Entwurf

Das plant die Ampel für die Apotheken

Berlin - 18.11.2021, 20:45 Uhr

Der DAZ liegt ein aktueller Entwurf der gesundheitspolitischen Passage im möglichen Ampel-Koalitionsvertrag vor. (b/Foto: IMAGO / Winfried Rothermel)

Der DAZ liegt ein aktueller Entwurf der gesundheitspolitischen Passage im möglichen Ampel-Koalitionsvertrag vor. (b/Foto: IMAGO / Winfried Rothermel)


In Sachen Gesundheitspolitik sind die Verhandlungsteams der möglichen zukünftigen Ampel-Koalitionäre ihrem Ziel offenbar schon sehr nahe: In einem Entwurf für den Gesundheitsabschnitt im Koalitionsvertrag halten SPD, Grüne und FDP fest, mehr Geld als bisher geplant für pharmazeutische Dienstleistungen locker machen zu wollen. Zudem soll der Nacht- und Notdienstfonds zu einem „Sicherstellungsfonds“ weiterentwickelt werden. Und: Apotheken sollen auch im Notdienst Medikamente ausliefern.

Lange war es bemerkenswert still um SPD, Grüne und FDP – zumindest aus den Verhandlungen für einen möglichen Koalitionsvertrag drang so gut wie nichts nach außen. Nun jedoch wurde ein Entwurf für den Abschnitt Gesundheit und Pflege bekannt. Möglicherweise ist es auch schon mehr als ein Entwurf – überschrieben ist das Dokument mit „Endfassung“. In dem Papier, das der DAZ vorliegt, geht es auch um Apothekenthemen.

Konkret ist demnach geplant, das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) noch einmal anzufassen und zu überarbeiten. Ziel ist es, die geplanten pharmazeutischen Dienstleistungen „besser zu honorieren und Effizienzgewinne innerhalb des Finanzierungssystems zu nutzen“.  Diese etwas kryptische Formulierung erläutern die Ampel-Partner allerdings nicht näher.

Darüber hinaus wollen SPD, Grüne und FDP den Nacht- und Notdienstfonds zu einem sogenannten „Sicherstellungsfonds“ weiterentwickeln. Zudem soll es nach dem Willen der Partner eine Möglichkeit geben, Notfallbotendienste in der ambulanten Notfallversorgung abzurechnen. Auch „flexiblere Vorgaben in der Apothekenbetriebsordnung“ soll es geben – für Apotheken, die an integrierten Notfallzentren in unterversorgten Gebieten die Arzneimittelversorgung sichern.

Was die Digitalisierung betrifft, hat die Ampel einiges vor: Die Gematik wollen Sozialdemokraten, Grüne und Liberale zu einer Gesundheitsagentur ausbauen und allen Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) zur freiwilligen Nutzung bereitstellen. Statt eines Opt-in-Modells ist ein Opt-out-Konzept vorgesehen, das bedeutet, dass Versicherte der Nutzung aktiv widersprechen müssen. Die Einführung der ePA wollen die möglichen Koalitionäre beschleunigen. Telemedizinische Leistungen, auch zur Arzneimittelversorgung, wollen sie regelhaft ermöglichen.

Bleiben die Abgabeerleichterungen für Arzneimittel?

Auch das Thema Bürokratieabbau im Gesundheitswesen wollen SPD, Grüne und FDP angehen. „Wir durchforsten das SGB V und weitere Normen nach auch durch technischen Fortschritt überholten Dokumentationspflichten“, schreiben sie im Entwurf. „Durch ein Bürokratieabbaupaket bauen wir Hürden für eine gute Versorgung der Patienten ab. Die Belastungen durch Bürokratie und Berichtspflichten jenseits gesetzlicher Regelungen werden kenntlich gemacht.“ Die Apotheken dürfen sich in diesem Zusammenhang möglicherweise Hoffnungen machen, dass auch die Abgabeerleichterungen, die ihnen im Zuge der Pandemie zugebilligt wurden, erhalten bleiben. „Wir verstetigen die Verfahrenserleichterungen, die sich in der Pandemie bewährt haben“, versprechen die Partner.

Die Arzneimittelpreise wollen die Ampel-Koalitionäre ebenfalls anpacken. Vorgesehen ist im Entwurf etwa eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel auf 7 Prozent, das bestehende Preismoratorium soll beibehalten werden. „Das AMNOG entwickeln wir weiter“, heißt es zudem. „Wir stärken die Möglichkeiten der Krankenkassen zur Begrenzung der Arzneimittelpreise. Der verhandelte Erstattungspreis gilt ab dem 7. Monat nach Markteintritt.“ Der Herstellerrabatt auf patentgeschützte Arzneimittel soll zudem wieder auf 16 Prozent steigen.

Wie von vielen erwartet, planen SPD, Grüne und FDP darüber hinaus, die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften zu gestatten. „Dadurch wird die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet“, so die Hoffnung. „Das Gesetz evaluieren wir nach vier Jahren auf gesellschaftliche Auswirkungen.“ Die Apotheken werden in diesem Kontext nicht genannt, sie könnten aber in einem anderen Zusammenhang ins Spiel kommen: Im Entwurf vorgesehen ist, Modelle zum Drugchecking zu ermöglichen. Nach den Vorstellungen der Grünen, deren Handschrift der Entwurf an vielen Stellen trägt, könnte den Apotheken hierbei eine Schlüsselrolle zufallen.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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