Ganzvirusimpfstoff VLA2001 vs. AstraZeneca-Vakzine

Valneva-Impfstoff: Mehr Antikörper, aber gleich viele COVID-19-Fälle

Stuttgart - 20.10.2021, 10:45 Uhr

Wie gut schützt VLA2001, der Ganzvirusimpfstoff von Valneva, gegen COVID-19? (Foto: Brastock Images / AdobeStock)

Wie gut schützt VLA2001, der Ganzvirusimpfstoff von Valneva, gegen COVID-19? (Foto: Brastock Images / AdobeStock)


Gute Nachrichten zum inaktivierten Ganzvirusimpfstoff VLA2001 von Valneva: Der COVID-19-Impfstoff zeigte sich im Vergleich zum AstraZeneca-Impfstoff hinsichtlich der Antikörperantwort überlegen und bei Nebenwirkungen auch verträglicher. Wie sieht es bei COVID-19-Erkrankungen aus? Schneidet VLA2001 hier auch besser ab als Vaxzevria?

Anfang des vierten Quartals 2021 wollte Valneva Ergebnisse seiner zulassungsrelevanten Phase-3-Studie Cov-Compare bekannt geben und hat Wort gehalten. Am 18. Oktober teilte das Unternehmen mit, dass sein COVID-19-Imfpstoffkandidat VLA2001 beide co-primären Endpunkte in Cov-Compare erreicht hat. Dabei untersuchte Valneva seinen inaktivierten COVID-19-Ganzvirusimpfstoff VLA2001 nicht gegen Placebo, sondern gegen den bereits zugelassenen Corona-Impfstoff von AstraZeneca (Vaxzevria): VLA2001 war hinsichtlich der Titer neutralisierenden Antikörper dem Vektorimpfstoff Vaxzevria überlegen. Die Geimpften entwickelten nach zweimaliger VLA2001-Impfung Antikörpertiter von 803,5, nach AZD1222 lag der Titer bei 576,6 (Ratio: 1,39), jeweils bestimmt zwei Wochen nach der zweiten Dosis und bei ab 30-jährigen Erwachsenen. Der zweite co-primäre Endpunkt war definiert als Nicht-Unterlegenheit von VLA2001 gegen AZD1222 in Bezug auf die Serokonversionsrate, die in beiden Behandlungsgruppen über 95 Prozent liegen musste. Dieser Endpunkt wurde ebenfalls erreicht.

Valneva informiert zudem über die T-Zell-Antwort, die die Proband:innen auf die Impfung entwickelten. VLA2001 habe bei einer Subgruppe der Teilnehmer:innen „breite antigenspezifische IFN-gamma-produzierende T-Zellen induziert“, die gegen das S-Protein (74,3 Prozent), N-Protein (45,9 Prozent) und M-Protein (20,3 Protein) reaktiv waren. Gamma-Interferon wird von CD4+-Lymphozyten (TH1-Zellen) sezerniert. Als inaktivierter Ganzvirus-Impfstoff weist VLA2001 zwar eine Vielzahl von Antigenen auf, die das Immunsystem stimulieren können, allerdings fehlt – durch Inaktivierung des Virus und dadurch fehlende Replizierung – die Fähigkeit, eine CD8+-T-Zell-Antwort (zytotoxische T-Zellen) auszulösen.

Gute Verträglichkeit

Neben der Wirksamkeit wurde VLA2001 auch auf Verträglichkeit geprüft: „VLA2001 war im Allgemeinen gut verträglich“, teilt Valneva mit, und sei vom Verträglichkeitsprofil „deutlich günstiger“ als der Vergleichsimpfstoff: 73,2 Prozent der mit VLA2001 geimpften Teilnehmer:innen berichteten über Reaktionen an der Injektionsstelle, bei mit AstraZeneca-Geimpften waren es 91,1 Prozent. Systemische unerwünschte Reaktionen traten unter VLA2001 bei 70,2 Prozent der Geimpften auf, unter Vaxzevria bei 91,1 Prozent.

Cov-Compare

Cov-Compare (VLA2001-301) ist eine randomisierte, beobachterverblindete, kontrollierte, vergleichende Immunogenitätsstudie, für die 4.012 Erwachsene und 660 Heranwachsende rekrutiert wurden. Die Studie läuft multizentrisch in 26 Studienzentren im Vereinigten Königreich. 2.972 Teilnehmer:innen ab 30 Jahren wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert. Dabei wählte Valneva deswegen 30 Jahre als Altersgrenze, da die AstraZeneca-Impfung im Vereinigten Königreich auf diese Altersgruppe beschränkt ist und jüngere Proband:innen folglich nicht mit Vaxzevria vergleichend geimpft werden können.

Geimpft wurde zweimal im Abstand von 28 Tagen – entweder zwei intramuskuläre Dosen von VLA2001 (n=1.977) oder AZD1222 (n=995). Für die Immunogenitätsanalysen wurden Proben von 990 Teilnehmern (492 mit VLA2001 geimpfte, 498 mit AZD1222 geimpfte) ausgewertet. Zwei Wochen nach der zweiten Dosis wurde die Immunreaktion bestimmt, wobei als co-primären Endpunkte die Überlegenheit  der neutralisierenden Antikörpertiter von VLA2001 im Vergleich zu AZD1222 sowie die Nicht-Unterlegenheit der Serokonversionsraten neutralisierender Antikörper bei ab 30-jährigen Erwachsenen bestimmt wurden. Die restlichen 1.040 der 4.012 rekrutierten erwachsenen Teilnehmer, die aber unter 30 Jahre alt waren, wurden nicht randomisiert, und alle erhielten zwei Dosen VLA2001, ebenfalls im Abstand von 28 Tagen. Die Sicherheitsdaten der beiden Altersgruppen (Teilnehmer:innen im Alter von 18 bis 29 Jahren und ab 30 Jahren) wertet Valneva parallel aus. Valneva zufolge hat das Unternehmen vor kurzem begonnen, die ersten Jugendlichen in die Studie aufzunehmen.

Keine schweren COVID-19-Erkrankungen

Neben den Laboranalysen hat Valneva auch analysiert, wie oft es zu einer COVID-Erkrankung kommt – Zahlen zu dem explorativen Endpunkt legt das Unternehmen allerdings nicht vor. Nur: „Das Auftreten von COVID-19-Fällen (explorativer Endpunkt) war in beiden Behandlungsgruppen ähnlich“. Und weiter: „Das völlige Ausbleiben schwerer COVID-19-Fälle könnte darauf hindeuten, dass beide in der Studie verwendeten Impfstoffe schwere COVID-19-Fälle verhinderten, die durch die zirkulierende(n) Variante(n) (vorwiegend Delta) verursacht wurden“.

Das Prinzip von VLA2001

VLA2001 unterscheidet sich – hinsichtlich des Impfantigens – von den mRNA- oder Vektorimpfstoffen: Es handelt sich um einen inaktivierten Ganzvirusimpfstoff, Valneva zufolge der einzige, der derzeit in klinischen Phasen gegen COVID-19 geprüft wird. Damit ist das Antigen in VLA2001 keine einzelne konservierte Struktur von SARS-CoV-2, wie das Spikeprotein (rekombinant in Novavax) oder die genetische Information (als mRNA oder integriert in einen Vektor) dafür, sondern das Ganzvirus von SARS-CoV-2, das chemisch inaktiviert wurde und dadurch seine Replikationsfähigkeit verloren hat. VLA2001 wird auf Valnevas etablierter Vero-Zell-Plattform hergestellt, wobei Valneva die Herstellungstechnologie bereits für seinen zugelassenen Impfstoff gegen Japanische Enzephalitis, Ixiaro®, nutzt.

Das doppelte Adjuvans

Als Wirkverstärker setzt Valneva auf ein Adjuvans-Duo aus Alaun und CpG 1018. Dass Valneva gleich zwei Adjuvanzien nutzt, ist präklinischen Experimenten geschuldet, in denen durch die Adjuvanskombination „durchweg höhere Antikörperspiegel“ induziert wurden als bei alleiniger Wirkverstärkung mit dem aluminiumhaltigen Adjuvans. Zudem habe die Adjuvans-Kombination zu einer Verschiebung der Immunantwort in Richtung Th1 geführt – der Gruppe von T-Helferzellen, die für den Schutz vor Infektionen mit Viren (und intrazellulären Bakterien) wichtig sind.

Bei CpG 2018 handelt es sich um ein Adjuvans, das bereits im von der FDA und EMA zugelassenen Hepatitis-B-Impfstoffs Heplisav-B enthalten ist und besonders auf den Toll-Like-Rezeptor (TLR-9) abzielt. CpG ist ein Dinukleotid aus Cytosin und Guanin. Durch diese Adjuvantierung mit CpG ist es dem Robert Koch-Institut zufolge geglückt, auch bei Dialysepatienten oder bei Typ-2-Diabetikern eine allgemein verstärkte Immunantwort auf die Hepatitis-B-Impfung auszulösen sowie das Impfschema von drei auf zwei Impfungen zu verkürzen – was insbesondere bei pandemischen Lagen vorteilhaft ist.

Großbritannien prüft Ganzvirusimpfstoff bereits

Bei der britischen Arzneimittelbehörde MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency) läuft seit August ein Rolling-Review-Verfahren. Nun will Valneva auch die Einreichung der bedingten Zulassung bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) vorbereiten.

Adam Finn, Professor für Pädiatrie an der Universität Bristol und Leiter der Studie, sagte: "Die geringe Reaktogenität und die hohen funktionellen Antikörperreaktionen sowie die breiten T-Zell-Antworten, die mit diesem adjuvantierten inaktivierten Vollvirusimpfstoff beobachtet wurden, sind beeindruckend und äußerst ermutigend. Dies ist ein viel traditionellerer Ansatz für die Impfstoffherstellung als die bisher in Großbritannien, Europa und Nordamerika eingesetzten Impfstoffe, und diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass dieser Impfstoffkandidat auf dem besten Weg ist, eine wichtige Rolle bei der Überwindung der Pandemie zu spielen."



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Adjuvantien

von Michael am 22.10.2021 um 13:44 Uhr

VLA2001 enthält eine Kombination mit zwei Adjuvantien, Alaun und CpG 1018
Quelle:
.https://transkript.de/news/valneva-beantragt-impfstoffzulassung.html

Ist das unbedenklich?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Lipid Nano Partikel & Wirkverstärker in VLA 2001

von MARIA Francis am 21.10.2021 um 13:19 Uhr

Hallo zusammen,
Gibt es im Valneva Impfstoff auch die Lipid Nano Partikel? (welche nicht unumstritten sind, bezg Spätfolgen) Welche Wirkverstärker werden dem Impfstoff von Valneva zugesetzt?Könnte es möglicherweise auch ohne Wirkverstärker gehen?

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Lipid Nano Partikel & Wirkverstä

von Chris am 21.10.2021 um 16:12 Uhr

Zahlreiche Studien haben bestätigt, dass Lipid-Nanopartikel nicht zellschädigend sind und von ihnen keine Gefahr für den menschlichen Körper ausgeht.

Probleme treten bei Nanopartikeln aus körperfremden Materialien wie Metallen oder Glas auf, hier bestehen tatsächlich noch Bedenken hinsichtlich ihrer Sicherheit.

Bei Lipid Nanopartikeln liegt der Fall jedoch anders: Sie bestehen aus körperähnlichen Stoffen und sind zudem schon seit langem Gegenstand der Forschung. Die verwendeten Lipide ähneln unter anderem den Phospholipiden der Zellmembran, auch Cholesterol wird zur Stabilisierung der Lipid-Doppelschicht verwendet. Diese pharmazeutischen Hilfsstoffe gelten als völlig ungefährlich.

AW: Lipid Nano Partikel & Wirkverstä

von Daniel Krüger am 24.10.2021 um 14:22 Uhr

Valneva nutzt als Wirkverstärker Aluminiumhydroxid ( Alaun) Quelle u.a. Wikipedia.
Novavax nutzt einen Wirkverstärker auf Saponinbasis Chinarindenbaum
Deshalb warte ich auf Novavax !

Trägerflüssigkeit

von Martin am 21.10.2021 um 0:01 Uhr

Gibt es bei VLA2001 auch sowas wie eine Trägerflüssigkeit.
Wenn ja von wem kommt sie?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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