Corona-Pandemie

Neues Impf-Tool soll politische Entscheidungen erleichtern

Dresden - 25.02.2021, 16:45 Uhr

Wie ist der Stand der (Impf-)Dinge? Darüber gibt jetzt ein Online Tool des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) Auskunft. (c / Foto: IMAGO / HMB-Media)

Wie ist der Stand der (Impf-)Dinge? Darüber gibt jetzt ein Online Tool des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) Auskunft. (c / Foto: IMAGO / HMB-Media)


Eine der wichtigsten Fragen in der jetzigen Phase der Pandemie ist, wie Deutschland schneller beim Impfen vorankommt. Nach optimistischen Berechnungen könnte die erwachsene Bevölkerung in Deutschland bis Ende Juli 2021 geimpft sein – vorausgesetzt, es kommt genug Impfstoff, und die Arztpraxen werden in die Kampagne einbezogen.

Mit einem neuen Online-Tool des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) lassen sich verschiedene Impfszenarien auf Bundes- und Landesebene berechnen. Ausgehend von Lieferzusagen können die Kapazitäten und Impfstrategien, etwa mit und ohne Zurückhalten der Zweitdosis, eingestellt werden, das Impfmodell informiert dann über den aktuellen Stand der (Impf-)Dinge – und erleichtert im besten Fall politische Entscheidungen. „Wir bieten den politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern die Möglichkeit, die Auswirkungen der Entscheidungen zum weiteren Management der Impfkampagne sofort abzulesen“, sagte der Zi-Vorsitzende Dominik von Stillfried am gestrigen Mittwoch in Berlin.

„Impfstau“ vermeiden

Mithilfe des Tools ergeben sich demnach Handlungsoptionen. „So könnte es etwa bald sinnvoll sein, auf das Zurücklegen der zweiten Impfdosis zu verzichten“, argumentiert das Zi. Denkbar sei auch, das Intervall zwischen Erst- und Zweitimpfung auszuweiten, „um rasch weite Teile der Bevölkerung vor einem schweren COVID-19-Verlauf zu schützen“. Die Berechnungen zeigten in jedem Fall deutlich, dass aufgrund der erwarteten Liefermengen schon in Kürze die Arztpraxen einbezogen werden müssen, um einen Impfstau zu vermeiden. Die Kapazitäten in den Impfzentren seien endlich, die Kosten hoch, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Eine schnelle Impfung der Bevölkerung kann seiner Meinung nach nur mit den niedergelassenen Ärzten gelingen, für sie sei das Tagesgeschäft. „Dass sie das Impfen können, beweisen sie jedes Jahr durch die Grippeimpfung.“

Nach Berechnung der KBV könnten 50.000 der bundesweit rund 75.000 Arztpraxen jeden Tag jeweils 20 Impfstoffdosen verabreichen. Pro Woche seien folglich bis zu fünf Millionen Impfungen realisierbar. Dass auch der in Kühlung und Logistik anspruchsvolle Impfstoff von Biontech in den Praxen verimpft wird, daran hat Gassen keinen Zweifel. Der Impfstoff sei 120 Stunden im Kühlschrank lagerbar. „Jede zusätzliche Impfung reduziert die Gefahr einer Ansteckung sowie das Risiko schwerer Krankheitsverläufe. Je größer der Anteil der Geimpften in der Bevölkerung, umso weniger müssen wir uns mit den Konsequenzen des Lockdowns auseinandersetzen. Vielmehr kommt es jetzt auf jeden Tag und jede Woche an“, mahnte Gassen.

Kein „a la Carte-Menü an Impfstoffen“

Gleichzeitig warnte er davor, die Arztpraxen mit zusätzlicher Bürokratie wegen des Impfens zu überlasten: „Die Priorisierung wird bisher strikt medizinisch geplant, ohne Bezug zum tatsächlichen Impfstoffvolumen. Sobald der Impfstoff in großer Menge in die Arztpraxis kommt, wird diese Priorisierung schnell nachrangig werden.“ Aber: Auch in den Praxen wird es kein „a la Carte-Menü an Impfstoffen“ geben. Wenn jede:r Patient:in Impfstoff wählen wollen würde, würde der Betrieb der Praxen gelähmt. Zu beachten sei, dass das normale Tagesgeschäft in den Praxen weitergeht, sagte KBV-Vize Stephan Hofmeister. Er unterstrich Gassens Forderung nach weniger Bürokratie, vor allem die Impfdokumentation müsse unkompliziert gestaltet sein. Die KBV habe dazu bereits ein Tool entwickelt. Zudem müsse die Verteilung der Impfstoffe nicht neu erfunden werden, „wir haben eine gute Zusammenarbeit mit dem pharmazeutischen Großhandel“, so Hofmeister.

Großer Impfstoffmangel zu Ostern vorüber

Laut KBV wird der große Impfstoffmangel zu Ostern (Anfang April) vorüber sein. Denn für das zweite Quartal 2021 hätten Biontech und Pfizer 40,2 Millionen Impfdosen zugesagt. Zugleich rechne das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit großen Lieferungen von Moderna und AstraZeneca, beide Hersteller wollen demnach 6,4 beziehungsweise 16,9 Millionen Einheiten bereitstellen. „Im Falle einer rechtzeitigen Zulassung stünden möglicherweise auch noch Johnson & Johnson sowie Curevac mit größeren Liefermengen von 10,1 beziehungsweise 3,5 Millionen Dosen bereit“, sagte Gassen. Das Erstimpfen der erwachsenen Bevölkerung könnte günstigstenfalls schon in der ersten Julihälfte, die vollständige Immunisierung Anfang August abgeschlossen sein. Voraussetzung: weitere Impfstoffe werden kurzfristig zugelassen, alle verfügbaren Impfdosen schnellstmöglich verimpft – und die Arztpraxen werden ins Impfen einbezogen.

Das Online-Tool des Zi zur Berechnung verschiedener COVID-19-Impfszenarien ist hier zu finden: https://www.zidatasciencelab.de/cov19vaccsim/



Anja Köhler, Freie Journalistin
redaktion@daz.online


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