Corona-Impfungen in den USA

Verschwendung von COVID-19-Impfdosen bei CVS und Walgreens

Remagen - 07.05.2021, 09:15 Uhr

Wie kam es zu der Impfstoffverschwendung bei CVS und Walgreens? (c / Foto: IMAGO / Levine-Roberts)

Wie kam es zu der Impfstoffverschwendung bei CVS und Walgreens? (c / Foto: IMAGO / Levine-Roberts)


Obwohl COVID-19-Impfstoffe derzeit allerorten knapp und deswegen heiß begehrt sind, kommt es vor, dass Dosen verworfen werden müssen. In den USA haben die Apothekenketten CVS und Walgreens, die von der Regierung mit den Impfungen beauftragt wurden, mehr Impfdosen verschwendet als die Bundesstaaten, US-Territorien und Bundesbehörden zusammen. Wie konnte es dazu kommen?

In den USA hat die Durchimpfung der Bevölkerung gegen COVID-19 in den vergangenen Wochen mächtig Fahrt aufgenommen. Der unabhängige Nachrichtendienst Kaiser Health News (KHN) khn.org hat analysiert, wie effizient der Impfstoff bislang eingesetzt wurde. Dabei stützte er sich auf Daten der Centers for Disease Control and Prevention (CDC), die die Verteilung und Anwendung der Impfstoffe überwachen.

Drei Monate nach Beginn der Corona-Massenimpfungen in den USA verzeichneten die CDC Ende März insgesamt knapp 182.900 verschwendete Impfdosen. Für fast die Hälfte davon war die Apothekenkette CVS verantwortlich und Walgreens für gut ein Fünftel. Insgesamt machten Apotheken fast drei Viertel der den CDC gemeldeten verworfenen Dosen aus. Zusätzlich zu den CDC stellten 33 Staaten und der District of Columbia (DC) KHN weitere Daten zur Verfügung. Sie meldeten mindestens 18.675 zusätzliche Dosen, die in den CDC-Zahlen nicht enthalten sind. Die Zahlen lassen darauf schließen, dass die beiden Apothekenketten mehr Dosen verworfen haben als die Bundesstaaten, US-Territorien und Bundesbehörden zusammen.

Einstieg über Impfungen in Pflegeheimen

Die Ursachen für die hohen Verluste sind auf den ersten Blick schwer zu ergründen. Kritiker sollen zu Beginn des Rollouts der Impfungen auf eine schlechte Planung hingewiesen haben. Damals stützte sich die Trump-Administration auf CVS und Walgreens, um Bewohner und Mitarbeiter von Langzeit-Pflegeeinrichtungen (LTCFs) prioritär zu impfen. Im Dezember war hierzu das Pharmacy Partnership for Long-Term Care Program gestartet worden, eine öffentlich-private Partnerschaft zwischen den Centers for Disease Control and Prevention, Managed Health CareAssociates, CVS Pharmacy und Walgreens.

Im Rahmen des Programms boten die Apothekenketten vor Ort COVID-19-Impfungen in registrierten LTCFs in 54 Regionen (49 Bundesstaaten, vier Städte und ein Gebiet) an. Im ersten Monat erhielten hierüber bis zum 17. Januar 2021 insgesamt rund 714.000 Bewohner und etwa 582.100 Mitarbeiter mindestens eine COVID-19-Impfstoffdosis. Das entspricht 77,8 Prozent der Bewohner und 37,5 Prozent der Mitarbeiter, was als „mäßig hohe Abdeckung“ gewertet wurde. Die Impfkampagne für die Langzeitpflege wurden deshalb von einigen Beamten als langsam und ineffektiv gewertet.

Gründe für die Verschwendung

Das Spektrum der Gründe, die die Bundesstaaten für Abfälle angaben, reichte von kaputten Fläschchen und Spritzen über Lagerungsfehler bis hin zu Restdosen aus offenen Fläschchen, die nicht verwendet werden konnten. Die größten Zwischenfälle, bei denen Hunderte von Dosen gleichzeitig verloren gingen, waren in der Regel auf Fehlfunktionen eines Gefrierschranks oder auf zu lange Lagerung bei Raumtemperatur zurückzuführen. Der Impfstoff von Pfizer, der im Dezember als erster eingesetzt wurde und zunächst bei ultrakalten Temperaturen gelagert werden musste, machte fast 60 Prozent der verworfenen Dosen aus. Staatliche Aufzeichnungen registrieren aber auch kleine Dinge, die schief gehen können, wie etwa verschüttete Durchstechflaschen oder Probleme mit den Spritzen.

Verwurf insgesamt sehr gering

Gemessen an der Gesamtzahl der verabreichten Impfungen wird der „Ausschuss“ jedoch als „winzig“ bezeichnet. Bis zum 30. März wurden in den USA laut CDC rund 189,5 Millionen Corona-Impfdosen zur Verfügung gestellt und 147,6 Millionen verabreicht. Nach Angaben von Walgreens soll die Verschwendung weniger als 0,5 Prozent der Impfstoffe betragen haben, die das Unternehmen bis zum 29. März bezogen hatte. CDC-Sprecherin Kate Fowlie hält den höheren Prozentsatz des Verwurfs bei den Ketten nicht einmal für unerwartet, insbesondere in der frühen Phase der Impfungen, die sich über Tausende von Standorten erstreckte. Schließlich seien die Apotheken-Giganten mit der Verabreichung einer großen Anzahl von Dosen beauftragt wurden, so Fowlie.

Müssen Abfälle toleriert werden?

„Ich denke, wir kommen an einen Punkt, an dem wir Abfälle tolerieren müssen, um mit den Impfungen weiterhin erfolgreich zu sein“, meint Marcus Plescia, Chefarzt der Vereinigung der staatlichen und territorialen Gesundheitsbeamten. „Menschen, die nicht bereit sind, zu einer Massenimpfstelle zu reisen, gehen möglicherweise zu einem Hausarzt oder einer kleineren ländlichen Apotheke, die dann möglicherweise nicht jede Dosis in einer offenen Durchstechflasche verwenden kann.“ Ein Hauptproblem scheint auch zu sein, dass die Leute zu den Impfterminen einfach nicht erscheinen. Sobald eine Durchstechflasche durchstochen ist, muss der Impfstoff von Pfizer innerhalb von sechs Stunden verwendet werden. Dann heißt es, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um rasch Ersatz-Impfwillige zu finden, damit die wertvolle Vakzine nicht verworfen werden muss.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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