Testverordnung tritt am Samstag in Kraft

Ohne Test droht Bußgeld

Marseille - 07.08.2020, 09:15 Uhr

Corona-Tests sollen nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Spahn innerhalb der ersten 72 Stunden nach Einreise kostenlos bleiben. (c / Foto: imago images / photothek)

Corona-Tests sollen nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Spahn innerhalb der ersten 72 Stunden nach Einreise kostenlos bleiben. (c / Foto: imago images / photothek)


Reiserückkehrer aus Risikogebieten können in Zukunft zu Coronatests verpflichtet werden. Das gab Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Berlin bekannt. Eine entsprechende Verordnung tritt an diesem Samstag in Kraft. Er sei sich „sehr bewusst”, dass es sich dabei um einen „Eingriff in die Freiheit des Einzelnen” handele, so Spahn. Dieser sei aber zumutbar.

Bereits seit zwei Wochen können sich Urlauber bei ihrer Rückkehr nach Deutschland freiwillig kostenlos auf das Coronavirus testen lassen. Speziell für Einreisende aus einer vom Robert Koch-Institut als Risikogebiet eingestuften Region waren Gratis-Testzentren an Flughäfen eingerichtet worden.

Ab Samstag gilt nun eine neue Verordnung für all diejenigen, die sich innerhalb der letzten 14 Tage in einem solchen Risikogebiet aufgehalten haben. Das Gesundheitsamt kann jetzt von ihnen innerhalb von 14 Tagen nach Einreise ein Corona-Testergebnis anfordern. Vorgelegt werden können hierbei ein Test, der nach der Einreise in Deutschland absolviert wurde, aber auch ein Test in deutscher oder englischer Sprache aus dem Urlaubsland, der in den letzten 48 Stunden vor Abreise gemacht wurde. Urlaubsrückkehrer, die kein negatives Testergebnis vorlegen können, müssen den Test auf Verlangen des Gesundheitsamtes nachholen. Ansonsten droht ihnen ein Bußgeld, das sich laut Spahn „nach der Verhältnismäßigkeit” richten soll. Bereits jetzt besteht für Einreisende aus Risikogebieten die Pflicht zu einer 14-tägigen Quarantäne zu Hause. Diese kann beim Vorliegen eines negativen Testergebnisses verkürzt werden.

Reisende müssen „Aussteigerkarten" ausfüllen

Damit die Gesundheitsämter überhaupt erfassen können, wer aus welchen Ländern einreist, müssen Rückkehrer im Flugzeug oder auch Schiff „Aussteigerkarten” ausfüllen. Darauf soll abgefragt werden, in welchen Ländern sie sich aufgehalten haben und es können Angaben zu einem bereits erfolgten Test gemacht werden. Bei Ankunft in Deutschland werden die Karten eingesammelt und an die Gesundheitsämter weitergereicht. Eine Anforderung von Testergebnissen durch die Ämter soll dann allerdings nur stichprobenartig erfolgen.

Legitimation im Infektionsschutzgesetz

Die Tests sollen innerhalb der ersten 72 Stunden nach Einreise kostenlos bleiben. Wer den Test aber erst später auf Vorgabe des Gesundheitsamtes nachholt, muss ihn demnach selbst bezahlen.

Rechtlich kann sich Spahn auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) berufen. Dieses wurde seit dem Corona-Ausbruch bereits zweimal geändert und räumt dem Bundesgesundheitsministerium weitergehende Befugnisse ein. Allerdings waren diese Änderungen nie unumstritten. Verfassungsrechtler wie der Regensburger Professor Thorsten Kingreen hatten die Regelung wiederholt kritisiert, weil sie gegen das Verfassungsprinzip der Gewaltenteilung verstoße und das Ministerium zum Gesetzgeber mache.

Verhältnismäßig oder nicht?

Zudem verletze ein verpflichtender Rachenabstrich, der für den Test gegen das Coronavirus erforderlich ist, das Recht auf körperliche Unversehrtheit: Ein Grundrecht, das ebenfalls durch die Verfassung geschützt ist. Eingriffe in die Grundrechte sind nur dann erlaubt, wenn sie gut begründet sind und verhältnismäßig bleiben. Als verhältnismäßig könnten die Pflichttests hierbei gelten, wenn sie wirklich eine nennenswerte Anzahl an Neu-Infektionen verhindern können. Ob sich mit der neuen Verordnung das Infektionsgeschehen spürbar eindämmen lässt, bleibt aber fraglich.

Tatsächlich erfolgt ein Großteil der Ansteckungen ganz ohne Kontakt zu Zugereisten im Inland, wie auch Spahn in der Pressekonferenz zugab. Auch scheinen Infektionen bei Einreisenden zwar etwas, aber nicht deutlich häufiger vorzukommen. Laut Spahn sind in Deutschland etwa 0,8 bis 1 Prozent aller Tests positiv, bei Reiserückkehrern etwa 1,2 bis 2 Prozent.

Testkosten gehen zulasten des Solidarsystems

Klar ist zudem: Ein Test kann das Coronavirus nur an bestimmten Tagen aufspüren. Und so könnten sich die Eingereisten nach einem ersten, negativen Test in falscher Sicherheit wiegen, erst Recht, wenn dadurch die Quarantänepflicht aufgehoben wird. Nach der neuen Verordnung kann zwar ein zweiter Test angeordnet werden, bis dahin wäre aber womöglich längst eine Ansteckung erfolgt – oder es wären Symptome aufgetreten, sodass der Fall ohnehin entdeckt worden wäre.

FDP: Reisende sollen Tests selbst bezahlen

Kritisiert worden war die Testverpflichtung auch wegen der Kosten. Diese sollen von den Krankenkassen getragen werden, der Gesundheitsfonds sei ja aufgrund des Corona-Ausbruchs aufgestockt worden, so Spahn. Dass Reisende ihren Test selbst bezahlen sollen, wie unter anderem von der FDP gefordert, lehnte er ab. Nicht wenige hätten sich „ihren Urlaub hart erspart“ und bei der Rückkehr keine großen Reserven. Die kostenlosen Tests seien daher Teil des Solidarsystems.

Die Kostenfreiheit dürfte aber noch einen weiteren Grund haben: Tatsächlich werden sich die verpflichtenden Tests in der Masse vorerst schwer durchsetzen lassen. Gratis-Tests innerhalb von 72 Stunden können da immerhin ein Anreiz sein, sich freiwillig zeitnah testen zu lassen.



Irene Habich, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

ZDF heute-show

von Karl Friedrich Müller am 07.08.2020 um 14:12 Uhr

Die verpflichtenden Tests für Rückkehrer aus Risikogebieten werden kostenlos sein.
Es sei denn, du machst keinen. Dann kostet es bis zu 25.000 Euro. #Corona

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toll

von Karl Friedrich Müller am 07.08.2020 um 10:00 Uhr

so macht Reisen richtig Spaß. Große Infektionsgefahr und bei der Rückkehr noch Strafandrohungen, Quarantäne, evtl Krankheit. Jobverlust? Verdienstausfall?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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