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Hochwasser in NRW und RLP
Zahlreiche Apotheken und Arztpraxen arbeitsunfähig
Nach der Hochwasserkatastrophe im Westen Deutschlands haben Apothekerkammer und -verband Nordrhein eine vorläufige Schadensbilanz gezogen: Nach aktuellem Stand sind rund 50 Apotheken so zerstört, dass sie eine Weile nicht öffnen können. Der Ärzteverband Marburger Bund berichtet von rund 100 beeinträchtigten Arztpraxen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein. Indessen hat das Bundeskabinett am heutigen Mittwoch Soforthilfen in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro beschlossen.
Durch das Hochwasser sind im Kammer- und Verbandsbezirk Nordrhein nach aktuellem Stand rund 50 öffentliche Apotheken zerstört oder so weit beeinträchtigt, dass sie tage- oder gar wochenlang nicht öffnen können. Das teilen AKNR und AVNR heute per Pressemitteilung mit. Stark betroffen sind demnach Apotheken in Erftstadt, Eschweiler, Euskirchen, Rheinbach, Schleiden, Stolberg, Swisttal und Velbert. Vereinzelt sind es auch Apotheken in Bad Münstereifel, Düren, Geilenkirchen, Hilden, Kall, Köln, Leverkusen, Moers, Nettersheim, Overath und Wuppertal.
Vor allem im Rhein-Erft-Kreis und der Eifel sei die Arzneimittelversorgung zwar „erschwert, aber gesichert“. Funktionstüchtige Apotheken übernähmen die Patientenversorgung jetzt zusätzlich, so Kammer und Verband. Die Lage habe auch Auswirkungen auf den Nacht- und Notdienst in den Krisengebieten. Es werde alles darangesetzt, die Aktualität des Notdienst-Plans (www.ak.nrw/nd) zu gewährleisten. Sicherheitshalber sollte in den betroffenen Regionen, soweit möglich, zunächst telefonisch die Dienstbereitschaft der jeweiligen Apotheke erfragt werden.
Die Apothekerkammer Rheinland-Pfalz hatte bereits gemeldet, dass in ihrem Kammerbezirk mindestens 21 Apotheken von der verheerenden Flutkatastrophe betroffen seien – zum Teil existenziell.
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„Regional und im Einzelfall vor Ort ist die Lage sehr unterschiedlich“, berichtet AKNR-Präsident Armin Hoffmann. Einige Apotheken werden wohl tagelang nicht wieder ans Netz gehen können, weil alles zerstört ist. Noch immer haben Kammer und Verband kein zuverlässig vollständiges Bild der Lage – auch weil es in einigen Orten weder Strom noch Handyempfang gibt. Außerdem seien Kolleginnen und Kollegen erst einmal mit anderen Dingen beschäftigt, als ihre Apotheke bei Kammer oder Verband als „temporär geschlossen“ zu melden, heißt es in der Pressemitteilung.
„Jetzt muss zunächst die Gesundheits- und Arzneimittelversorgung durch Krankenhäuser, Arztpraxen und Apotheken auch durch Behelfslösungen so weit wie möglich wieder sichergestellt werden“, sagt AVNR-Vorsitzender Thomas Preis. Danach gehe es darum, so schnell wie möglich wieder durch Neu- oder Wiederaufbau zum Regelbetrieb zurückzukehren. Das werde in vielen Fällen, so Hoffmann und Preis, Wochen, Monate oder noch länger dauern. Dafür bräuchten die Betroffenen – insbesondere auch im Gesundheitswesen – die Unterstützung von Bund und Land.
400 Millionen Euro Soforthilfe von Bund und Ländern
Diese soll nun auch fließen. Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch millionenschwere Soforthilfen auf den Weg gebracht. Laut Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) beteiligt sich der Bund mit bis zu 200 Millionen Euro zur Hälfte an den Hilfen aus den Bundesländern. Insgesamt stehen laut Kabinettsbeschluss bis zu 400 Millionen Euro zur Verfügung. Laut Scholz sind aber auch höhere Soforthilfen für die Hochwasseropfer denkbar: Wenn es so sei, dass mehr gebraucht werde, würden Bund und Länder auch mehr Geld zur Verfügung stellen. „Wir werden das tun, was erforderlich ist“, sagte Scholz. Die Hilfen sollten schnell und unbürokratisch fließen. Außerdem ist ein milliardenschwerer Aufbaufonds geplant. Der Aufbau werde Jahre in Anspruch nehmen, sagte Scholz. Über die genaue Höhe des Fonds soll aber erst entschieden werden, wenn das Ausmaß der Schäden besser absehbar ist.
Marburger Bund: provisorische Not-Praxen und Not-Apotheken errichten
Die Überschwemmungen haben auch zahlreiche Arztpraxen sowie Kliniken und MVZ getroffen. Der Marburger Bund Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz erklärte am gestrigen Dienstag, noch gebe es kein komplettes Bild vom genauen Ausmaß der Zerstörungen der medizinischen Grundversorgung in beiden Bundesländern. Allein in Rheinland-Pfalz wisse der Ärzteverband aber von über 20 Arztpraxen, „die nicht mehr arbeitsfähig sind“. Hans-Albert Gehle, Vorsitzender des Marburger Bunds NRW/RLP, erklärte, die nicht von Hochwasser betroffenen Praxen müssten zweifelsfrei die Patienten mitversorgen. „Es wäre sinnvoll, wenn für chronisch Kranke und sonstige Patienten in den Dörfern und Stadtteilen provisorische ‚Not-Praxen‘ sowie ‚Not-Apotheken‘ als Anlaufstellen in der Nähe errichtet würden.“
Auch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein hat eine erste Bilanz der Schäden vorgelegt. Nach aktuellem Stand seien insgesamt 80 Praxen in Nordrhein nicht mehr oder nur bedingt arbeitsfähig. Am schwersten betroffen sei der Bereich Aachen mit 30 Praxen – hier vor allem Stolberg und Eschweiler. Aber auch der Kreis Euskirchen (16 Praxen), der Rhein-Sieg-Kreis (13 Praxen), der Rheinisch-Bergische-Kreis (fünf Praxen) und der Oberbergische Kreis (vier Praxen) hätten stark unter den Wassermassen leiden müssen. In vielen Praxen gebe es weder fließendes Wasser noch Strom. Zudem seien teilweise Inventar, medizinische Geräte, Medikamente, Impfstoffe und Akten zerstört beziehungsweise unbrauchbar gemacht geworden.
Der Marburger Bund berichtet zudem von Zerstörungen in Krankenhäusern – etwa im St. Antonius-Hospital in Eschweiler und dem Klinikum Mutterhaus Ehrang in Trier. Benachbarte Kliniken hätten evakuierte Patienten übernommen.
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