Wettbewerbszentrale vs. DrAnsay

Landgericht untersagt Online-Testzertifikate ohne Arztkontakt

Berlin - 14.12.2021, 16:45 Uhr

Das Landgericht Hamburg untersagt dem Unternehmen ohne mündliche Verhandlung vorläufig, für die Ausstellung von Selbsttestzertifikaten zu werben oder Testzertifikate auszustellen, sofern der Test nicht von dem ausstellenden Arzt oder der Ärztin vorgenommen und überwacht wird. (b/Foto: IMAGO / Michael Weber)

Das Landgericht Hamburg untersagt dem Unternehmen ohne mündliche Verhandlung vorläufig, für die Ausstellung von Selbsttestzertifikaten zu werben oder Testzertifikate auszustellen, sofern der Test nicht von dem ausstellenden Arzt oder der Ärztin vorgenommen und überwacht wird. (b/Foto: IMAGO / Michael Weber)


DrAnsay.com stellt nicht nur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen online aus, sondern bietet seit einem guten Monat auch kostenlose „Online-Bürgertests“. Sowohl die AU als auch das Testzertifikat, das die Tür in die 3G-Welt öffnen soll, gibt es ganz ohne Arztkontakt. Nun hat die Wettbewerbszentrale eine einstweilige Verfügung erwirkt: DrAnsay darf vorerst nicht mit seinem speziellen „Bürgertest“-Angebot werben. Rechtskräftig ist die Entscheidung aber noch nicht.

Seit deutschlandweit 3G am Arbeitsplatz sowie Bus und Bahn gilt und die Bürgertests ihr Comeback gefeiert haben, freuen sich Online-Anbieter für Bürgertests großer Beliebtheit. So auch DrAnsay, ein Hamburger Start-up, das 2019 mit online erstellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) den Markt aufmischte. 

Seit Mitte November wirbt die Plattform auch mit der Ausstellung von Genesenen- und Testzertifikaten: Für ersteres muss ein positiver PCR-Test vorgezeigt werden, der mindestens einen Monat und höchstens sechs Monate alt ist. Dann füllt der Kunde auf www.DrAnsay.com einen Fragebogen aus und erhält „nach 5 Minuten das Zertifikat von Online Ärzten als PDF-Datei“. So läuft es auch bei den Testzertifikaten: Kunden machen den Schnelltest selbst zu Hause, übermitteln per Foto das Ergebnis, füllen einen Online-Fragebogen aus – und fünf Minuten später gibt es das Zertifikat. „Nur mit unserer smarten Lösung für Genesenen- und Selbsttest-Zertifikate sind die neuen 3G, 2G sowie 2G+ Regeln sicher, praktisch und ab sofort für Millionen Bürger zu erfüllen“, jubelte das Unternehmen am 19. November in einer Pressemitteilung. Firmengründer Dr. jur. Can Ansay stellt auch ein Rechtsgutachten auf der Webseite bereit, das zeigen soll, dass das Angebot alle rechtlichen Anforderungen erfüllt. Denn daran kann man durchaus zweifeln.

Kein Interesse am Testergebnis?

So erhielt die Wettbewerbszentrale etliche Beschwerden und Anfragen zu diesem Angebot. Dort machte man selbst den Test: Probeweise wurde ein Testzertifikat bestellt. „Dabei wurde das mitgeteilte Testergebnis nicht kontrolliert oder angefordert“, so die Wettbewerbszentrale. Trotzdem habe eine Ärztin das Testzertifikat für das Ergebnis eines Selbsttests ausgestellt – ganz ohne Kontakt zur bestellenden Person. Das hielt die Ärztin aber nicht davon ab, zu bestätigten, dass die in dem Zertifikat genannte Person keine Symptome habe und nicht mit dem Coronavirus infiziert sei, da sie einen negativen Antigen-Test gemacht habe „unter meiner fachärztlichen Überwachung meiner Arztpraxis …“.

Die Wettbewerbszentrale fand: Die Werbung von DrAnsay ist irreführend. Es werde der unzutreffende Eindruck erweckt, es handele sich um ein rechtswirksames Testzertifikat, das überall dort, wo Testnachweise notwendig sind, vorgelegt werden könne. Aber: Die Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung sieht für einen gültigen Testnachweis vor, dass dieser von einem Leistungserbringer vorgenommen oder überwacht wurde. Werde der Nachweis ganz ohne Arztkontakt ausgestellt, entspreche dies nicht den Vorgaben der Verordnung. Zudem seien die Angaben auch inhaltlich unzutreffend, weil der Test weder in einer Arztpraxis noch unter fachärztlicher Aufsicht durchgeführt worden sei.

AU ohne Arztkontakt: Verstoß gegen Werbeverbot für Fernbehandlungen

Die Wettbewerbszentrale mahnte DrAnsay zunächst ab. Als dies erfolglos blieb – Jurist Ansay bleibt von „seinem“ Rechtsgutachten überzeugt –, beantragte sie eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Hamburg. Nun hat das Gericht dem Unternehmen ohne mündliche Verhandlung vorläufig untersagt, für die Ausstellung von Selbsttestzertifikaten zu werben oder Testzertifikate auszustellen, sofern der Test nicht von dem ausstellenden Arzt oder der Ärztin vorgenommen und überwacht wird. Gegen den Beschluss kann DrAnsay noch Rechtsmittel einlegen. Sein Online-Angebot hat DrAnsay bislang nicht umgestellt.

In einem anderen Verfahren, das die Wettbewerbszentrale gegen DrAnsay wegen seiner Werbung für digitale Krankschreibungen ohne Arztkontakt führt, musste das Hamburger Unternehmen ebenfalls schon eine Schlappe hinnehmen: Das Landgericht hatte die Werbung hierfür bereits im Oktober untersagt. Mittlerweile hat das Oberlandesgericht Hamburg die Berufung des Start-ups zurückgewiesen. Hier geht es um einen Verstoß gegen das Werbeverbot für Fernbehandlungen (§ 9 Heilmittelwerbegesetz). Die Krankschreibungen gibt es ebenfalls nach dem Ausfüllen eines Online-Fragebogens, auf dem unter anderem Symptome und die Dauer der gewünschten Krankschreibung anzukreuzen sind. Ein „Privatarzt“ stellte dann die Bescheinigung aus.

Laut Wettbewerbszentrale befanden die Richter des Oberlandesgerichts, dass dieses AU-Modell nicht den ärztlichen fachlichen Standards entspricht. Deshalb dürfe dafür auch nicht geworben werden. Eine Ausnahme vom grundsätzlichen Werbeverbot für Fernbehandlungen ist nämlich nur anzunehmen, „wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.“ Irreführend waren aus Sicht des Gerichts auch Aussagen wie „100 % Akzeptanz bei Arbeitgebern und Krankenkassen“. Eine ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wie sie für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall notwendig sei, liege gerade nicht vor.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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6 Kommentare

Verbraucherzentrale leider anscheinend geistig minderbemittelt

von TRex am 07.01.2022 um 14:29 Uhr

Ja, man kann ein Zertifikat erhalten, ohne den Test gemacht zu haben. Leider zeigt dieser "Gegenbeweis", wie kurzsichtig und primitiv die VZ gehandelt hat.

Denn wie auf den ersten Blick zu erkennen ist, gilt dieses Online-Zertifikat nur...

- mit einem Vorher-Foto der Testkassette mit EINGERITZTEM DATUM UND INITIALEN
- mit einem Nachher-Foto der Testkassette mit IDENTISCHEN EINGERITZTEM DATUM UND INITIALEN
- der TESTKASSETTE SELBST, die NEGATIV anzeigen muss


Egal, ob man für oder gegen die Online-Praxis ist, das ist ein amateurhafter Fehler, der zeigt, das nicht einmal 2 Minuten Denkzeit in diesen "Verbrauchertest" eingeflossen sind. Sie haben nicht bewiesen, dass jeder so ohne Test durchkommt. Sie haben nur bewiesen, dass sie zu geistig minderbemittelt sind, die Anweisungen auch nur zu überfliegen.

Ich selbst habe die Online-Tests damals gemacht, und mir dabei sehr viel mehr Mühe gegeben, als im Testzentrum, wo "überwacht" wurde (mit anderen Worten, es war ein "Überwacher" im Raum, der aber bei ca. 10 gleichzeitig testenden Menschen ohnehin nicht auf jeden achten konnte), und das übrigens auch nicht mal von einem Arzt... So voll, dass man schnell raus möchte, auch wenn dadurch die Testzeit zu kurz kommt. Also so ganz konsistent ist die Argumentation der Verbraucherzentrale auch nicht, doch wie gesagt: der größte Faux pas war hier definitiv die Tatsache, dass sie denken, etwas nachgewiesen zu haben, was sie nicht nachgewiesen haben. Wer sich nur ein Zertifikat herunterlädt hat KEIN GÜLTIGES Zertifikat, solange nicht Vorher- und Nachher-Foto und die Kassette selbst mitgeführt werden (und der Ausweis natürlich). Klar, da ist immer noch Spielraum für fauled Spiel, aber den gibt es auch bei "überwachten" Testzentren im echten Leben.

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Fortschritt

von ratatoske am 20.12.2021 um 14:24 Uhr

Nie mehr Angst nach durchgezechter Nacht, einfach eine Digibude angepingt und gut isses, das ist der Fortschritt, 10 Packungen Schlafmittel, etc. etc.
Dafür werden die vorigen Politiker und Ministerialen schon die nötigen Pluspunkte gutgeschrieben.
Seriös ist anders, aber wohl zu altmodisch.

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Dr. ANSAY Online Test

von Hella-Maria Schier am 18.12.2021 um 14:20 Uhr

Es soll halt Druck gemacht werden, sich impfen zu lassen. Und daher sind einfache Lösungen nicht gefragt. - Bei Anso fotigrafiert man das mit Namen und Datum selbst beschriftete Testkit v o r und n a c h der Anwendung. Tag und Uhrzeit werden dabei unter " Details" gespeichert und können überprüft werden. Die handschriftliche Beschriftung ist nicht so leicht identisch auszuführen, so dass einigermaßen gewährleistet ist, dass es beide Mal das selbe Testkit ist. Dieses wird selbst auch bei der Kontrolle vorhelegt, sowie beide Fotos dem Kontrolleur gezeigt. Anderenfalls g i l t das Zertifikar von Dr. Ansay nicht..

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Urteil

von Frank Berger am 18.12.2021 um 13:51 Uhr

Prima, dass diesen meiner Meinung nach unseriösen, wenn nicht gar kriminellen, Machenschaften ein Riegel vorgeschoben würde.

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Wettbewerb

von Rudolf Kautz am 17.12.2021 um 16:04 Uhr

Wo sitzr in den "staatlichen" Testbuden ein Arzt? Es geht offensichtlich nur darum Druck auf die Menschen auszuüben damit sie sich impfen und zum 100sten Mal booster lassen

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Abrechnung

von Jan Kusterer am 14.12.2021 um 20:20 Uhr

Und noch immer frage ich mich wie diese Zertifikatserstellung abgerechnet worden ist. DrAnsay spricht von 15000 Nutzern pro Tag. Vor der potentiellen Wertschöpfung wird jede Institution etc. die im Frühjahr/Sommer Schmuh gemacht echt blass vor Neid. Und ganz ohne Stress beim Testeinkauf.

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