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Digitale Konferenz: Neue Aufgabenfelder für Apotheker zu COVID-19
„Die Pandemie ist jetzt!“
Sollten Apotheker auch mit Tests oder Impfungen helfen, die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen? Diese Frage war Thema einer gestrigen digitalen Konferenz, zu der mehrere Apothekerverbände die rund 300 Gäste zur Diskussion aufriefen. Der Virologe Professor Alexander Kekulé befürwortete Standardimpfungen in Apotheken, warnte aber, dass Corona-Impfungen in Apotheken die halboffene Tür für die Testung wieder zuschlagen könnten.
Apotheker:innen spielen seit Beginn der Pandemie eine zentrale Rolle in der Versorgung und Beratung von Patienten, doch für ein breites Screening der Bevölkerung mit Antigen-Schnelltests oder sogar zur Unterstützung bei COVID-19-Impfungen können sie bisher nicht viel beitragen. Sollten Pharmazeut:innen mehr Aufgaben in der Pandemie zukommen? Wie wäre das umsetzbar und würden die Chancen oder die Risiken überwiegen? Um diese Fragestellungen in großer Runde zu erörtern, initiierten die Apothekerverbände Bayern und Niedersachsen am gestrigen Donnerstag eine Online-Diskussion. Unter der Moderation von DAZ.online brachten eine Reihe von Expert:innen sowie Apotheker:innen von der Basis ihre Ideen und Anregungen ein.
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Unter den geladenen Gästen war unter anderem Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein. Für ihn ist die neue Medizinprodukte-Abgabeverordnung, nach der seit heute Antigen-Schnelltests auch an Schulen und Kindertagesstätten abgegeben werden dürfen, fragwürdig. Es dürfe nicht sein, dass der Gesetzgeber einzelne Gruppen wie Lehrer privilegiere, sodass diese sich vor einem Familientreffen selbst testen könnten und andere nicht. Preis fordert daher, dass Apotheken Schnelltests auch an medizinische Laien abgeben dürfen. In der Apotheke kämen die Nachfragen der Patient:innen, doch Apotheken drohten hohe Strafen, wenn sie sich nicht an die Gesetze hielten.
Kekulé: „keine halboffenen Türen zuschlagen“
Professor Alexander Kekulé forderte im August im MDR-Podcast, Antigen-Schnelltests als Ergänzung zur PCR niederschwellig über Apotheken anzubieten. Auch bei der gestrigen Online-Diskussion mit 300 zugeschalteten Apotheker:innen untermauerte der Virologe diese Position. Den Nasen-Rachen-Abstrich könne man lernen wie Zähneputzen. Auch wünsche er sich, dass Apotheker:innen über die Grippeschutzimpfung hinaus mehr Standardimpfungen als Regelleistung übernehmen. Dass sich Pharmazeut:innen auch möglicherweise einbringen könnten, die Bevölkerung mit COVID-19-Vakzinen zu durchimpfen, hält er für eine nachteilige Option. Die Tatsache, dass die Impfstoffe nur eine bedingte Marktzulassung erhalten haben und die extremen Anforderungen bezüglich der Kühlung der Formulierungen mache die Impfstoffe ironischerweise zu einem „heißen Eisen“. Apotheker:innen liefen Gefahr, die halboffene Tür zu den Testungen zuzuschlagen, würden sie fordern, auch die COVID-19-Impfung anbieten zu können. Allerdings gab es eine Forderung bislang auch nicht aus der Apothekerschaft.
Mut zu neuen Dienstleistungen
Da gestern ebenso bekannt wurde, dass der Drogeriemarkt dm Antikörpertests rechtmäßig deutschlandweit vertreiben darf, Vor-Ort-Apotheken aber nicht in jedem Bundesland, äußerte sich Kekulé auch dazu. Für ihn sei dies keine Frage zwischen Apotheke oder Drogeriemarkt, Antikörpertests seien ohnehin „unsinnig“. Da sie durch die leichte Herstellung zu Beginn der Pandemie schnell auf den Markt gebracht werden konnten, galten sie in den ersten Monaten als Option für die COVID-19-Diagnostik. Heute wären die Gesundheitsbehörden anderer Meinung.
Der Sprung vom Dreimeterbrett
Für die Apotheker Zeitung analysierte Rechtsanwalt Jascha Arif in mehreren Artikeln rechtliche Fragen bei der Impfung in der Apotheke. Bei der Konferenz betonte er, dass juristische und versicherungstechnische Hürden im Zusammenhang mit der Impfung oder Testung in der Apotheke zu stemmen seien. Die Frage, ob das Impfen durch Apotheker:innen Körperverletzung sei, löse sich mit der Einwilligungserklärung des Patienten vor der Vakzination in Luft auf.
Auch Josef Kammermeier war zur Konferenz geladen. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Landesapothekerverbandes und nimmt selbst am Modellvorhaben zur Grippeschutzimpfung in der Oberpfalz teil. Das Impfen in der Apotheke verglich er mit dem ersten Sprung vom Dreimeterbrett in der Kindheit. Während vor dem ersten Mal ein mulmiges Gefühl nicht ausbleibt, werde man danach so viel Freude daran entwickeln, dass man immer wieder aufs Neue auf den Turm rennt.
Apothekerin Natalia Blarer Gnehm impft in einer Apotheke in Zürich seit Jahren gegen verschiedene Infektionskrankheiten. Seit Oktober ist Ihre Apotheke eine von rund 150, die in der Schweiz zudem COVID-19-Testungen – Nasen-Rachen-Abstriche für PCR- sowie Antigen-Schnelltests – durchführt. Sie wies darauf hin, dass sich Apotheker:innen nicht von juristischen Detailfragen aufhalten lassen dürften. Besonders die Situation in der Schweiz sei aktuell heftig und erfordere, dass sich Pharmazeut:innen einbringen. „Die Pandemie ist jetzt!" Gnehm schloss die Konferenz mit den Worten Erich Kästners: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“
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