Cannabidiol

Ist CBD gegen den Zytokinsturm bei COVID-19 wirksam?

Remagen - 28.10.2020, 09:15 Uhr

CBD hat unter anderem analgetische, antikonvulsive, anxiolytische, neuroprotektive und antiinflammatorische Eigenschaften. Forscher untersuchen nun seinen möglichen Einsatz gegen das Coronavirus. (p / Foto: imago images / Alexander Limbach)

CBD hat unter anderem analgetische, antikonvulsive, anxiolytische, neuroprotektive und antiinflammatorische Eigenschaften. Forscher untersuchen nun seinen möglichen Einsatz gegen das Coronavirus. (p / Foto: imago images / Alexander Limbach)


Dem nicht-psychotropen Cannabis-Inhaltsstoff Cannabidiol werden so manche positive Wirkungen nachgesagt. Nach einer neuen Labor-Studie soll es auch den gefährlichen Zytokinsturm bei schweren COVID-19 -Verläufen abmildern können, und zwar dadurch, dass es die Spiegel von Apelin erhöht. Das natürliche Peptid wirkt Entzündungen entgegen und seine Spiegel sind bei der überschießenden Immunreaktion dramatisch reduziert.

Der Zytokinsturm in Zusammenhang mit dem akuten Atemnotsyndrom (ARDS) gilt als Hauptursache für die Sterblichkeit bei schweren COVID-19-Verläufen. Im Sommer berichteten Forscher des Dental College of Georgia und des Medical College of Georgia darüber, dass Cannabidiol die Entzündungen und Lungenschäden beim ARDS reduzieren könnte. Die Ergebnisse publizierten sie im Fachblatt Cannabis and Cannabinoid Research“. 

In der Studie hatten die Wissenschaftler die histopathologischen, physiologischen und immunologischen Merkmale des ARDS im Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Infektion an Mäusen simuliert. Hierzu verwendeten sie ein synthetisches Analogon viraler doppelsträngiger RNA (Poly(I:C)), das den Mäusen intranasal verabreicht wurde. In dem Modell reduzierte die Verabreichung von Cannabidiol (CBD) das Niveau der proinflammatorischen Zytokine und milderte die klinischen Symptome des akuten Atemnnotsyndroms. 

Korrelation mit Apelin gefunden

In der neuen Studie, die im Journal of Cellular and Molecular Medicine veröffentlicht wurde, haben sie die Verbesserungen durch Cannabidiol nun mit der Regulation von Apelin korreliert. Das allgegenwärtige Peptid wird von Zellen in Herz, Lunge, Gehirn, Fettgewebe und Blut gebildet. Es spielt eine bedeutende Rolle bei der zentralen und peripheren Regulation der Immunität, des ZNS, des Stoffwechsels und des Herz-Kreislauf-Systems. Seine Expression überlappt sich mit der des Endocannabinoid-Systems. Beim ARDS sollte Apelin idealerweise in der Lunge zunehmen, um den Blut- und Sauerstofffluss zu verbessern.  

Cannabidiol normalisiert Apelin-Spiegel

In der aktuellen Versuchsanordnung erhielten drei Gruppen eines Mausmodells jeweils an drei aufeinanderfolgenden Tagen intranasal entweder sterile Kochsalzlösung (Kontrolle), beziehungsweise Poly (I:C) zur Simulierung des ARDS (intranasal) alleine oder zusammen mit Cannabidiol (intraperitoneal). Die mit Poly (I:C) behandelten Mäuse zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe weniger T-Zellen und eine erhöhte Rate an Neutrophilen. Außerdem war die Expression von Apelin im Vergleich zur Kontrolle signifikant gesenkt. Die Verabreichung von CBD normalisierte nicht nur die Spiegel an T-Zellen und Neutrophilen, sondern erhöhte auch die Apelin-Expression im Blut. Auch die durch Poly (I:C) ausgelösten pathologischen Merkmale wurden durch die Gabe von Cannabidiol vollständig oder teilweise aufgehoben. Die CBD-Behandlung konnte die ARDS-Symptome auf ein normales Niveau senken. 

Vielleicht ein guter Biomarker

Aus Sicht der Autoren sprechen die Befunde für eine mögliche Interaktion zwischen dem apelinergen System und CBD. „Das apelinerge System ist ein allgegenwärtiges Signalsystem“, sagt Jack Yu, Wissenschaftler am Medical College of Georgia. „Es übt an verschiedenen Orten unterschiedliche Jobs aus, und die Apelin-Werte können je nach Bedarf steigen und fallen.“ Da die Spiegel in der Lunge konstant messbar seien, könnte das Peptid ein nützlicher prognostischer und prädiktiver Biomarker sein, mit dem das Risiko einer Verschlechterung und eines Fortschreitens des akuten Atemnotsyndroms besser abgeschätzt werden könnte, meinen die Forscher. „Es ist eine Assoziation“, fügt der Immunologe Babak Baban an. „Wir wissen noch nichts über die Ursache, aber es ist ein sehr guter Indikator für die Krankheit.“

Wechselwirkungen noch besser verstehen

Darüber hinaus könnte Apelin auch als pharmakodynamischer Biomarker zur Überwachung der Wirksamkeit einer therapeutischen Intervention dienen, so die Vermutung der Wissenschaftler. Obwohl sie Apelin nicht alle vorteilhaften Effekte von CBD zuschreiben, glauben sie, dass das Peptid in diesem Szenario eindeutig eine wichtige Rolle spielt. Nun gelte es aber zunächst, die Wechselwirkung zwischen CBD, Apelin und dem neuartigen Coronavirus besser zu verstehen, einschließlich der Frage, warum Apelin bei der Infektion abfällt und warum CBD es wieder hochbringt.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Richtige Anwendung entscheidet

von Krankgemacht am 29.10.2020 um 13:42 Uhr

CBD lässt sich durchaus vielseitig einsetzen. Für die Wirksamkeit kommt es aber häufig auf die richtige Anwendung an. Genau das könnte hier auch der Fall sein, dass es mit der richtigen Anwendung helfen kann, sonst aber nicht. Also ich würde eine virale Erkrankung nicht mit CBD behandeln, da dieses auch bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt wird, um die Immunabwehr zu senken beziehungsweise zu normalisieren.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Super gut

von Max Sälzer am 30.10.2020 um 15:55 Uhr

Weiter so.
Immer schön die Forschung vorantreiben, dann erhalten wir eine exponentielle Lernkurve.

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