Entschließung angenommen

Europäisches Parlament will Gesundheitsunion

Remagen - 14.07.2020, 10:15 Uhr

Die Coronakrise offenbart die Schwachstellen der Gesundheitssysteme in Europa. (Foto: picture alliance / NurPhoto | Jonathan Raa)

Die Coronakrise offenbart die Schwachstellen der Gesundheitssysteme in Europa. (Foto: picture alliance / NurPhoto | Jonathan Raa)


Nach Einschätzung des Europäischen Parlaments hat die Corona-Pandemie deutlich gezeigt, wo die Schwächen der Gesundheitssysteme in der EU liegen. Verwerfungen in der Versorgung, die die Krise offenbart hat, soll es in Zukunft nicht mehr geben. Mit einer Entschließung, die am vergangenen Freitag angenommen wurde, streben die Abgeordneten einen engeren Schulterschluss der Länder an.

Ein Entschließungsantrag im Europäischen Parlament zur Strategie der EU im Bereich der öffentlichen Gesundheit für die Zeit nach der COVID-19-Pandemie  (2020/2691(RSP)) legt den Finger in die Wunden, die die Pandemie in die europäischen Gesundheitssysteme gerissen hat. Vorgelegt hatten ihn die Fraktionen der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten), der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten, der Renew Europe Group, der Grünen/Freie Europäische Allianz sowie die Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke. Die Entschließung wurde am Freitagnachmittag im Plenum des Europäischen Parlaments mit deutlicher Mehrheit angenommen. 526 Abgeordnete stimmten dafür, 105 dagegen, 50 enthielten sich.

Bestehende Probleme sind stärker zutage getreten

COVID-19 habe deutlich gemacht, dass die Europäische Union nicht über ausreichend starke Instrumente verfüge, um eine Gesundheitskrise wie die Ausbreitung einer neuartigen Infektionserkrankung zu bewältigen, stellen die Abgeordneten in den Erwägungsgründen zu dem Antrag fest. Angehörige der Gesundheitsberufe seien unannehmbar hohen Risiken ausgesetzt und in manchen Fällen gezwungen gewesen, zu entscheiden, wer eine medizinische Intensivbehandlung erhalten könne und wer nicht. Außerdem habe die COVID-19-Krise die Arbeitsbedingungen vieler Arbeitnehmer in Europa verändert, bestehende Probleme stärker zutage treten lassen und neue Fragen in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz aufgeworfen. Darüber hinaus habe die Ausbreitung in ganz Europa die großen Kapazitätsunterschiede zwischen den Gesundheitssystemen der Mitgliedstaaten offenbart.

Die richtigen Lehren ziehen

Mit der Entschließung fordert das Europäische Parlament die Organe der EU und die Mitgliedstaaten auf, Lehren aus der COVID-19-Krise zu ziehen und im Bereich der Gesundheit deutlich stärker zusammenzuarbeiten als bisher. Im Ergebnis soll eine europäische Gesundheitsunion geschaffen werden. Hier ein kleiner Einblick in das Maßnahmenpaket:

  • Unter anderem werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, ihre Gesundheitssysteme schnellstmöglich Stresstests zu unterziehen, um sich zu vergewissern, dass sie für ein etwaiges Wiedererstarken von COVID-19 und für künftige Gesundheitskrisen gerüstet sind.
  • Die Kommission soll auf der Grundlage der Ergebnisse der Tests eine Richtlinie über Mindeststandards für eine hochwertige Gesundheitsversorgung vorschlagen.
  • Weiterhin soll die Kommission einen Europäischen Gesundheits-Reaktionsmechanismus (European Health Response Mechanism, EHRM) entwerfen, um auf alle Arten von Gesundheitskrisen reagieren zu können.
  • Dazu soll eine eigene Dienststelle für Krisenmanagement im Gesundheitswesen eingerichtet werden, ebenso wie eine digitale Austauschplattform für epidemiologische Daten, Empfehlungen für Angehörige der Gesundheitsberufe und Krankenhäuser sowie für den Stand der verfügbaren Kapazitäten und Lagerbestände an medizinischen Produkten.
  • Gemeinsame Vergabeverfahren der EU für die Beschaffung von COVID-19-Impfstoffen und -behandlungen sollen weiter genutzt und systematisch eingesetzt werden, um zu verhindern, dass die Mitgliedstaaten miteinander in Wettbewerb treten, und um einen gleichberechtigten und erschwinglichen Zugang zu wichtigen Arzneimitteln und Medizinprodukten zu gewährleisten.
  • Die Kommission wird aufgefordert, eine neue Verordnung über grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren vorzuschlagen.


Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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