Mitgliederversammlung des Apothekerverbands

500 Euro pro Brandenburger Apotheke für die Digitalgesellschaft GEDISA

Potsdam - 04.10.2021, 13:45 Uhr

Olaf Behrendt (3. v. links) bleibt Vorstandschef des Apothekerverbands Brandenburg. Bei der Mitgliederversammlung wurde unter anderem der Vorstand neu gewählt. Hier im Bild (v. links): Robert Dalchow, Andrea König, Olaf Behrendt, Tina Koch, Antje Kujath, Nicole Nicoleit-Hauser und Robert Langner. (c / Foto: AV Brandenburg)

Olaf Behrendt (3. v. links) bleibt Vorstandschef des Apothekerverbands Brandenburg. Bei der Mitgliederversammlung wurde unter anderem der Vorstand neu gewählt. Hier im Bild (v. links): Robert Dalchow, Andrea König, Olaf Behrendt, Tina Koch, Antje Kujath, Nicole Nicoleit-Hauser und Robert Langner. (c / Foto: AV Brandenburg)


Olaf Behrendt ist am vergangenen Samstag von der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Brandenburg als Vorstandsvorsitzender bestätigt worden. In seinem Bericht hob er vor allem auf die Leistungen der Apotheker:innen in der Pandemie ab – mit der Ausstellung der Impfzertifikate hätten sie auch gezeigt, dass sie Digitalisierung „können“ und willens sind, sie mitzugestalten. Für Behrendt hat sich das DAV-Portal bereits mit dieser ersten Anwendung bewiesen. Er ist überzeugt, dass es den Apotheken weiterhin gute Dienste leisten wird – auch wenn sich dies im Haushalt niederschlägt: 2022 wird der Verband pro Apotheke 500 Euro für die noch zu gründende Digitalgesellschaft GEDISA zahlen.

Am vergangenen Samstag fand in Potsdam erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie wieder eine Mitgliederversammlung des Landesapothekerverbands Brandenburg statt. Der alte und neue Vorstandsvorsitzende Olaf Behrendt warf in seinem Bericht einen Blick zurück auf 18 Monate, in denen die Apotheken „Übermenschliches“ geleistet hätten. Angefangen beim Hygienemanagement über die Mangelverwaltung, die Maskenausgabe, Schnelltestangebote bis zur COVID-19-Impfstoffverteilung und dem „Meisterstück“, der COVID-19-Zertifikatserstellung – auch wenn es nicht immer leicht war: „Wir haben es geschafft“, betonte Behrendt. Das kleingliedrige Apothekensystem vor Ort habe bewiesen, dass es funktioniere und unverzichtbar sei. Nun wünscht sich der Verbandschef, dass dies nicht so schnell in Vergessenheit gerät. Er plädierte dafür, einige der Sonderregeln – insbesondere die Erleichterungen bei der Arzneimittelabgabe – zu verstetigen.

Auch die Verbandsarbeit war in den vergangenen eineinhalb Jahren von der Pandemie geprägt. Es habe zahlreiche Anfragen rund um die neuen Aufgaben gegeben, etwa zur Maskenausgabe. Wo sich sonst viele Kollegen und Kolleginnen über zu viel Bürokratie beschwert hätten, seien nun manche verunsichert gewesen, dass die Ausgabe anfänglich gar nicht dokumentiert werden sollte und es keine detaillierten Handlungsanweisungen für die Anspruchsberechtigten gab. Einige seien „auf dem Zahnfleisch gekrochen“, teilweise sei der Verband „Seelsorger“ gewesen, sagte Behrendt. Angesichts all dieser Herausforderungen für die Apotheken bleibt er der Auffassung, dass der Preis für die Masken angemessen war.

Wenn es auch eine finanzielle Anerkennung für die Zusatzleistungen der Apotheken und viele freundliche Worte aus der Politik während des Wahlkampfs gab: Behrendt sieht die Apotheken in vielen Bereichen nach wie vor nicht ausreichend wertgeschätzt. Gerade in Brandenburg habe man mit der Politik schlechte Erfahrungen gemacht. Mögen die Apotheker:innen im Gesundheitsministerium durchaus noch auf offene Ohren stoßen – in anderen Ministerien und auch bei den Fraktionen im Landtag sei dies häufig anders gewesen. So habe man etwa bei Anfragen, wie es mit den von der AvP-Pleite gebeutelten Apotheken weitergehen solle, lediglich lapidare Antworten erhalten. Nicht anders gehe es der Landesapothekerkammer bei ihren beharrlichen Bemühungen um eine Studiengang Pharmazie in Brandenburg; auch der jüngste Vorstoß scheint hier zu versanden.

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Eine „Erfolgsgeschichte“ sind für Behrendt dagegen die Impfzertifikate, die Apotheken seit vergangenem Juni ausstellen. Hier hätten die Apotheken mit ihrem DAV-Portal in der Digitalisierungsdebatte „ein Zeichen gesetzt“. Mit dem Portal sei man in Vorleistung gegangen, doch es habe sich am Ende auch gelohnt. Allein in Brandenburg seien bis vergangenen Freitag 1.470.618 digitale Zertifikate ausgestellt worden. Auch wenn es anfängliche Schwierigkeiten gegeben haben mag – für den Verbandsvorsitzenden ist mit dem Portal bewiesen: „Wir können Digitalisierung“. Durch das Angebot seien zudem Menschen in die Apotheken gekommen, die sonst nie dort erscheinen – vielleicht haben diese nun ganz neue Eindrücke von der Apotheke? Behrendt jedenfalls will sich das Portal nicht von einzelnen Personen schlechtreden lassen. Er ist überzeugt, dass es mit seinen für die Zukunft geplanten Mehrwerten für die Apotheken eine gute Investition ist. „Ich kann nur dafür werben, auch wenn es sich im Haushalt niederschlägt.“

275.000 Euro für GEDISA 

Was das konkret heißt, zeigte der Geschäftsführer des Apothekerverbands Brandenburg, Thomas Baumgart, in seinen Ausführungen zum Haushalt 2022 auf: Hier sind unter dem Titel „Unterlagen und Hilfsmittel für die Apotheke“ plötzlich 290.000 Euro veranschlagt – statt 25.000 Euro im Vorjahr. Dahinter stecken 275.000 Euro, die in die noch zu gründende Digitalgesellschaft GEDISA des Deutschen Apothekerverbands (DAV) fließen sollen. Das ist eine Summe, die auch einige der anwesenden Mitglieder stutzig machte. Doch Baumgart wie Behrendt versprachen: Das DAV-Portal werde schon bald weitere Funktionen bekommen, unter anderem soll auch eine gesicherte Kommunikation der Landesverbände mit den Mitgliedern künftig hierüber erfolgen können. Für den Ausbau sei drei Jahre lang eine Anschubfinanzierung von jährlich 500 Euro je Apotheke nötig. Behrendt bat um Vertrauen für das Projekt, das den Apotheken über die Impfzertifikate durchaus schon Verdienste eingebracht habe. Letztlich ging der Haushaltsplan für das Jahr 2022 ohne weitere Einwände durch.

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Behrendt betonte in seinem Bericht überdies, dass sich die Stimmung in der Standesvertretung in diesem Jahr gewandelt habe: Nachdem der vorletzte Deutsche Apothekertag – vor der Pandemie – von Grabenkämpfen geprägt gewesen sei, hätten beim vergangenen in Düsseldorf konstruktive Diskussionen und vertrauensvoller Optimismus vorgeherrscht – „fast schon Aufbruchstimmung“, so Behrendt. Mit der neuen ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening an der ABDA-Spitze und Thomas Dittrich als neuem DAV-Vorsitzenden sei eine neue Offenheit bei den Gesprächen zu spüren. Aber Behrendt würdigte auch die Leistungen der Bundesorganisation in der Pandemie: „Hätte es die ABDA nicht schon gegeben, hätte man sie für die Pandemie erfinden müssen.“ Mit ihren Handlungshilfen und schnellen Einschätzungen zu zahlreichen neuen Verordnungen sei sie immer schnell zur Stelle gewesen. Weniger zufrieden ist Behrendt dagegen mit der politischen Öffentlichkeitsarbeit der ABDA. Letztlich geht der Brandenburger Verbandschef zuversichtlich in seine neue Amtszeit. Er ist überzeugt: „Wenn wir was erreichen wollen, dann nur gemeinsam und ohne Grabenkämpfe.“

Neuer Vorstand des Apothekerverbands Brandenburg

Die Mitgliederversammlung wählte einen neuen Vorstand. Nachdem die bisherige Erste Stellvertretende Vorsitzende Karen Setz sowie das Vorstandsmitglied Volker Krüger nicht mehr kandidiert haben, wurden Nicole Nicoleit-Hauser und Robert Langner neu in den Vorstand gewählt. Dieser setzt sich nun wie folgt zusammen: Olaf Behrendt (Vorsitzender), Andrea König (Erste Stellvertretende Vorsitzende), Tina Koch (Zweite Stellvertretende Vorsitzende) sowie die Vorstandsmitglieder Robert Dalchow, Antje Kujath, Nicole Nicoleit-Hauser und Robert Langner.

Overwiening: Wir brauchen starke Strukturen und Vertrauenskultur

Zu Gast bei der Mitgliederversammlung des LAV Brandenburg war zudem ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, die derzeit auf „Vorstellungstour“ bei den ABDA-Mitgliedsorganisationen ist. „Standespolitik ergibt nur Sinn mit einer dahinterstehenden Basis“, erklärte sie – darum brauche sie den Kontakt zu den Apothekerinnen und Apothekern überall im Land. 

Ähnlich wie kürzlich auf dem Deutschen Apothekertag war es ihr ein Anliegen, die Apothekerschaft positiv auf alles vor ihr Liegende einzustimmen. In der Pandemie hätten die Apotheker:innen gezeigt, dass sie „widerstandsfähig, kreativ, agil und nach vorne gewandt“ seien. Auch wenn es für viele ein Kraftakt gewesen sei: Sie hätten sich als unverzichtbare Problemlöser bewiesen und Selbstbewusstsein aufbauen können. Dieses müsse nun „konserviert“ und als Basis für die Zukunft genutzt werden. So etwa beim E-Rezept. Hier sollten die Apotheker:innen vor Ort nicht nur die Versender vor Augen haben, die damit ein Geschäft machen wollen, sondern sich überlegen, was sie konstruktiv damit anfangen können. Und da sieht Overwiening so einige Vorteile – und die Chance, dass sich die Vor-Ort-Apotheken profilieren können. Auch das DAV-Portal werde hier künftig weiter Mehrwerte mit Blick auf die Digitalisierung bieten, die sie angesichts der Wettbewerber aber nicht genauer nennen wollte. 

Das Hummel-Prinzip

Die neue ABDA-Präsidentin, das wurde deutlich, wünscht sich Mitstreiter:innen, die zusammen unter Beweis stellen, wie wichtig die Apotheken als Element der Infrastruktur und auch als soziale Instanz sind. Wichtig ist aber auch, dass der Nachwuchs nicht weiter ausbleibt – denn was nutzen die schönsten neuen Dienstleistungsangebote, wenn es hierfür kein Personal gibt? Nachwuchs könne man aber nur gewinnen, wenn man seinen Beruf nicht schlechtrede, so Overwiening. Um all dies zu erreichen, sei eine Vertrauenskultur und Transparenz nötig. Aber auch Demut und Mut: Nicht alles werde gelingen, aber man dürfe auch nicht zu früh aufhören, wenn man ein Ziel verfolge. Overwiening geht hier mit dem „Hummel-Prinzip“: Die Hummel sei viel zu groß und schwer im Verhältnis zu ihren Flügeln. „Nach den Gesetzen der Aerodynamik dürfte sie nicht fliegen, da sie es nicht weiß, tut sie es einfach.“

Dass es nicht ganz einfach wird, alle Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Aufbruchstimmung anzustecken, zeigte sich bei der anschließenden Diskussion. Ein Verbandsmitglied hielt Overwiening mit Blick auf die Personalsituation und das E-Rezept fehlenden Realitätssinn vor. Doch die allermeisten Anwesenden, so war zu spüren, nehmen den „neuen Wind“ an der ABDA-Spitze positiv auf. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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