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Kommentar
DocMorris und Teleclinic: Fällt jetzt die nächste Schutzmauer?
Nach dem (inzwischen gefallenen) Versandverbot, der (höchstrichterlich aufgehobenen) Gleichpreisigkeit und dem (noch haltenden) Fremdbesitzverbot stellt DocMorris nun das Edikt von Salerno in Frage. Mit der Übernahme des Telemedizin-Anbieters TeleClinic durch den Versandapotheken-Betreiber Zur Rose (der DocMorris-Mutter) fällt eine weitere wichtige Schutzmauer im Gesundheitssystem, kommentiert DAZ-Herausgeber Benjamin Wessinger.
Diesem Unternehmen scheint nichts heilig zu sein in seinem Bemühen, das bewährte und weltweit angesehene deutsche Gesundheitssystem grundlegend zu verändern. Gestartet als „Versandapotheke“ aus Holland, zu einer Zeit, als der Versand von Arzneimitteln in Deutschland noch verboten war, liegt das Brechen von Regeln und Gesetzen offenbar in der DNA von DocMorris.
Nachdem die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) 2004 den Arzneimittelversand in vorauseilendem Gehorsam vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erlaubte, gab man sich nämlich mitnichten zufrieden. Nein, als nächstes missachtete man jahrelang die Arzneimittelpreisverordnung, indem man Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gab. Und 2006 pfiff man einfach auf das deutsche Fremdbesitzverbot, das den Betrieb einer Apotheke nur einem persönlich haftenden Apotheker erlaubt, und eröffnete in Saarbrücken eine Apotheke. Diese wurde erst 2009 nach – wiederum – einem Urteil des EuGH geschlossen. Bei den Boni hatte DocMorris mehr „Erfolg“, 2016 schleifte der EuGH die deutschen Regelungen zur Gleichpreisigkeit von Arzneimitteln zumindest für ausländische Versender. Grund für das Verfahren vor dem EuGH: Eine Vereinbarung von DocMorris mit der Deutschen Parkinson-Vereinigung …
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Und nun nimmt man also die seit hunderten von Jahren bewährte Trennung von Arzt und Apotheker in Angriff. Die größte Versandapotheke verleibt sich den Telemedizin-Marktführer ein. Der Aufschrei unter den Apothekern ist groß, wie die Kommentare im Internet und den Sozialen Medien zeigen. Der der Ärzte, unter denen es immer Freunde eines ärztlichen Dispensierrechts gab, könnte schon deutlich leiser ausfallen. Und die Reaktion der Politik? Man darf gespannt sein, ob und gegebenenfalls wie Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU) reagieren wird. Hat er doch bisher keinen Hehl aus seiner Sympathie für „moderne“, am besten digitale „Innovationen“ im deutschen Gesundheitswesen gemacht. Wird er zuschauen, wie DocMorris die nächste Mauer zum Schutz der Patient*innen einreißt?
Ökonomie vor Versorgung
Erinnert sei an eines: Die Motivation für all diese Regelbrüche liegt nicht in einer Verbesserung der medizinischen oder pharmazeutischen Versorgung, sondern ist eine rein ökonomische. Denn die Trennung von Arzt und Apotheker dient – wie die Gleichpreisigkeit, das Fremdbesitz- und das ehemalige Versandverbot – dem Schutz der Patient*innen! Sie sollen eben gerade nicht einem ungehemmten Marktgeschehen ausgeliefert sein. Wer diese Regeln abschaffen will, sollte gut begründen können, wie sich dadurch der Patientenschutz und die Versorgung verbessern. „Innovation“ oder „Digitalisierung“ sind kein Selbstzweck. Man kann das offenbar nicht oft genug wiederholen.
3 Kommentare
Zur Rose etc
von Sven Larisch am 20.07.2020 um 7:57 Uhr
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Diese Verbrecher brechen Recht wie es ihnen gefällt
von Rainer W. am 17.07.2020 um 18:01 Uhr
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DocMorris
von Karl Friedrich Müller am 17.07.2020 um 14:14 Uhr
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