Wirtschaftstage des LAV Sachsen-Anhalt

Personal finden und halten: Tipps vom Apotheken-Coach

Berlin - 15.10.2021, 09:15 Uhr

Knusper, knusper, knäuschen ... Wie locke ich Personal in mein Apotheken-Häuschen? Mit dieser Frage beschäftigte sich Betriebswirtin Marcella Jung bei den Wirtschaftstagen des LAV Sachsen-Anhalt. (c / Foto: Pohl / LAV Sachsen-Anhalt)

Knusper, knusper, knäuschen ... Wie locke ich Personal in mein Apotheken-Häuschen? Mit dieser Frage beschäftigte sich Betriebswirtin Marcella Jung bei den Wirtschaftstagen des LAV Sachsen-Anhalt. (c / Foto: Pohl / LAV Sachsen-Anhalt)


Die Apotheken hierzulande suchen händeringend Personal. Doch wie kann es gelingen, dass sich die eigene Stellenanzeige von all den anderen abhebt? Bei den Wirtschaftstagen des LAV Sachsen-Anhalt gab Coach Marcella Jung einige Tipps, was Inhaber:innen tun können, um neue Mitarbeitende zu finden – und letztlich auch zu halten.

Von Gehalt bis Bürokratie: Die Gründe dafür, dass vor allem junge Approbierte die Arbeit in einer öffentlichen Apotheke scheuen, sind vielfältig. Personalnot macht folglich hierzulande vielen Apothekeninhaber:innen zu schaffen. Was können sie tun, um Jobsuchende auf sich als Arbeitgeber:in aufmerksam zu machen?

Dieser Frage widmete sich die Betriebswirtin Marcella Jung am vergangenen Freitag in ihrem Vortrag bei den Wirtschaftstagen des Landesapothekerverbands Sachsen-Anhalt in Dessau. Sie empfahl, sich zunächst darüber klar zu werden, wen man konkret sucht – denn je nach Alter können Schlüsselwörter in Anzeigen eine große Wirkung erzielen.

Während zwischen 1980 und 1995 Geborene (Generation Y) oft recht technik- und digitalaffin seien, tendenziell eher im Moment lebten und viel Wert auf Teamwork legten, zeichne sich die Generation Z (nach 1995 Geborene) dadurch aus, dass sie verstärkt auf traditionelle Werte achte. Stabilität, Ordnung und Sicherheit seien hier wieder sehr gefragt – ein Pluspunkt für die Apotheken, meint Jung.

Karriere als Schlagwort – aber bitte nicht als leere Phrase

Wer also eher jemanden aus der Generation Y ansprechen möchte, der sollte in seiner Stellenanzeige Formulierungen wählen wie „Freiraum zur Entfaltung“ und „kreatives Mitgestalten“. Ein Schlagwort dürfe dabei nicht fehlen: Karriere. Allerdings sollte man nichts versprechen, was sich letztlich nicht einhalten lässt, warnte Jung. Wer in Y-Gefilden fischt und zum Beispiel einen Satz wie „Bei uns können auch Berufsanfänger Karriere machen“ in die Anzeige mit aufnimmt, sollte sich zuvor gut überlegen, was er potenziellen Bewerbern an Entwicklungsmöglichkeiten bieten kann. „Das kann auch die Leitung von Teilbereichen in der Apotheke sein“, schlug Jung vor.

Je persönlicher, desto besser

Deutlich leichter dürfte es Inhaber:innen fallen, ihre Ausschreibung an die Bedürfnisse der Generation Z anzupassen. In diesem Fall sollte man Verlässlichkeit, Menschlichkeit und Pragmatismus betonen, so Jung. „In guter Obhut durch ein erfahrenes Team“ könnte demnach eine ansprechende Formulierung sein. Zudem rät sie den Inhaber:innen, eher ein Bild von sich selbst als vom Apothekenlogo in die Anzeige einzubinden. „Das wirkt persönlicher“, sagte Jung.

Im Team ein Kopfgeld ausschreiben

Stattdessen regte sie an, bei der Personalsuche das bestehende Team mit ins Boot zu holen, zum Beispiel mit einer Vermittlungsprämie. Wer eine neue Kollegin oder einen neuen Kollegen anwirbt, den könnten Chef oder Chefin mit einem Bonus belohnen. Das habe einen nicht zu unterschätzenden Nebeneffekt: „Es gibt keine bessere Werbung als wenn jemand aus dem Betrieb sagt, komm doch zu uns, hier ist es schön.“

Stärker nutzen sollten die Apotheken die Möglichkeit, ihre Stellenanzeigen auch in sozialen Netzwerken auszuspielen. Dort würden eventuell auch Fachkräfte darauf aufmerksam, die nicht aktiv auf Jobsuche sind, aber „latent unzufrieden“ an ihrem Arbeitsplatz. Portale wie Xing böten Interessenten zudem die Option, Gehälter zu vergleichen. Und auch wenn es überrascht: Neben manch einem Angebot aus der freien Marktwirtschaft brauchten sich die Apotheken diesbezüglich nicht zu verstecken.

Gekommen, um zu bleiben?

Wer nun das große Los gezogen und eine geeignete Mitarbeiterin oder einen geeigneten Mitarbeiter gefunden hat, für den geht es darum, sie oder ihn zu halten. Wer neue Teammitglieder schon vor Arbeitsantritt willkommen heißen möchte, dem empfiehlt Jung, neuen Kolleginnen und kollegen etwa eine Woche zuvor ein Starterpaket zu schicken. Dieses könne zum Beispiel Namensschild, Arbeitskleidung, ein Foto des Teams, ein Gutschein für ein Café in der Nähe der Apotheke und wichtige Tipps für den ersten Arbeitstag beinhalten. Sinnvoll sei es auch, neuen Mitarbeitenden während der Einarbeitungszeit einen Paten zur Seite zu stellen, damit sie stets eine Anlaufstelle haben, falls Fragen auftauchen.

Niemand mag es, Ordner zu wälzen

Gerade bei jüngeren Kolleginnen und Kollegen könne es zudem helfen, bestimmte Abläufe zu digitalisieren, betont Jung. Ein System, bei dem beim ersten Einloggen am Tag ein Fenster mit wichtigen Hinweisen aufgeht statt Zettelwirtschaft im Backoffice, digitale Ablagen statt massenhaft Ordner im Regal – das komme jungen Menschen schon eher entgegen.

Ein Stressfaktor – nicht nur für neue Teammitglieder, sondern für alle – bestehe darin, dass regelmäßig die Arbeit im Backoffice unterbrochen werden müsse und man nach vorne in den HV gerufen werde. Jung meint: Einige der administrativen Aufgaben könnten auch Quereinsteiger:innen ohne vertiefende Fachkenntnis erledigen. Eine solche Arbeitskraft könnte dem pharmazeutischen Personal schon nach kurzer Einarbeitungszeit „den Rücken freihalten“. Wer sich dafür entscheidet, kann laut Jung zudem Fördergelder beim Arbeitsamt beantragen.

Nichts geht über gute Führung

Ein Faktor bestimme die Zufriedenheit der Mitarbeitenden jedoch ganz entscheidend: die Führung. Jung legt Inhaber:innen dringend ans Herz, als leitende Kraft präsent zu sein und nicht allein über die freundschaftliche Schiene zu kommen. Das schaffe Sicherheit im Team und eine Grundlage dafür, wenn es in Krisenzeiten nötig wird durchzugreifen.

Missverständnisse zwischen Apothekenleitung und Team entstehen Jung zufolge besonders häufig, wenn es um das Thema Lob geht. Denn die meisten Chefinnen und Chefs neigten dazu, ausschließlich Leistung zu loben. „Das führt dazu, dass Ihre Mitarbeiter darauf warten, gelobt zu werden, wenn sie etwas geleistet haben“, erläuterte Jung. Bleibe das Lob dann aus, entstehe oft Frust. Jungs Tipp: Apothekenleiter:innen sollten auch die Menschen hinter der Leistung sehen und Lob auf eine persönlichere Ebene heben. So fühlten sich die Angestellten auch individuell wertgeschätzt – und das spiele eine große Rolle dabei, ob sie gerne zur Arbeit gingen oder nicht.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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