Auf eigenes Risiko

Biontech hat mit Vorproduktion von Omikron-Impfstoff begonnen

Stuttgart - 12.01.2022, 16:00 Uhr

Aktuell sei die Pandemie-Situation weiter unklar und daher nicht vorhersehbar, welche Virusvariante als nächste auftauche. „Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass ein Omikron-Impfstoff auch die Immunreaktionen gegen alle existierenden Varianten verstärkt“, sagte Biontech-Chef Sahin. (Foto: Photocreo Bednarek / AdobeStock)

Aktuell sei die Pandemie-Situation weiter unklar und daher nicht vorhersehbar, welche Virusvariante als nächste auftauche. „Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass ein Omikron-Impfstoff auch die Immunreaktionen gegen alle existierenden Varianten verstärkt“, sagte Biontech-Chef Sahin. (Foto: Photocreo Bednarek / AdobeStock)


Bereits im November 2021 wurde bekannt, dass Biontech und Pfizer an einer Impfstoff-Anpassung gegen Omikron arbeiten. Doch mittlerweile wissen wir, dass die Dreifach-Impfung bislang recht gut gegen Omikron schützt. Braucht es also noch einen angepassten mRNA-Impfstoff gegen Omikron und eine vierte Dosis? Das Bundesgesundheitsministerium hat indessen weitere 5 Millionen Dosen Comirnaty organisiert, die ab Ende Januar zur Verfügung stehen sollen. 

Im Dezember 2021 hieß es von Biontech, dass man ab März 2022 in der Lage sein werde, einen angepassten Impfstoff kommerziell herzustellen, sollte dies nötig sein. Jetzt meldet die Nachrichtenagentur dpa, dass das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech und sein US-Partner Pfizer bereits mit der Produktion eines an die Omikron-Variante angepassten Corona-Impfstoffs für eine spätere kommerzielle Nutzung begonnen haben. Das teilte Biontech-Chef Ugur Sahin am Dienstag auf einer Gesundheitskonferenz der US-Bank J.P. Morgan mit.

Ende Januar werde eine klinische Studie zu dem Impfstoff beginnen. Sahin sagte aber auch: „Wir gehen davon aus, dass wir bis März für eine Belieferung des Marktes bereit sind, wenn die behördlichen Genehmigungen vorliegen.“

Entscheidung der EMA zu Omikron-Impfstoff steht noch aus

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat bislang noch nicht erklärt, ob sie einen an Omikron angepassten Impfstoff mit einer anderen Zusammensetzung als bei dem derzeit verwendeten Vakzin für notwendig hält. Pfizer-Konzernchef Albert Bourla sagte, das Unternehmen habe auf eigenes Risiko mit der Produktion des angepassten Impfstoffs begonnen. Er wisse nicht, ob das Mittel gebraucht werde oder wie es verwendet werde. „Aber wir werden bereit sein“, sagte Bourla am vergangenen Montag. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte am Dienstag, man erwarte bis Ende März oder Anfang April etwa 50 Millionen bis 100 Millionen Dosen des neuen Impfstoffs vorproduziert zu haben.

Moderna: drei bestehende COVID-19-Auffrischungskandidaten

Neuer variantenspezifischer Impfstoff gegen Omikron ab Anfang 2022?

Die derzeit verwendeten Coronavirus-Impfstoffe verschiedener Hersteller wurden ursprünglich gegen den sogenannten Wildtyp von SARS-CoV-2 entwickelt, der Ende 2019 zuerst in China entdeckt worden war. Während die seit dem Jahreswechsel 2020/2021 eingesetzten Mittel aber auch gegen später virulente Mutanten wie Alpha oder Delta ihre Wirkung zeigten, könnte es bei Omikron anders aussehen.

Omikron-Impfstoff soll Immunreaktionen gegen alle Varianten verstärken

Für das Jahr 2022 gehen Biontech und Pfizer von einer Produktionskapazität von bis zu vier Milliarden Impfstoff-Dosen weltweit aus. „Wir erwarten, dass auch im Jahr 2022 eine starke Nachfrage nach unserem Impfstoff besteht“, sagte Sahin in seinem Online-Auftritt.

Aktuell sei die Pandemie-Situation weiter unklar und so sei nicht vorhersehbar, welche Virusvariante als nächste auftauche. „Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass ein Omikron-Impfstoff auch die Immunreaktionen gegen alle existierenden Varianten verstärkt“, sagte Sahin.

Nach Einschätzung von Biontech ist es noch ein weiter Weg von der pandemischen zu einer endemischen Entwicklung, also zu einer weniger gravierenden Lage als derzeit. Sichere Vorhersagen seien nicht möglich, erklärte Sahin. So habe das Coronavirus aufgrund seiner Verbreitung in der ganzen Welt ein riesiges Reservoir für neue Varianten, die sich schnell ausbreiten könnten.

Im vergangenen Jahr haben Biontech und Pfizer den Angaben zufolge weltweit rund drei Milliarden Impfstoff-Dosen hergestellt. Der Marktanteil wurde für Dezember 2021 auf 80 Prozent in Europa und 74 Prozent in den USA geschätzt. Für das Geschäftsjahr 2022 schätzt Biontech den Umsatz allein durch den Corona-Impfstoff auf 13 bis 17 Milliarden Euro, für das Geschäftsjahr 2021 auf 16 bis 17 Milliarden. Diese Summe entspricht der Anfang November vorgelegten Umsatzprognose für 2021. Die Zahlen für das vierte Quartal liegen noch nicht vor.

Bund beschafft weitere fünf Millionen Biontech-Impfdosen

Das Bundesgesundheitsministerium hat währenddessen weitere fünf Millionen Dosen des Impfstoffs von Biontech für die angestrebte Beschleunigung der Corona-Impfungen in Deutschland organisiert. Sie sollen ab der Woche vom 24. Januar zur Verfügung stehen, wie es am gestrigen Dienstagabend aus dem Ministerium hieß. Gekauft werden die Dosen aus einem EU-Kontingent Rumäniens, das sie derzeit nicht benötigt.

Insgesamt sollen damit in den drei Wochen vom 17. Januar, 24. Januar und 31. Januar rund 32 Millionen Impfdosen zur Verfügung stehen, wie es weiter hieß – zwölf Millionen von Biontech und 20 Millionen des Mittels von Moderna. Damit könne in den nächsten drei Wochen auch allen eine Booster-Impfung ermöglicht werden, die es wollten.

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Die Bundesregierung hatte als Ziel ausgegeben, bis Ende Januar insgesamt weitere 30 Millionen Impfungen zu erreichen.

Bietet Omikron Chance auf endemische Lage?

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO), Thomas Mertens, hält auch nach Zulassung von neuen COVID-Medikamenten Impfungen weiter für nötig. „Medikamente zur Behandlung und Impfung zur Prophylaxe sind voneinander unabhängig dringend notwendig und wichtig“, betonte er im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“ (Mittwoch). Die Bundesregierung hat beim US-Pharmakonzern Pfizer eine Million Packungen des COVID-Medikaments Paxlovid bestellt. Mertens ist zuversichtlich, dass weitere Corona-Medikamente folgen werden.

Dem STIKO-Chef zufolge müssten Ärzte bei dem neuen Medikament aber unbedingt darauf achten, dass ein Patient keine anderen Arzneimittel einnimmt, bei denen durch den Wirkstoff Ritonavir unerwünschte Nebenwirkungen auftreten könnten. Die EU-Arzneimittelbehörde EMA prüft die Marktzulassung des Medikaments gegen COVID-19 des Herstellers Pfizer. Der US-Pharmakonzern habe den entsprechenden Zulassungsantrag gestellt, teilte die EMA am Montag in Amsterdam mit. Das Medikament Paxlovid soll bei Patienten ab zwölf Jahren eine schwere Erkrankung nach einer Corona-Infektion verhindern.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt unter Berufung auf eine Hochrechnung davor, dass sich in zwei Monaten schon über die Hälfte der Menschen in Europa mit Omikron infiziert haben könnten. Omikron stelle eine Flutwelle dar, die von West nach Ost über die europäische Region hinwegfege und zu dem Anstieg der Delta-Zahlen hinzukomme, den die Länder bis Ende 2021 erlebt hätten, sagte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge am Dienstag auf einer Online-Pressekonferenz in Kopenhagen. Omikron werde schnell zur dominanten Variante in Westeuropa und verbreite sich nun auch auf dem Balkan, sagte Kluge. Angesichts des aktuellen Ausbreitungstempos prognostiziere das Forschungsinstitut IHME anhand von Modellrechnungen, dass sich mehr als 50 Prozent der Bevölkerung in der Region in den nächsten sechs bis acht Wochen mit Omikron infiziert haben könnten.

Die EU-Arzneimittelbehörde EMA hält es währenddessen für möglich, dass die rasante Ausbreitung der Omikron-Variante zu einer endemischen Lage führen könnte. Omikron könne wie ein „natürlicher Booster“ wirken, sagte Marco Cavaleri, Leiter der EMA-Abteilung biologische Gesundheitsbedrohungen und Impfstrategien, am Dienstag auf einer Online-Pressekonferenz in Amsterdam. „Wenn viele Menschen eine starke Immunität haben, könnte das der Weg zur Endemie sein.“



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