- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Geimpft, geimpft-genesen...
Gastkommentar
Geimpft, geimpft-genesen, getestet – alles gleichwertig?
Die Diskussion um die Impfmüdigkeit der Deutschen und mögliche Gegenmaßnahmen nimmt an Fahrt auf. Gerade in Zeiten niedriger Inzidenzen wird in der Öffentlichkeit lieber über weitere Lockerungen diskutiert, als sich ernsthaft Gedanken über die Impfkampagne zu machen. Dabei werden sowohl das Ausmaß der Impfmüdigkeit als auch die möglichen Gegenmaßnahmen nicht angemessen eingeschätzt, meint Dr. Franz Stadler, Apotheker und Mitgründer der Stiftung für Arzneimittelsicherheit.
Zunächst drei Zahlen aus meiner Apotheke: In der Kalenderwoche 25 haben wir 150 Fläschchen á sechs Impfungen (=Vials) ausgeliefert, in der Kalenderwoche 28 sieben Vials und für die laufende Kalenderwoche 29 sind noch zwei Vials Comirnaty® vorbestellt. Nun, diese Zahlen sind nicht repräsentativ, aber doch eindrucksvoll: In vier Wochen sank die Zahl der ausgelieferten Vials auf unter 2 Prozent (!) des Ausgangswertes!
Mehr zum Thema
Experten: Keine Herdenimmunität ohne Impfung von Kindern
Die Corona-News des Tages
Nur noch CV2CoV?
Setzt Curevac gleich auf die nächste Impfstoff-Generation?
Dabei sind mit Stand vom 20. Juli 2021 laut RKI-Zahlen nur gut 46,7 Prozent der Gesamtbevölkerung zweimal geimpft und haben den vollen Impfschutz.
Vor diesem Hintergrund zu sagen, dass Geimpfte, Geimpft-Genesene und negativ Getestete gleichwertig beispielsweise zu Großveranstaltungen zugelassen werden können, ist schlicht falsch. Denn ein negativer Test ist nur eine Momentaufnahme, der sowohl mit einer erheblichen Fehlerquote behaftet ist, als auch keinerlei Schutz vor Neuinfektionen und möglicherweise schweren Krankheitsverläufen bietet.
„Unter Risikogesichtspunkten sind also Geimpfte, Geimpft-Genesene und Negativ-Getestete nicht gleichwertig und sollten auch nicht so behandelt werden.“
Selbst ein korrekt durchgeführter PCR-Test kann die Coronaviren in den ersten zwei infektiösen Tagen nicht sicher nachweisen. Deshalb kann es wie in Utrecht geschehen, dass bei einem Festival mit 10.000 Besuchern 1.000 Neuinfektionen auftreten – obwohl alle Besucher geimpft, geimpft-genesen oder negativ getestet waren. Dabei sind nur unter den Negativ-Getesteten schwere Krankheitsverläufe zu erwarten. Diese Gruppe dürfte allerdings die Mehrheit unter den Festivalbesuchern dargestellt haben (vgl. Impfquote).
Unter Risikogesichtspunkten sind also Geimpfte, Geimpft-Genesene und Negativ-Getestete nicht gleichwertig und sollten auch nicht so behandelt werden. Das hat nichts mit Diskriminierung oder dergleichen zu tun, sondern ist schlicht wissenschaftlicher Fakt. Niemand muss sich impfen lassen, aber Nicht-Geimpfte sollten künftig keinen Zugang zu größeren Menschenansammlungen erhalten, auch wenn sie negativ getestet sind.
Kostenfreie Testungen konterkarieren Impfbemühungen
Aus meiner Sicht sollte diese Tatsache auch dadurch betont werden, dass zwar die Impfung, aber nicht die wiederholte Testung weiterhin kostenfrei bleibt. Kostenfreie Testungen waren in Zeiten fehlender Impfstoffe sinnvoll, konterkarieren aber nun die Impfbemühungen. Allzu viele glauben irrtümlich, dass auch ein negativer Schnelltest sicher ist und verschieben aus allerlei Gründen die Impfung oder glauben, sie auf diesem Weg vermeiden zu können. Deshalb sind auch positive Anreize (Geldgeschenke oder Ähnliches) für Impfmüde nur bedingt sinnvoll. Sie werden nur in erheblicher Höhe zielführend sein, belohnen dann aber die Falschen. Überzeugungsarbeit (und leichter Druck) erscheinen mir sinnvoller und gerechter zu sein.
Nachdenken sollten man andererseits über den breiteren Einsatz von Neutralisationstests, also erweiterte Antikörpertests, die das Vorhandensein eines wirksamen Immunschutzes gegen Corona bestätigen können. Sie erhöhen nicht nur den Risikoschutz, sondern würden andererseits auch ggf. eine dritte Impfung entbehrlich machen.
Unbemerkt infiziert ohne PCR-Nachweis
Warum ein Antikörpertest als Genesenennachweis nicht genügt
Nur mit überlegtem Vorgehen werden wir uns in absehbarer Zeit der angestrebten Herdenimmunität wenigstens annähern. Und erst dann werden wir uns alle wieder völlig frei bewegen können.
3 Kommentare
Strukturiertes Vorgehen bei einem empfindlichen Impfstoff
von Annette Dunin von Przychowski am 22.07.2021 um 7:30 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Strukturiertes Vorgehen bei einem
von k.stülcken am 22.07.2021 um 13:05 Uhr
Geimpft heiß nicht nicht infektiös- s. RKI Geimpfte können Virus übertragen
von Gast am 21.07.2021 um 20:35 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.