Pro AvO und Phoenix laut einer gemeinsamen Pressemitteilung, die Krankenkassen einzubinden. Warum aber sollten die Kostenträger da mitmachen? Und wie wollen die Partner zum Beispiel die Ärzte abholen? Zudem ist unklar, welchen Beitrag Phoenix leistet. Handelt es sich nur um Kapital? Und was ist aus der Kooperation mit der ARZ Haan geworden? Am Ende bleiben viele Fragen unbeantwortet, die die Partner noch auflösen müssen.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Apora

von Wolfgang Kempf am 11.07.2020 um 13:22 Uhr

Unabhängig davon, dass die offenen Fragen vor dem Rollout der Plattform final beantwortet werden müssen, bleibt für mich die Feststellung: Aus jetziger Sich ist apora eine Endkunden-orientierte, benutzerfreundliche und ganzheitliche digitale Plattform, die das Potential zum "großen Wurf" hat, um der inhabergeführten Vor-Ort-Apotheke nachhaltige Unterstützung zu bieten in dem bis dato ungleichen Wettbewerb mit den Online-Versendern außerhalb der deutschen Grenzen.
Die Integration von weiteren hochkarätigen Marktbeteiligten wäre das "Sahnehäubchen" ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung umfassender und großer Lösung, die sich letztendlich wegen der "Schlagkraft" jeder wünscht.
Man darf gespannt sein, wer oder was sich noch in der Pipeline befindet, bevor der eigentliche Startschuss erfolgt.

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Drei Fragezeichen bleiben !

von Ulrich Ströh am 09.07.2020 um 12:32 Uhr

Warum sollen Ärzte und Krankenkassen in dieses Konzept eingebunden sein?

Werden Abrechnungsfirmen und Großhändler und Zeitungskonzerne sich der Apotheken bedienen dürfen?

Was macht aktuell die Deutschland-App des Deutschen Apotheker Vereins?

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apora

von Dr. Radman am 09.07.2020 um 9:40 Uhr

Plattform "apora". Warum nicht "apomed", damit der Verbraucher eine Verbindung zu Apotheke+Medikamente herstellen kann.

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