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Recherchen von NDR, WDR und SZ
Spahn beschloss Maskenausgabe über Apotheken wohl im Alleingang
Bundesgesundheitsminister Spahn soll sich nach Informationen des Rechercheverbunds von NDR, WDR und SZ bei der Ausgabe von Schutzmasken an Risikopatient:innen und Senior:innen über die Apotheken über alle Bedenken, auch aus seinem eigenen Haus, hinweggesetzt und die Aktion im Alleingang beschlossen haben – inklusive der umstrittenen Vergütung für die Apotheken von ursprünglich 6 Euro je Maske. Darüber berichtet unter anderem die „Tagesschau“.
Derzeit steht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) öffentlich unter Druck - nicht nur, weil seine Schnelltest-Strategie noch immer nicht überall richtig greift. Jetzt setzt der Rechercheverbund von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) noch eins drauf: Offenbar hat Spahn sich bei der Masken-Verteilaktion über die Apotheken über die Warnungen der Fachberater aus seinem eigenen Ministerium hinweggesetzt, auch was den Preis von 6 Euro je Maske betrifft. Das geht aus internen Unterlagen hervor, die NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) nach eigenen Angaben mithilfe des Informationsfreiheitsgesetzes erlangten. „Sie zeigen, dass Spahn die Aktion gegen das Votum der Beamten persönlich durchsetzte“, schreibt etwa die „Tagesschau“.
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Per Verordnung ließ der Minister ab Mitte Dezember Schutzmasken über die Apotheken ausgeben – zunächst an Risikopatient:innen und Senior:innen, später folgten ALG-II-Empfänger:innen. Nicht nur das Apothekenpersonal, auch die Maskenhersteller waren überrumpelt und mussten binnen weniger Tage Schutzmasken für mehr als 30 Millionen Bürger:innen organisieren. Die ursprünglich geplante Vergütung für die Apotheken von 6 Euro brutto je Maske musste Spahn bereits Ende Januar auf 3,90 Euro brutto eindampfen, nachdem der den Preis gegen Kritik aus der Opposition, der Öffentlichkeit und selbst den eigenen Regierungsreihen nicht länger verteidigen konnte.
Bereits kurz nachdem der Verordnungsentwurf im Dezember vorlag, reichte die Grünen-Fraktion im Bundestag eine Kleine Anfrage ein und erkundigte sich unter anderem, wie denn der Minister darauf komme, den Apotheken 6 Euro brutto je Maske zu zahlen. Im Januar antwortete das Bundesgesundheitsministerium: „Der Erstattungspreis von 6 Euro je Maske einschließlich Umsatzsteuer geht wesentlich auf eine vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebene Markterhebung zurück“, schrieb der zuständige Staatssekretär Thomas Gebhart. „Diese ergab zu den Preisentwicklungen in den unterschiedlichen Maskenklassen zum Stichtag 9. Oktober 2020 einen Durchschnittspreis für FFP2-Masken von 4,29 Euro.“ Die herangezogenen Quellen umfassten dabei laut Gebhart vorrangig die Angebote reiner Internet-Anbieter. „Hingegen werden die vom Bund finanzierten Masken über die Apotheken abgegeben. Daher waren bei der Festsetzung der Vergütungshöhe die Beschaffungskosten, die Kosten für die Beratungsleistung gegenüber den Anspruchsberechtigten und die Kosten für den Abrechnungsweg über die Apothekenrechenzentren zu berücksichtigen.“
Bedenken mit dem Grünstift gestrichen
Der Auftrag für die sogenannte Markterhebung ging nach Recherchen von NDR, WDR und SZ an die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young (EY). „In den Unterlagen des Ministeriums befinden sich zwei Präsentationen, in denen EY-Berater die Preise verschiedener Maskentypen zu bestimmen Stichtagen aufbereitet haben“, heißt es etwa im Bericht der „Tagesschau“. Die Quellen waren demnach Preisvergleichsportale wie etwa Idealo.de, geizhals.de, und restposten.de sowie Presseartikel. „Auf durchschnittlich 4,29 Euro kamen die Berater Anfang Oktober und auf 1,22 im Großhandel in einer weiteren Preisermittlung vom 25. November.“
Eine Vergütung von 6 Euro je Maske für die Apotheken kam Spahns Beamten allerdings offenbar deutlich zu hoch vor. Bereits Anfang November soll das Fachreferat laut „Tagesschau“ den Minister vor „gravierenden Finanzwirkungen“ gewarnt und darauf hingewiesen haben, dass viele Anspruchsberechtigte „durchaus in der Lage sind“, die Masken selbst zu finanzieren. Acht weitere Referate sollen sich dieser Einschätzung angeschlossen und einen Verzicht auf Erstattungsfähigkeit von FFP2-Masken gefordert haben. „Doch mit grünem Stift notierte Spahn handschriftlich auf die Vorlage: ‚Nein, bitte um kurzfristige Erarbeitung eines ÄA‘“, heißt es in dem Beitrag. „Das Kürzel steht für ‚Änderungsantrag‘. Und das Wort ‚kurzfristig‘ hatte Spahn extra unterstrichen.“
Ebenfalls am 25. November nahm Spahn laut WDR-, NDR- und SZ-Recherchen an einer Videokonferenz unter anderem mit dem Deutschen Apothekerverband teil. Schon damals soll der Preis von 6 Euro manchen sehr hoch vorgekommen sein, informiert die „Tagesschau“. Ein Teilnehmer der Videokonferenz soll die Runde darauf aufmerksam gemacht haben, dass er selbst gerade fünf FFP2-Masken bei einer Drogeriemarktkette für 9,99 Euro gekauft hatte. Doch im Ministerium hielt man demnach an den 6 Euro pro Maske für die Apotheken fest.
6 Kommentare
Auch Impfen dürfen nicht nur Masken verkaufen!
von Barbaros Orhon am 21.03.2021 um 12:53 Uhr
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Absurde Debatte
von ratatosk am 19.03.2021 um 8:48 Uhr
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Minister-Entscheidungen
von Hannes Krautner am 18.03.2021 um 11:54 Uhr
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von Anita Peter am 18.03.2021 um 10:51 Uhr
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AW: Kommentare
von Peter Hausmann am 18.03.2021 um 11:37 Uhr
AW: .
von Anita Peter am 18.03.2021 um 11:43 Uhr
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