Berufsjahre, Gültigkeit etc.

Fragen & Antworten zum neuen Gehaltstarif

Stuttgart - 13.01.2022, 16:45 Uhr

Die Löhne in Apotheken steigen 2022: Doch gilt der neue Gehaltstarif für alle? (Foto: senadesign /AdobeStock)

Die Löhne in Apotheken steigen 2022: Doch gilt der neue Gehaltstarif für alle? (Foto: senadesign /AdobeStock)


Rückwirkend zum 1. Januar gilt ein neuer Gehaltstarif für Apothekenmitarbeiter. Der Arbeitgeberverband ADA und die Apothekengewerkschaft Adexa haben sich Anfang Januar darauf geeinigt. Doch für wen gilt der eigentlich? Und wie berechnen sich die Berufsjahre? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten. 

„Mein Apothekenleiter möchte uns die Erhöhung nicht bezahlen. Ist er dazu nicht verpflichtet?“

Der neue Tarifvertrag ist für den Arbeitgeber nur dann verpflichtend, wenn sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber Mitglied ihrer jeweiligen Tariforganisation sind. Sie als Angestellte einer öffentlichen Apotheke müssen also Mitglied bei der Apothekengewerkschaft Adexa sein, Ihr Arbeitgeber Mitglied im Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA). Letztere Bedingung erfüllen fast 90 Prozent der Apothekenleiterinnen und -leiter, weil sie durch ihre Mitgliedschaft im Landesapothekerverband automatisch auch Mitglied im Arbeitgeberverband sind. Die Mitgliedschaft im Landesapothekerverband ist jedoch freiwillig.

„Bekommt man die Erhöhung auch, wenn man kein Adexa-Mitglied ist?“

Wie oben beschrieben hat Anspruch auf ein tarifliches Gehalt, wer Mitglied der Arbeitnehmervertretung (Adexa) ist und wenn gleichzeitig der Arbeitgeber im ADA Mitglied ist. 

Außerdem haben Angestellte Anspruch auf die Erhöhung, bei denen eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag verankert ist, die lautet, dass der jeweils gültige Tarifvertrag gilt (oder „gilt der jeweils gültige Tarifvertrag zuzüglich xy Prozent“).  

Formulierungen wie „angelehnt an den jeweils gültigen Tarifvertrag“ oder „orientiert sich am …“ sind hingegen schwierig zu beurteilen und sollten durch einen Arbeitsrechtler überprüft werden. 

Keinen Anspruch aus dem Arbeitsvertrag haben Angestellte, bei denen ein genauer Betrag genannt wird (z. B. „Das Gehalt beträgt 2.500 Euro brutto“). Außerdem darf kein Zusatz enthalten sein, dass zukünftige Erhöhungen des Tarifgehalts auf die übertarifliche Zulage angerechnet werden können. Auch dies würde bedeuten, dass Ihr übertariflicher Gehaltsanteil abschmilzt. Sie hätten erst wieder Anspruch auf eine Gehaltserhöhung, wenn das Tarifgehalt höher ist als der übertarifliche Betrag, der in Ihrem Arbeitsvertrag vereinbart ist. 

 

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„Woher weiß ich, in welchem Berufsjahr ich mich befinde, wenn ich zwischenzeitlich in Elternzeit war?“

Die Berechnung der Berufsjahre beginnt mit dem Ersten des Monats, der auf die Erteilung der Berufserlaubnis folgt. Einfach ist die weitere Berechnung dann, wenn man immer mindestens 20 Stunden wöchentlich in einer öffentlichen Apotheke arbeitet. Dann wird jedes Jahr angerechnet. Bei Unterbrechungen kommt es darauf an, warum diese erfolgen.

Unterbrechungen wegen Elternzeit wirken sich nicht im vollen Umfang aus. Hier werden je Kind zwölf Monate, höchstens insgesamt 24 Monate angerechnet. Die Zeiten der gesetzlichen oder individuellen Beschäftigungsverbote im Zusammenhang mit dem Mutterschutz zählen zu den Berufsjahren. 

Aber auch dann, wenn man weniger als 20 Stunden in der Woche arbeitet, wird dies, dann allerdings nur anteilig, auf die Berufsjahre angerechnet. Hier muss man seine individuelle Arbeitszeit ins Verhältnis zur tarifvertraglichen Vollzeit (40 Stunden) setzen – oder als Adexa-Mitglied die Rechtsberatung mit der konkreten Berechnung beauftragen. 

Was gilt in Sachsen und Nordrhein sowie für Praktikanten?

„Ist die Erhöhung für eine 40-Stunden-Woche berechnet?“

Die Erhöhung von 200,00 Euro brutto bzw. 225,00 Euro brutto (nur PKA) bezieht sich auf eine Vollzeittätigkeit von 40 Wochenstunden. Werden weniger Stunden gearbeitet, gibt es einen anteiligen Anspruch je nach Stundenzahl.

„Warum ist der Kammerbezirk Nordrhein ausgeschlossen?“

Der neue Tarifvertrag wurde zwischen dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) und der Apothekengewerkschaft Adexa ausgehandelt. Für den Kammerbezirk Nordrhein besteht ein eigener Tarifvertrag zwischen Adexa und der Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL-Nordrhein). Dieser ist von den aktuellen Änderungen nicht betroffen. Gegenüber PTAheute äußerten Vertreter der Apothekengewerkschaft Adexa jedoch, dass auch hier Verhandlungen liefen. 

„Warum hat Sachsen keinen Tarifvertrag?“

Seit über 20 Jahren gibt es für die Apothekenangestellten in Sachsen keinen unmittelbar geltenden Tarifvertrag, der die Rechte und Pflichten der Parteien im Arbeitsverhältnis verbindlich regelt. Dies soll sich in Zukunft wieder ändern. 

Die Tarifkommission des Sächsischen Apothekerverbandes e. V. (SAV) und die Apothekengewerkschaft Adexa haben bereits 2019 Verhandlungen zu einem möglichen Tarifvertrag aufgenommen. Wegen der umfangreichen Inhalte eines Rahmen- und Gehaltstarifvertrages ist es bislang noch nicht zu einem Tarifabschluss gekommen. 

Aber auch für Sachsen liefen derzeit Verhandlungen zu einem eigenen Tarifvertrag, so die Apothekengewerkschaft gegenüber PTAheute.

„Gilt die Erhöhung auch für Pharmazie-Praktikanten?“

Auch PhiP profitieren vom neuen Gehaltstarif. Voraussetzung dafür sind aber auch hier die Mitgliedschaften beider Parteien in den jeweiligen Verbänden bzw. der Arbeitnehmervertretung oder eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag. 

Grundsätzlich gelten für Auszubildende und Praktikanten jedoch andere Regeln – vor allem hinsichtlich des Mindestlohns. Seit 2020 gibt es einen Azubi-Mindestlohn. Dieser erhöht sich entsprechend den Vorgaben des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) jährlich. 

PhiP erhalten seit dem 1. Januar 2022 1.010 Euro brutto, ab dem 1. Januar 2023 sind es 1.040 Euro.

„Gilt das auch, wenn ich meinen Ausbildungsvertrag vor dem 1. Januar 2022 unterschrieben habe?“

Auch hier kommt es maßgeblich auf die Mitgliedschaften von Arbeitnehmer und Arbeitgeber bzw. die Formulierung im Arbeitsvertrag an. Sind Sie Mitglied bei Adexa und der Arbeitgeber beim Arbeitgeberverband ADA, gilt die Tarifbindung. Andernfalls sollte die Formulierung „dass der jeweils gültige Tarifvertrag gilt ...“ enthalten sein, um von der Gehaltserhöhung zu profitieren.

„Wie wird die Gehaltserhöhung finanziert?“

Die Lohnkosten müssen die Apotheken selbst tragen. Öffentliche Mittel gibt es hierfür keine.

 



Cornelia Neth, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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