Shop Apotheke und Zava

Per Mausklick vom Versender zum Online-Arzt

Traunstein - 05.11.2020, 12:20 Uhr

Die Shop Apotheke und Zava kooperieren – ziemlich offensiv. (x / Screenshot: shop-aptheke.com)

Die Shop Apotheke und Zava kooperieren – ziemlich offensiv. (x / Screenshot: shop-aptheke.com)


Die Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker soll in unserem Gesundheitssystem keine Nachteile für die Patienten bringen. Daher ist im Apothekengesetz die Zuweisung von Patienten und von Verschreibungen untersagt – auch für Apotheken im EU-Ausland. Dass die Shop Apotheke auf ihrer Website eine direkte Weiterleitung zum Zava Online-Arzt anbietet sowie eine automatische Belieferung der verordneten verschreibungspflichtigen Medikamente, ist daher erstaunlich – allerdings nicht aus Sicht der beteiligten Unternehmen. 

Nachdem die britische Online-Arztpraxis Zava (zuvor DrEd) zunächst ihre Kunden in Deutschland über EU-Versender mit Arzneimitteln versorgt hatte, gibt es seit Februar eine Kooperation mit deutschen Vor-Ort-Apotheken. Denn seither ist Zava an die Arzneimittel-Vorbestell-App „Call my Apo“ des apothekereigenen Dienstleistungskonzerns Noventi und somit an das etwa 5.000 Apotheken starke Netzwerk angebunden. Doch seit April ist die Freude über diese Zusammenarbeit dadurch getrübt, dass die niederländische Shop Apotheke und Zava eine Kooperation eingingen. Und das nicht nur hinter den Kulissen, sondern mittlerweile auch ganz offensiv auf der Website der Shop Apotheke.

Apothekengesetz untersagt Zuweisung von Patienten und Verschreibungen

Laut § 11 Apothekengesetz dürfen „Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken (…) soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, oder mit Dritten keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen (…) zum Gegenstand haben“. Diese Bestimmung gilt ausdrücklich „auch für Apotheken, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (…) liegen, (…) soweit diese Apotheken Patienten in Deutschland mit Arzneimitteln versorgen“. Doch das hält die Shop Apotheke nicht davon ab, den Kunden auf ihrer Website den Zugang zu einem „Online-Arzt“ per Mausklick anzubieten. Wörtlich steht dort:


„Entdecken Sie jetzt unseren neuen Service in Kooperation mit der Online-Arztpraxis ZAVA: bei dem führenden Anbieter telemedizinischer Leistungen für Patienten in ganz Deutschland und Europa werden Sie schnell, diskret und kompetent beraten.
 Ganz gleich, ob Frauengesundheit, Männergesundheit, Reisemedizin, Innere Medizin oder Allgemeinmedizin – ZAVA behandelt aktuell rund 30 medizinische Indikationen und bietet Ihnen einen sicheren und komfortablen Weg Ihre verschreibungspflichtigen Medikamente ohne Besuch in einer Arztpraxis zu erhalten.
 
Beantworten Sie dafür einfach einen standardisierten medizinischen Online-Fragebogen. Die ZAVA-Ärzte prüfen Ihre Anfrage, stellen bei Eignung Ihr Rezept aus und übermitteln es direkt an SHOP APOTHEKE. Bei uns erfolgt wie bei jedem eingereichten Rezept die pharmazeutische Kontrolle und der schnelle und kostenlose Versand Ihres deutschen Original-Medikamentes in 1 bis 
2 Werktagen.“

www.shop-apotheke.com


Neben der verbotenen Zuweisung von Patienten und Verschreibungen wird damit auch die Verschreibungspflicht ausgehebelt, da der „standardisierte medizinische Online-Fragebogen“ wohl kaum mit einer Fernbehandlung vergleichbar ist.

Shop Apotheke: Patienten können frei entscheiden

Die beiden Geschäftspartner sehen das naturgemäß ganz anders. Auf Anfrage von DAZ.online, wie die auf der Website der Shop Apotheke bestehende direkte Verbindungsmöglichkeit zu Zava vereinbar sei mit der im Apothekengesetz festgeschriebenen freien Arzt- und Apothekenwahl, lautet die Antwort vom niederländischen Versender: „Die Patienten können frei entscheiden; ihnen wird  – was die Arzt- und Apothekenauswahl angeht – eine Vielzahl von Alternativen angeboten. Die freie Apothekenwahl der Patienten sowie die Unabhängigkeit der Ärzte sind durch unsere Zusammenarbeit mit Zava in keiner Weise gefährdet.“ 

Tatsächlich findet sich auf der Webseite, auf der ein Button direkt „Zum ZAVA Online-Arzt“ führt und zudem dessen Leistungsspektrum ausführlich dargestellt wird, nach einigem Scrollen auch noch der Hinweis auf stationäre Ärzte in der Nähe mit zwei Links zu Jameda.  Keine Bedenken hat man bei der Shop Apotheke auch bezüglich der bei Zava auf der Grundlage eines Fragebogens ausgestellten Verordnungen von verschreibungspflichtigen Medikamenten. Auf die Frage von DAZ.online, ob man dies für vereinbar mit der Verschreibungspflicht hält, lautet die Antwort schlicht „ja“.

Zava: Rezepte nur bei zweifelsfreier Diagnose

Ähnlich sieht man dies bei Zava. Bezüglich der freien Arzt- und Apothekenwahl antwortet die Presseabteilung des Online-Arztes: „Patienten haben bei Zava immer die Wahlmöglichkeit: Im Gegensatz zu anderen Telemedizin-Anbietern können sich Patienten in der Zava App verschiedene Arztprofile ansehen und dann einen Arzt selbst aussuchen. Bei Rezeptausstellung übermittelt Zava das Rezept entweder an Versandapotheken oder an eine von mehr als 6.500 Apotheken vor Ort.“

Bedenken, dass mit der Verordnung eines Rx-Medikaments aufgrund eines Fragebogens die Verschreibungspflicht ausgehebelt wird, hat man bei Zava nicht. „Jede Konsultation bei Zava wird persönlich von einem Arzt vorgenommen und verantwortet. Rezepte werden ausschließlich bei zweifelsfreier Diagnose ausgestellt. Und das nur für Indikationen, die unbedenklich telemedizinisch behandelt werden können. Die Fragebögen repräsentieren aktuelle medizinische Leitlinien. Ärzte beurteilen die Patientenangaben und befürworten die Verschreibung eines Medikamentes, wenn dies medizinisch erforderlich ist“, heißt es in der Antwort der Presseabteilung. Bei Unklarheiten würden die Ärzte direkt bei dem Patienten nachfragen, nach weiteren Befunden oder Dokumenten fragen oder bei Verläufen, die gegen eine telemedizinische (Weiter-) Behandlung sprechen, an einen Arzt vor Ort verweisen. Zava verschreibe keine Medikamente mit Missbrauchspotenzial (starke Schmerzmittel oder Schlaftabletten), sondern behandle ausgewählte Krankheitsbilder, bei denen eine Fernbehandlung Sinn ergebe (Antibabypille, Reisemedizin, Folgerezepte etc.).



Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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1 Kommentar

Teleclinic - Ähnlichkeiten rein zufällig?

von Alfons Neumann am 06.11.2020 um 2:55 Uhr

Spahn hat den Wilden Westen zwar so gewollt - funktioniert aber nicht als Einbahnstraße.
Leider haben sich bspw. DeineApotheke-App somit auch disqualifiziert - schade, du warst so bahnbrechend...
Jegliche derartiger Vereine brauchen nicht mehr mit Kontrahierungszwang oder irgendwelchen Anwandlungen kommen, weil Ihr per Geschäftsmodell unzumutbar gegen die Apotheke vor Ort arbeitet - Also Schleich Di !!

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