Hygiene-Forscher zu Oberflächendesinfektion

SARS-CoV-2: mehr reinigen, weniger desinfizieren

Düsseldorf - 07.12.2020, 16:45 Uhr

Wenn Gastronomien geöffnet haben dürfen, sprühen sie häufig nach jedem Besucher die Tische mit Desinfektionsmitteln ein, statt diese zu reinigen. Forscher warnen nun vor der möglichen Gefahr eines Zuviels an Hygiene. (Foto: bignai / stock.adobe.com)

Wenn Gastronomien geöffnet haben dürfen, sprühen sie häufig nach jedem Besucher die Tische mit Desinfektionsmitteln ein, statt diese zu reinigen. Forscher warnen nun vor der möglichen Gefahr eines Zuviels an Hygiene. (Foto: bignai / stock.adobe.com)


Virus-RNA bis zu 28 Tage auf Oberflächen nachweisbar

Während sich Virus-RNA bis zu 28 Tage lang nach dem letzten Kontakt mit einem Infizierten in einem Raum per RT-PCR nachweisen ließ, fanden sich infektiöse Partikel nur bei einer der sechs Studien – und auch dort nur in 9,2 Prozent der genommenen Proben. Diese sind laut jener Studie auf einen einzigen Patienten mit permanentem Husten und Auswurf zurückzuführen gewesen. 

Virus-RNA sei in allen Studien mit einer Bandbreite von 1 bis zu 52,7 Prozent aller Proben gefunden worden. Jedoch sei auf Oberflächen wie auch bei Personen die einfache Unterscheidung nach positivem oder negativem RNA-Nachweis kein ausreichendes Kriterium, schließen die Hygiene-Forscher. Unter Bezug auf eine Arbeit der Immunologin Akiko Iwasaki, Professorin an der Yale Universität, fordern sie, den sogenannten Ct-Wert, den Cycle Trashhold, einen quantitativen Schwellenwert bei der RealTime-PCR mit einzubeziehen. Zwar ist dieser Wert nicht ausschließlich von der ursprünglichen Menge an RNA in den Proben abhängig – ein Ct-Wert über 33 sei aber „ohne epidemiologische Relevanz“, sagen die Forscher. In diesen Fällen gebe es zwar RNA, aber keine infektiösen Partikel.

Die Polymerasekettenreaktion PCR vermag theoretisch aus nur einer vorhandenen spezifischen Nukleinsäure ein positives Ergebnis zu produzieren – das Prinzip der Reaktion ist die Amplifikation. Mittels der quantitativ in „Echtzeit“ verfolgbaren Real Time qPCR lässt sich dagegen relativ auf die ursprüngliche Menge in der Probe enthaltener Nukleinsäure – in diesem Fall SARS-CoV-2-RNA – schließen. Der Ct-Wert besagt, ab welchem Zyklus der Kettenreaktion ein deutlich detektierbares Signal der Reaktion zu finden war.

Ct-Wert bei qPCR laut RKI nicht unmittelbar vergleichbar

Laut den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) lässt sich so eine allgemeine Empfehlung nach einer bestimmten Größe des Ct-Wertes wie ihn die Forscher vorschlagen aber nicht treffen. „Der aus der Real-Time PCR bekannte Ct-Wert stellt nur einen semi-quantitativen und von Labor zu Labor nicht unmittelbar vergleichbaren Messwert dar, solange es keinen Bezug auf eine Referenz gibt. Ein exakt quantifizierter Standard kann dazu verwendet werden, die erhaltenen Ct-Werte in eine RNA-Kopienzahl pro Reaktion und ggf. pro Probenvolumen umzurechnen“, heißt es auf der Seite des RKI. 

Eine Kontamination an öffentlichen Plätzen mit infektiösen Viren sei aber so unwahrscheinlich wie in Kliniken. Das könne nur passieren, wenn der Viren-Träger nahe an eine Oberfläche komme. Die „potenziellen Virus-Quellen” seien aber (in der Öffentlichkeit) nicht permanent nahe der Oberflächen, zeigten keine Symptome und trügen Masken, was in einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit der Kontamination von Oberflächen resultiere, schreiben die Forscher.



Volker Budinger, Diplom-Biologe, freier Journalist
redaktion@daz.online


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