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Die AfD hat ihre erste Legislaturperiode im Bundestag hinter sich gebracht. Waren es vor vier Jahren noch die Flüchtlinge, sind nun die Coronamaßnahmen zum Lieblingsthema der rechtspopulistischen Partei geworden – im Bundestag wie im Wahlprogramm. Wo es in den Augen der Fraktion mit dem Apothekenwesen nach der Wahl hingehen soll, darüber hat sich die DAZ mit dem Bundestagsabgeordneten und Mitglied des Gesundheitsausschusses Jörg Schneider unterhalten.
Bei der AfD hat das Thema Arzneimittelversorgung direkt Eingang ins Wahlprogramm gefunden – sie soll demnach „verlässlich“ gemacht werden. Reformbedarf wird wegen zunehmender Lieferengpässe gesehen. Der „überwiegenden Monopolsituation und einseitigen Abhängigkeit vom Ausland“ werde durch Abschaffen der Rabattverträge, Ausweitung des Festbetragsmarkts, Anpassung der Herstellerrabatte und Streichen der Importquote entgegengewirkt, heißt es. Im Gegenzug soll die Nutzenbewertung ausgeweitet und die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden Auch die inhabergeführten Apotheken werden explizit erwähnt: Für die Gewährleistung einer flächendeckenden und qualifizierten Versorgung mit Arzneimitteln müssen nach Ansicht der AfD die inhabergeführten Apotheken erhalten bleiben, „die mit ihrem Liefer-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsservice an 365 Tagen die Versorgung der Bürger vor Ort sicherstellen“.
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Im Vorfeld der Bundestagswahl hat die DAZ mit Jörg Schneider gesprochen, der seit vier Jahren für die AfD im Bundestag sitzt und Mitglied des Gesundheitsausschusses ist. Schneider hat die Rolle der Apotheken in der Pandemie positiv wahrgenommen: „Sie haben die Chancen, die ihnen geboten wurden, genutzt.“ Zum Beispiel bei der Digitalisierung der Impfnachweise. Er selbst hätte sie sogar noch ein Stück weit mehr einbezogen – nämlich in das Testgeschehen. Schneider ist überzeugt, dass es weniger Wildwuchs gegeben hätte, wenn man die Apotheker mehr in die Pflicht genommen hätte.
Für die Zukunft hält er es für den richtigen Weg, die Apotheken verstärkt in die Versorgung einzubinden. Die pharmazeutischen Dienstleistungen sind für ihn ein Weg, das Gesundheitssystem effizienter zu machen und den Kassen Geld zu sparen, aber auch für die Apotheken vor Ort eine Möglichkeit, sich von den ausländischen Versendern abzugrenzen.
Rx-Versandverbot war nie die bevorzugte Lösung
DocMorris und Co. den Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu verbieten, war für Schneider allerdings nie die bevorzugte Lösung, um Chancengleichheit zwischen den Vor-Ort-Apotheken und den Versendern im Ausland herzustellen und so die Versorgung vor Ort zu sichern. Er habe den Versand immer als sinnvolle Ergänzung gesehen, um Menschen in ihrer jeweiligen Lebenssituation vor Ort zu versorgen. „Das muss allerdings nicht DocMorris übernehmen, wenn die Apotheke vor Ort die Möglichkeit hat zu liefern“, merkt er an. Vom rechtlichen Rahmen für den Botendienst als Regelleistung erhofft sich Schneider positive Effekte für die Vor-Ort-Apotheken im Wettbewerb mit den Versendern. Ein Rx-Versandverbot ist in seinen Augen erstmal vom Tisch.
Keine Honorarerhöhung ohne zusätzliche Leistungen
Inwiefern das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) seinen Zweck erfülle, müsse man noch ein wenig abwarten. „Die Politik muss den Rahmen schaffen, dass etwas funktioniert. Aber die Apotheken müssen die Chancen auch ergreifen, die man ihnen gibt“, so Schneider. Das haben sie seiner Ansicht nach aktuell auch getan. Die Möglichkeiten müsse man nun erweitern. Er sieht aber die Apotheker auch in einer gewissen Bringschuld gegenüber der Politik, welche Dienstleistungen noch infrage kämen. Raum für eine Honorarerhöhung ohne zusätzliche Leistungen, also eine Anpassung des Fixums, sieht Schneider derzeit nicht.
Die Nachwuchssorgen vieler Inhaber lassen sich in Schneiders Augen allerdings nicht mit mehr Geld im System lösen. Die grundsätzlich fehlende Bereitschaft, in die Selbständigkeit zu gehen, zeige nämlich ein gesamtgesellschaftliches Problem, erklärt er: Menschen seien zunehmend weniger bereit, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. „Die Politik hat aber in den letzten Jahrzehnten die Menschen von dieser Verantwortung entbunden. Da müssen wir gegensteuern. Dann werden auch Apotheker wieder einfacher Nachfolger finden“, so Schneider.
Größere Filialverbünde oder gar Ketten sind für Schneider zum jetzigen Zeitpunkt auch keine Lösung für das Problem der Nachfolgersuche. „Wenn man irgendwann an den Punkt kommt, dass die Versorgung nicht mehr gesichert ist, müssen wir vielleicht auch über sowas nachdenken. Im Moment sehe ich aber noch nicht, dass wir alles über den Haufen werfen müssen. Das muss aber nicht für alle Ewigkeit so bleiben.“
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Bei der Arzneimittelproduktion wollen Schneider und seine Fraktion weniger abhängig vom Ausland sein. Durch die Globalisierung auch im medizinischen Bereich sei man auf einen „merkwürdigen Weg“ gekommen. Die Rabattverträge trügen maßgeblich zu dieser Globalisierung der Arzneimittelversorgung bei, so der Abgeordnete. Die AfD fordere daher in ihrem Wahlprogramm deren Abschaffung und Ersatz durch eine Festbetragsregelung. Nur auf eine Rückverlagerung der Arzneimittelproduktion nach Europa zu setzen, wie es die anderen Parteien tun, hält Schneider allerdings für blauäugig. Er spricht stattdessen für eine Nationalisierung aus, um im Ernstfall nicht abhängig von der Solidarität der anderen Mitgliedstaaten zu sein.
„Apotheker haben im Gegensatz zu PTA gelernt, sich Wissen anzueignen“
Angesprochen auf die Zukunftsfähigkeit der Branche sieht Schneider vor allem bei den PTA Nachholbedarf. Schneider ist der Auffassung, dass man künftig an einer Akademisierung des PTA-Berufs nicht vorbeikommt. „Der Trend zur Individualisierung in der Arzneimitteltherapie trägt dazu bei, dass es um weit mehr geht, als nur Packungen herauszureichen“, erklärt er. Und weiter: „Wir müssen weg davon, dass der Apotheker Verkäuferinnen um sich schart, das ist ein altes Bild. Wenn die Apotheken zusätzliche Aufgaben bekommen, müssen wir uns davon verabschieden.“
In Schneiders Augen braucht es eine grundlegende Reform der PTA-Ausbildung, sonst drohe eine immer größere Lücke zu den Approbierten. Die sieht Schneider nämlich gut gerüstet für zusätzliche Aufgaben: „Die haben im Gegensatz zu den PTA durch ihre akademische Ausbildung gelernt, sich Wissen anzueignen“, erklärt er. Und auch beim Studium sieht er keinen übermäßigen Handlungsbedarf. Durch die Verzahnung von Forschung und Lehre gehe die universitäre Ausbildung mit der Zeit. Wenn PTA – entsprechend qualifiziert – zusätzliche Aufgaben wahrnehmen, müsse das natürlich mit einem besseren Gehalt einhergehen, was wiederum über zusätzliche Dienstleistungen in den Apotheken zu erwirtschaften sei.
4 Kommentare
Neue drei G Regel
von Sabine Schneider am 21.09.2021 um 9:12 Uhr
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AfD
von Thomas B am 20.09.2021 um 19:10 Uhr
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AfD
von Roland Mückschel am 20.09.2021 um 18:02 Uhr
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Oh je
von Conny am 20.09.2021 um 17:46 Uhr
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