COVID-19-Ansteckung verringern

Antiseptische Mundspülungen als Rezeptur?

Stuttgart - 07.09.2020, 10:00 Uhr

Sollten viruzide Mundspüllösungen die Ansteckung durch SARS-CoV-2 verringern, könnten auch Apotheken antiseptische Mundspüllösungen als Rezeptur herstellen. (x / Foto: Pavelis / stock.adobe.com)

Sollten viruzide Mundspüllösungen die Ansteckung durch SARS-CoV-2 verringern, könnten auch Apotheken antiseptische Mundspüllösungen als Rezeptur herstellen. (x / Foto: Pavelis / stock.adobe.com)


Verschiedene Mundspüllösungen könnten viruzid auf SARS-CoV-2 wirken. Klinische Studien fehlen bislang. Lässt sich dieser Effekt bestätigen, wären desinfizierende Mundspüllösungen vielleicht eine einfach Methode, um Ansteckungen zu verringern. Ließen sich solche Rezepturen auch in der Apotheke herstellen?

Im Mund-Rachenraum von COVID-19-Patienten kann es zu erheblichen Virenkonzentrationen kommen. Deutsche Virologen hatten in In-vitro-Experimenten getestet, ob antiseptische Mundspülungen die SARS-CoV-2-Viruslast beeinflussen. Sie wollten prüfen, ob sich auf diese Weise das Ansteckungsrisiko reduzieren lassen könnte.

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Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum hatten acht kommerziell erhältliche Mundspüllösungen auf ihre Effektivität gegen das neuartige Coronavirus untersucht. Alle getesteten Fertigarzneimittel konnten die Virusmenge in der Untersuchungslösung reduzieren. Am besten schnitten dabei drei Lösungen mit unterschiedlicher Zusammensetzung ab, diese enthielten als aktiven Wirkstoff entweder Polyvidon-Iod, Ethanol und ätherische Öle oder eine Kombination aus Dequaliniumchlorid und Benzalkoniumchlorid. Aber auch Mundspüllösungen mit den bekannten Rezeptursubstanzen Chlorhexidin oder Polihexanid zeigten sich als wirksam.

Zu diesem Thema erreichte uns eine Anfrage aus einer Apotheke, ob entsprechende Lösungen zur Mundspülung auch rezepturmäßig hergestellt werden können. Apothekerin Dr. Annina Bergner hat sich zwei Rezpturen mit den Wirkstoffen Chlorhexidin und Polihexanid angeschaut.

Mundspüllösung mit Chlorhexidindigluconat

Zur antiseptischen Spülung der Mundhöhle ist im NRF beispielsweise unter der Vorschrift 7.2. eine standardisierte Rezeptur mit folgender Zusammensetzung zu finden:

 

Chlorhexidindigluconat-Lösung1,064 g
Sorbitol-Lösung 70 %36,0 g
Pfefferminz-Farbmittel-Konzentrat „Blau“ (Vorschrift S.21.)0,1 g
Gereinigtes Wasserzu 100,0 g

Der Wirkstoff Chlorhexidin ist als Base nur wenig in Wasser löslich und wird daher in Form seines deutlich besser löslichen Salzes Chlorhexidindigluconat verarbeitet. Dieses ist bereits als wässrige Lösung (200 g/l) mit einer Dichte von 1,064 g/ml als Ausgangsstoff erhältlich. Der schlechte Geschmack des Chlorhexidins wird in Gurgellösungen durch Zugabe von Süßstoffen und Aromen versucht zu überdecken. Sorbitol gilt dabei bei vorübergehender Anwendung als nicht zahnschädigend. Das Farbmittelkonzentrat verleiht der Mundspüllösung neben dem ätherischen Öl zur Geschmacksverbesserung durch den Farbstoff Patentblau V eine schwache Blaufärbung.

Einfache Herstellung

Zur Zubereitung der Mundspüllösung können die einzelnen Bestandteile einfach in einem Becherglas mit Glasstab gemischt und in eine Glasflasche abgefüllt werden. Die Dosierung der Chlorhexidindigluconat-Lösung sollte dabei durch Einwiegen erfolgen, von einer volumetrischen Zugabe rät das NRF ab. Durch die antimikrobielle Eigenschaft des Wirkstoffs ist eine zusätzliche Zugabe eines Konservierungsstoffs nicht nötig.

Lösung mit Polihexanid als weitere Möglichkeit

Eine weitere Option zur rezepturmäßigen Herstellung einer entsprechenden Lösung wäre auch ein Mundwasser mit Polihexanid als Wirkstoff:

Polihexanid-Lösung 20 % DAC0,6 g
Pfefferminzöl0,1 g
Macrogol-40-glycerolhydroxystearat                  0,1 g
Ethanol 96 %10,4 g
Glycerol 85 %3,0 g
Gereinigtes Wasserzu 100,0 g

Polihexanid ist leicht in Wasser löslich und wird als 20-prozentige Lösung verarbeitet. Ebenso wie Chlorhexidin zeigt auch Polihexanid einen bitteren Geschmack, durch Pfefferminzöl und leicht süß schmeckendes Glycerol soll dieser überdeckt werden. Wiederum ist die Herstellung einfach, die einzelnen Bestandteile können ebenfalls in einem Becherglas mit Glasstab vermischt werden. Auch enthält das fertige Mundwasser keinen Konservierungsstoff, durch die antimikrobielle Eigenschaft des Polihexanids und des Ethanols ist es ausreichend vor mikrobiellem Befall geschützt.

Klinische Studien notwendig

Die durchaus ermutigenden Laborergebnisse müssen nun zunächst in klinischen Studien überprüft werden. Dabei muss getestet werden, ob die Mundspüllösungen auch tatsächlich bei der Anwendung am Patienten zu einer Reduktion der Viruslast in der Mundhöhle führen und ein Ansteckungsrisiko verringern. Wenn das der Fall wäre, dann könnten mit SARS-CoV-2 infizierte Personen vor dem Kontakt mit medizinischem Personal gurgeln und so die Ansteckungsgefahr reduzieren. Und auch die Apotheke könnte durch Herstellung entsprechender Mundspüllösungen einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie leisten.



Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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