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Unterdosierungen
NRW will Betroffene des Bottroper Zyto-Skandals unterstützen
Hunderte, wenn nicht tausende Patienten erhielten vom Apotheker Peter Stadtmann unterdosierte Krebsmittel. Doch welche Zytostatika gepanscht waren, ist nicht nachweisbar – daher sind Entschädigungszahlungen schwer durchzusetzen. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sichert nun zu, den Betroffenen über einen Fonds zu helfen.
Die Bottroperin Heike Benedetti kämpft seit langem für Gerechtigkeit für die Betroffenen des Zyto-Skandals: Über 14.000 Krebsmittel hat der frühere Betreiber der „Alten Apotheke“, Peter Stadtmann, unterdosiert – so das vom Bundesgerichtshof bestätigte Urteil des Landgerichts Essen, das ihn zu zwölf Jahren Haft und lebenslangem Berufsverbot verurteilt hat. Betroffene versuchen zwar in Zivilprozessen Schadensersatz zu erlangen, doch ist dies schwierig – auch da es vermutlich kaum Insolvenzmasse gibt. Der Apotheker schwieg bislang praktisch durchgehend zu den Vorwürfen und hat auch nicht aufgeklärt, wer unterdosierte Krebsmittel erhalten hat. Er zog kürzlich gegen das Urteil vor das Bundesverfassungsgericht.
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Um auf das Schicksal der Patientinnen und Patienten aufmerksam zu machen, hat Benedetti zahlreiche Demonstrationen in Bottrop organisiert und auch eine Petition beim Landtag in Düsseldorf eingereicht. Ein Antrag von ihr auf Opferentschädigung war von den zuständigen Stellen abgelehnt worden, da sich kein kausaler Zusammenhang zwischen möglichen Unterdosierungen und gesundheitlichen Schädigungen nachweisen ließe. Auch ist es schwierig, eine Art Schmerzensgeld dafür zu erhalten, dass unklar bleibt, ob ein Patient eine wirksame Therapie erhalten hat – oder ob etwa ein naher Angehöriger sonst noch leben würde.
Der Petitionsausschuss hatte im Sommer erklärt, er nehme „großen Anteil am persönlichen Schicksal“ der zahlreichen Betroffenen und ihrer Familien. „Der Petitionsausschuss hält es für angezeigt, dass vom ‚Bottroper Apothekerskandal‘ betroffenen Personen finanziell geholfen wird‘“, erklärte er laut einem Schreiben an Benedetti: So etwa über einen Hilfsfonds, wie er für die Hinterbliebenen der Loveparade-Katastrophe eingerichtet worden war. „Dadurch soll ausgeschlossen werden, dass Menschen, die unverschuldet Opfer von Straftaten geworden sind, ohne Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetzt zu haben, ansonsten durch alle staatlichen Sicherungsnetze fallen.“
Opferschutzfonds soll Notlagen so bald wie möglich abmildern
Der NRW-Landtag hat die Landesregierung diesen Sommer beauftragt, einen Opferschutzfonds für Opfer von Katastrophen und Gewalttaten einzurichten. Hierzu hätten bereits Gespräche stattgefunden, erklärt Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nun rund vier Jahre nach Inhaftierung Stadtmanns in einem Schreiben. Am sinnvollsten könne der Auftrag über eine Landesstiftung umgesetzt werden. „Die hierfür erforderlichen Schritte, wie zum Beispiel die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage und die Sicherstellung von Haushaltsmitteln, wurden eingeleitet“, schreibt er.
„Es ist mein persönliches Ziel, dass der Opferschutzfonds so bald wie möglich den Betroffenen zur Verfügung steht, vor allem um Notlagen abzumildern“, so der Gesundheitsminister. Allerdings müssten die Vorarbeiten sorgsam erfolgen, „damit über den Fonds auch gute, effektive und passgenaue Hilfemöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden können“. Dies nehme einige Zeit in Anspruch. „Ich sichere Ihnen aber zu, dass die Landesregierung alles daransetzt, schnell zu guten Lösungen für die Betroffenen zu kommen.“
„Nach dieser langen und für mich doch mühsamen Zeit ist es eine gute Nachricht“, erklärt Benedetti gegenüber DAZ.online. „Es zeigt mir: Es lohnt sich, um sein Recht auf Anerkennung zu kämpfen“ – und stelle auch ein Stück weit Gerechtigkeit her. „Wir sind alle ohne Vorwarnung zu Opfern dieser perfiden Taten des Apothekers geworden, der ein Schlupfloch für seine Vorhaben gefunden hatte.“ Viele Patientinnen hätten ihr Leben womöglich dadurch verloren. „Meine Gedanken sind im Moment bei meinen Onko-Mädels, die nicht mehr da sind.“
1 Kommentar
weitere Opfer?
von atopom am 18.11.2020 um 22:28 Uhr
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