Rote-Hand-Brief

Leberschäden unter Pirfenidon

Stuttgart - 30.10.2020, 07:00 Uhr

Pirfenidon in Esbriet kann die Leber schwer schädigen, teils wurden Todesfälle berichtet, informiert Roche in einem Rote-Hand-Brief. (Foto: Rasi / stock.adobe.com)

Pirfenidon in Esbriet kann die Leber schwer schädigen, teils wurden Todesfälle berichtet, informiert Roche in einem Rote-Hand-Brief. (Foto: Rasi / stock.adobe.com)


Roche informiert in einem Rote-Hand-Brief über teils tödliche Leberschäden unter Pirfenidon. Esbriet wird als antifibrotisches und antiinflammatorisches Arzneimittel bei idiopathischer pulmonaler Fibrose angewendet. Zu dem Sicherheitsupdate gibt Roche auch neue Empfehlungen zur Prävention Pirfenidon-induzierter Leberschäden.

Einem Rote-Hand-Brief des Pharmaunternehmens Roche zufolge wurde vor Kurzem bei Patienten mit idiopathischer pulmonaler Fibrose, die mit Pirfenidon (Esbriet®) behandelt wurden, über schwerwiegende Nebenwirkungen der Leber einschließlich Einzelfälle mit tödlichem Ausgang berichtet. Die Ätiologie sei nicht eindeutig, bei Behandlung mit Pirfenidon könnten jedoch idiosynkratische Reaktionen zu arzneimittelinduzierten Leberschäden (DILI) führen. 

Bereits während der klinischen Entwicklung wurde bei mit Pirfenidon behandelten Patienten eine erhöhte kumulative Inzidenz von behandlungsbedingten unerwünschten hepatischen Ereignissen beobachtet (9,5 Prozent gegenüber 4,3 Prozent bei den mit Placebo behandelten Patienten). Hierbei hat es sich laut dem Hersteller meistens um Abweichungen der Laborwerte gehandelt.

Bereits jetzt informiert die Fachinformation, dass bei erheblichem Anstieg der Alanin- und/oder Aspartataminotransferase (ALT/AST) mit oder ohne Anstieg des Bilirubins, die Dosis von Pirfenidon angepasst oder die Behandlung abgesetzt werden muss. Bei Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz ist auch aktuell Pirfenidon bereits kontraindiziert.

Wie wirkt Pirfenidon?

„Der Wirkmechanismus von Pirfenidon ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Die vorliegenden Daten deuten jedoch darauf hin, dass Pirfenidon in verschiedenen In-vitro-Systemen und Tiermodellen der Lungenfibrose (bleomycin- und transplantationsinduzierte Fibrose) sowohl antifibrotische als auch antiinflammatorische Eigenschaften entfaltet. IPF ist eine chronische fibrotische und entzündliche Lungenerkrankung unter dem Einfluss der Synthese und Freisetzung proinflammatorischer Zytokine, darunter Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α) und Interleukin-1-beta (IL-1β). Es wurde gezeigt, dass Pirfenidon die Akkumulation von Entzündungszellen als Reaktion auf verschiedene Reize reduziert. Pirfenidon dämpft die Fibroblastenproliferation, die Produktion von fibroseassoziierten Proteinen und Zytokinen und die erhöhte Biosynthese und Ansammlung von extrazellulärer Matrix als Reaktion auf Zytokin-Wachstumsfaktoren wie zum Beispiel den transformierenden Wachstumsfaktor-beta (TGF-β) und den Plättchenwachstumsfaktor (PDGF).“

Auszug aus der Fachinformation von Pirfenidon

Künftig müssen hepatischen Transaminasen und der Bilirubinspiegel vor Behandlungsbeginn untersucht werden. Diese Tests sollten in den ersten sechs Monaten der Therapie einmal monatlich wiederholt werden, danach im Abstand von drei Monaten (über die gesamte Therapiedauer). Die Mehrzahl der berichteten hepatischen Ereignisse trat Roche zufolge in den ersten Monaten der Pirfenidon-Behandlung auf.

Müdigkeit, Anorexie, dunkler Urin: Leber testen!

Darüber hinaus müssen bei Patienten mit Symptomen, die auf arzneimittelinduzierte Leberschäden hinweisen, wie z. B. Müdigkeit, Anorexie, Beschwerden im rechten Oberbauch, dunkler Urin oder Gelbsucht, umgehend eine klinische Bewertung und Leberfunktionstests durchgeführt werden. Im Falle eines erheblichen Anstiegs der Lebertransaminasen oder bei klinischen Anzeichen und Symptomen für Leberschäden, muss die Dosis – wie in der Fachinformation genannt – angepasst werden oder Pirfenidon dauerhaft abgesetzt. Letzteres ist der Fall, wenn die Transaminasen von > 3 bis < 5 x ULN, einhergehend mit Hyperbilirubinämie oder klinischen Anzeichen von Leberschäden, steigen oder bei einem Anstieg der Transaminasen auf ≥ 5 x ULN.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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