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Deutsche Diabetes Gesellschaft zweifelt an US-Studie
Erhöht COVID-19 das Risiko für Diabetes?
Der Verdacht besteht schon länger: COVID-19 könnte die Entstehung von Diabetes mellitus fördern. Eine neue Studie aus den USA soll nun zeigen, dass junge Patienten mit COVID-19 häufiger an Diabetes erkranken als Gleichaltrige, die sich nicht mit dem Coronavirus angesteckt haben. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft weist jedoch auf „gravierende methodische Schwächen der Studie“ hin.
Stoffwechselerkrankungen, einschließlich Adipositas mit Body Mass Index (BMI) >30 kg/m2 und Diabetes mellitus, zählen zu den Grunderkrankungen, mit denen Menschen ein erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf haben. Doch könnten COVID-19 und Diabetes nicht nur dadurch verbunden sein, dass Diabetes-Patient:innen das Risiko tragen, schwer an COVID-19 zu erkranken – sondern könnte Diabetes infolge einer Corona-Infektion erst entstehen? Schon früh in der Corona-Pandemie haben sich Forscher:innen auf den Weg begeben, Antworten auf diese Frage zu finden.
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Dass grundsätzlich ein Zusammenhang bestehen könnte, erscheint dabei zunächst plausibel. Auf dem Diabetes-Informationsportal diabinfo.de heißt es beispielsweise unter der Überschrift „Diabetes durch Infektionen“ (Stand: 6. Dezember 2019): „Studien zeigen, dass einige Infektionen den Blutzucker stark beeinflussen und das Risiko für eine Diabetes-Erkrankung erhöhen. Einige Infektionen wurden mit den Ursachen von Typ-1-Diabetes in Verbindung gebracht. Ein Beispiel sind Atemwegsinfektionen in den ersten sechs Monaten eines Neugeborenen. Die häufig vorkommende Parodontitis, eine Entzündung des Kieferknochens, kann hingegen mit einem Typ-2-Diabetes assoziiert sein.“
Ein Bericht der US-Gesundheitsbehörde CDC vom 14. Januar 2022 erscheint in diesem Zusammenhang nun zunächst alarmierend. Denn er besagt, dass junge Patientinnen und Patienten mit COVID-19 häufiger an Diabetes erkranken als Gleichaltrige, die sich nicht mit dem Coronavirus angesteckt haben. Wie die DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft) in einer Pressemitteilung vom 26. Januar einordnet, griff die US-amerikanische amerikanische Behörde für die Analyse auf Daten von mehr als 500.000 versicherten US-Patient:innen zurück, mithilfe von zwei verschiedenen Gesundheitsdatenbanken.
Zwei Datenbanken, zwei Ergebnisse
Wie die DDG erklärt, fiel das Ergebnis entsprechend divers aus: „Einmal errechneten die Autoren ein um 166 Prozent erhöhtes Diabetesrisiko, aus der anderen Datenbank ergab sich ein um 31 Prozent erhöhtes Risiko.“ Darüber hinaus gebe es weitere methodische Mängel, welche die Validität der Untersuchung infrage stellten, erklärt DDG Präsident Professor Andreas Neu in der Mitteilung. So werde in der Arbeit nicht zwischen Diabetes Typ 1 und Typ 2 unterschieden. Dass SARS-CoV-2 einen Diabetes Typ 1 auslösen kann, sei grundsätzlich denkbar. Bestehe bereits eine Veranlagung für diese Stoffwechselerkrankung, könne ein Infekt diese triggern und auslösen, heißt es. „Dass dies jedoch innerhalb von 30 Tagen stattfindet, wie die Studie zeigen will, ist sehr unwahrscheinlich. Wir sprechen hier von einer mittel- oder langfristigen Entstehung dieses Krankheitsbildes“, ergänzt DDG-Mediensprecher Professor Baptist Gallwitz. Die Untersuchung vernachlässige außerdem die ethnische Zugehörigkeit, das Körpergewicht und einen möglicherweise bestehenden Prädiabetes, ein Vorstadium des Diabetes Typ 2. Daten aus den USA ließen sich auch nicht einfach auf hiesige Verhältnisse übertragen.
Überdies wird ein weiterer konkreter Kritikpunkt genannt: Die absoluten Fallzahlen in der Studie seien zu gering. „Dass acht von 10.000 Kindern nach einer COVID-19-Infektion und drei von 10.000 Kindern ohne vorherige Infektion einen Diabetes bekommen, ist kein großer Unterschied“, so Gallwitz. Diese Datenlage sei aus Sicht der DDG kein Grund, Handlungskonsequenzen daraus abzuleiten oder sich gar über die derzeitige Situation hinaus Sorgen zu machen.
Europäische Studie mit ähnlicher Tendenz
Allerdings wird in der Pressemitteilung auch auf eine neue europäische Studie im Journal „Diabetes Care“ hingewiesen. Bereits zu Beginn der Pandemie hätten die Autor:innen auf Grundlage eines Diabetesregisters aus dem deutschsprachigen Raum (DPV-Register) untersucht, ob Kinder und Jugendliche in der Pandemie ein erhöhtes Risiko für einen Diabetes Typ 1 haben. Zunächst sei kein signifikanter Unterschied festgestellt worden. Die Auswertung jetzt nach zwei Jahren Pandemie zeige jedoch eine deutliche Zunahme der Inzidenz.
Jedoch erachten die Autor:innen der Studie sowie die DDG diese Zunahme eher als einen indirekten Effekt. Es müssten noch weitere Langzeitstudien mit verlässlichen Daten durchgeführt werden, um über kausale Zusammenhänge sprechen zu können. Das DPV-Register biete dafür eine solide und umfangreiche Basis, ein von der DDG seit Jahren gefordertes Nationales Diabetesregister sowie die elektronische Diabetes Akte (eDA) würden künftige Auswertungen aber deutlich verbessern und erleichtern, heißt es in der Mitteilung.
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