Unabhängigkeit der STIKO

Corona-Zusatzimpfungen für bereits Geimpfte?

Stuttgart - 02.08.2021, 13:45 Uhr

Gibt es bald Auffrischimpfungen für diejenigen, die in den vergangenen Monaten Vakzinen von AstraZeneca oder Johnson & Johnson erhalten haben? (c / Foto: Prostock-studio / AdobeStock)

Gibt es bald Auffrischimpfungen für diejenigen, die in den vergangenen Monaten Vakzinen von AstraZeneca oder Johnson & Johnson erhalten haben? (c / Foto: Prostock-studio / AdobeStock)


Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will ab September Zusatzimpfungen gegen COVID-19 anbieten, das berichtet die Süddeutsche Zeitung am heutigen Montag. Sie bezieht sich dabei auf einen Beschlussentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für die Konferenz mit den Gesundheitsministern der Länder, die heute stattfindet. Wird damit erneut politischer Druck auf die STIKO ausgeübt?

Anlässlich von Berichten über eine verminderte Wirksamkeit der Vektor-Impfstoffe gegen COVID-19-Varianten, und gleichzeitig Berichten über „zu viel“ Impfstoff in Deutschland, liegt die Frage nicht fern, ob in Deutschland vielleicht bald eine Empfehlung zu erwarten ist, einmal mit Janssen (Johnson & Johnson) Geimpfte mit einem mRNA-Impfstoff zweitzuimpfen? Mit dieser Frage hatte sich die DAZ bereits vergangenen Dienstag an die Pressestelle des RKI (Robert Koch-Institut) gewandt. Dort wurde lediglich für eine weitere Nachfrage an einzelne Mitglieder der STIKO verwiesen, ein gemeinsames Statement der STIKO sei (noch) nicht zu erwarten.

Nun meldet die Süddeutsche Zeitung am heutigen Montag, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Zusatzimpfungen anbieten möchte. Und zwar von September an „für vom Coronavirus besonders gefährdete Gruppen“, aber auch für vollständig Geimpfte, „die in den vergangenen Monaten Vakzine von Astra Zeneca oder Johnson & Johnson erhalten haben“. Aufgefrischt werden soll dann mit einem mRNA-Impfstoff von Biontech oder Moderna. All das geht aus einem Beschlussentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für die heute angesetzte Konferenz der Gesundheitsminister hervor. 

Wie es heißt, wollen die Gesundheitsminister auch einen Beschluss zur Impfung von Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren fassen.

Impfkommission: Noch ungenügend Daten zu dritter Dosis gegen Corona

Doch bereits am Freitag hatte die Deutsche Presse-Agentur (dpa) noch darüber berichtet, dass man bei der STIKO (Ständige Impfkommission) – nach der Entscheidung Israels zu Auffrischimpfungen gegen Corona für ältere Menschen – für Deutschland noch nicht die nötigen Daten für eine solche Empfehlung sehe. STIKO-Chef Thomas Mertens sagte der dpa am Freitag, dass es eines der Themen sei, mit denen sich das Gremium weiter intensiv beschäftige. Zur Erklärung hieß es, dass es den STIKO-Expert:innen um zwei Aspekte gehe: 

  • ob die messbare Immunantwort im Labor nachlasse und 
  • ob trotz Impfung vermehrt Infektionen mit Erkrankung aufträten. 

Laboruntersuchungen zu Antikörperspiegeln gebe es zwar bereits. Diese erlaubten aber nicht die direkte Schlussfolgerung, dass auch die Schutzwirkung beim Menschen nachlässt. Es gehe auch noch um die Frage, welche Gruppen eine Auffrischung bekommen könnten: ob zum Beispiel Immunsupprimierte, Alte oder alle.

Ärzteverband: Unabhängigkeit der Impfkommission mit Reform absichern

Zum Vorgehen Israels sagte Virologe Mertens, dass nichts dagegen spreche, wenn ein Staat aus Fürsorgepflicht solche Impfangebote mache – auch ohne Evidenz. Aufgabe der STIKO seien jedoch Empfehlungen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. Insofern warte man eine Datengrundlage ab. Diese Aussage lässt sich nun sicherlich auch auf die aktuellen Pläne des Bundesgesundheitsministeriums übertragen, allerdings war hier in den vergangenen Monaten auch immer wieder der politische Druck auf das eigentlich unabhängige Gremium der STIKO Gegenstand von Diskussionen.

Wie die dpa ebenfalls am Freitag berichtete, hat der Verband der Amtsärzte nun angeregt, die Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Einrichtung organisatorisch abzusichern: „Man müsste überlegen, wie die STIKO künftig aufgehängt ist, um ihre Neutralität und Unabhängigkeit zu sichern“, sagte die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, der „Ärzte Zeitung“ (Online). Derzeit ist die STIKO am Robert Koch-Institut angesiedelt. Dabei handelt es sich um eine Bundesbehörde und damit gerate die STIKO „in den Bereich Politik und Politikberatung“, erklärte Teichert. Die Kommission brauche zudem hauptamtliche Strukturen, die die professionelle Arbeit der ehrenamtlich tätigen Kommissionsmitglieder unterstütze.

Mehr zum Thema

Erst AstraZeneca, dann mRNA-Impfstoff

Spahn bekräftigt STIKO-Empfehlung und rügt Alleingang

Fachgesellschaften stellen sich hinter Impfkommission

Corona-Impfung für Kinder: Spahn will nicht auf STIKO-Empfehlung warten

Am heutigen Montag heißt es in der dpa nun wieder: Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält Corona-Impfungen von Kindern ab zwölf Jahren für angemessen. Dass die Politik hier jetzt Fakten schaffe, sei richtig, sagte Lauterbach am Montag im Deutschlandfunk vor Beratungen der Gesundheitsministerkonferenz zu dem Thema. Die wesentlichen Studien zur Impfung von Kindern zeigten, dass eine Durchseuchung mit der Delta-Variante des Coronavirus gefährlicher sei als eine Impfung. Wissenschaftlich komme er klar zu dem Ergebnis, dass Impfungen Kindern helfen. Auch die US-Gesundheitsbehörde CDC, die weltweit wohl die besten Experten habe, empfehle die Impfung von Kindern. In den USA seien mehr als sechs Millionen Kinder geimpft, die Immunisierung sei hier gut untersucht. Lauterbach sagte, die STIKO vertrete hier eine „Außenseiterposition“.

Der STIKO-Vorsitzende Thomas Mertens sagte am Montag wiederum dem Sender NDR Info, es gebe noch zu wenige Daten über mögliche gesundheitliche Folgeschäden für 12- bis 17-Jährige. „Wir sagen, wir können nicht eine generelle Empfehlung aussprechen, solange wir diesbezüglich nicht die notwendige Datensicherheit haben.“



Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.