Modellprojekt in Schleswig-Holstein

Erster Vertrag zur Grippeimpfung in den Apotheken ohne Verbandsbeteiligung

Berlin - 09.02.2021, 17:00 Uhr

Auch in Schleswig-Holstein sollen künftig Apotheken gegen Grippe impfen dürfen. (Foto: IMAGO / Margit Wild)

Auch in Schleswig-Holstein sollen künftig Apotheken gegen Grippe impfen dürfen. (Foto: IMAGO / Margit Wild)


In der kommenden Saison werden auch Apotheken in Schleswig-Holstein gegen Grippe impfen dürfen. Eine Besonderheit weist die jetzt bekannt gewordene Vereinbarung aus dem hohen Norden auf: Vertragspartner der AOK NordWest ist nicht etwa der örtliche Apothekerverband, sondern die Gehe. Damit kommt nun erstmals die Formulierung im Masernschutzgesetz zum Tragen, dass nicht nur die Standesorganisationen auf Landesebene solche Verträge aushandeln dürfen, sondern auch Gruppen von Apotheken.

Der Pharmagroßhändler Gehe und die AOK NordWest sind sich einig: In der Grippesaison 2021/22 sollen Apotheken in Schleswig-Holstein erstmals in einem Modellprojekt Menschen gegen Influenza impfen dürfen. Testregionen sind laut einer gemeinsamen Pressemitteilung vom heutigen Dienstag die Städte Lübeck, Kiel, Flensburg, Schleswig, Rendsburg, Eckernförde sowie die Kreise Dithmarschen, Nordfriesland, Schleswig-Flensburg, Rendsburg-Eckernförde, Plön und Ostholstein.

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In einigen anderen Regionen der Republik existieren bereits ähnliche Vereinbarungen – ein Novum hat der hohe Norden allerdings zu bieten: Das Projekt findet ohne Beteiligung des örtlichen Apothekerverbands statt. Anders als mit der Kammer sei es zu keinem Gespräch mit dem Verband gekommen, informiert eine Gehe-Sprecherin auf Nachfrage von DAZ.online. „Gerne hätten wir uns auch mit dem Apothekerverband Schleswig-Holstein zum Impf-Modellprojekt ausgetauscht. Es kam aber leider kein Gespräch zustande“, lässt der Großhändler wissen. Aber: „Wir stehen dem Apothekerverband Schleswig-Holstein jederzeit für Gespräche zur Verfügung.“

Dass eine Krankenkasse mit einem Pharmagroßhändler eine solche Vereinbarung treffen kann, verdanken die Beteiligten einer Formulierung im Masernschutzgesetz. Dort werden neben den Standesorganisationen auf Landesebene, die für die wirtschaftlichen Interessen der Apotheken verantwortlich zeichnen, auch explizit Gruppen von Apotheken als mögliche Vertragspartner genannt. Möglicherweise wollte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) damit den Druck auf die Selbstverwaltung erhöhen, das Zepter selbst in die Hand zu nehmen und sich aktiv um entsprechende Deals mit Kassen zu bemühen. Zu groß waren im Vorfeld die Bedenken einiger Standesvertreter gewesen, den Zorn der Ärzteschaft heraufzubeschwören, sollten sie ihnen die Hoheit bei der Grippeimpfung streitig machen.

Auch im Norden gibt es 12,61 netto für das Impfen

Und was für eine „Gruppe von Apothekern“ vertritt nun die Gehe? Nach Angaben des Großhändlers sind das mehr als 150 Apotheken in den Modellregionen. Darunter auch gesund leben-Apotheken. Die Teilnahme am Vertrag stehe aber auch allen Alphega-Apotheken und anderen interessierten Apotheken offen, die „sich von Gehe beim Beitritt zur Modellvereinbarung vertreten lassen“, heißt es auf Anfrage.

Was die Vergütung der teilnehmenden Apotheken betrifft, gibt es dagegen keine Überraschung: Die 12,61 Euro netto, die zuerst der Apothekerverband Nordrhein mit der AOK Rheinland/Hamburg ausgehandelt hatte, fallen auch in Schleswig-Holstein an. „Diese Pauschale beinhaltet die Dienstleistung der Impfung sowie Zuschläge für die Durchführung im Rahmen des Modellvorhabens“, so die Gehe.

„Damit bieten wir als erste gesetzliche Krankenkasse in Schleswig-Holstein unseren Versicherten eine zusätzliche Möglichkeit, sich gegen die Virusgrippe Influenza impfen zu lassen“, sagt AOK-Vorstandsvorsitzender Tom Ackermann. Und der Vorsitzende der Gehe-Geschäftsführung Andreas Thiede ergänzt: „Wir freuen uns, dass die Impfungen künftig auch in vielen Apotheken möglich sind. Dies stellt einmal mehr die Bedeutung der Vor-Ort-Apotheke für die Versorgung der Patienten unter Beweis.“

Erste Impfungen im Laufe des Jahres

Mit den ersten Impfungen sei im Laufe des Jahres zu rechnen, hoffen die Vertragspartner. Die logistischen Vorbereitungen laufen demnach bereits jetzt an. Dazu gehören die Beitrittserklärungen der Apotheken und die Qualifizierung der Apotheker:innen. Gehe biete hierfür über die eigene Akademie ein entsprechendes Schulungsangebot an. Die ersten Termine für Theorie und Praxis sollen, abhängig von den Entwicklungen der Corona-Pandemie, schnellstmöglich im Frühsommer stattfinden.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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