Bundestagsdebatte

Viele Fragezeichen rund um die COVID-19-Impfpflicht

Berlin - 27.01.2022, 16:30 Uhr

Im Bundestag wurde über die Impfpflicht diskutiert, draußen gab es Proteste gegen eine solche. (Foto: IMAGO / A. Friedrichs)

Im Bundestag wurde über die Impfpflicht diskutiert, draußen gab es Proteste gegen eine solche. (Foto: IMAGO / A. Friedrichs)


Von Aufklärungspflichten und anderen milderen Mitteln

Der Linke-Abgeordnete Gregor Gysi warnte dagegen vor einer Vertiefung der Spaltung der Gesellschaft. „Weil Impfen wichtig ist, müssen wir einen anderen Weg gehen: Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung!“ Statt einer Impfpflicht benötige man deutlich mehr Vertrauen. „Sonst wird die Demokratie immer mehr Schaden nehmen.“ Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Kathrin Vogler, erklärte hingegen, dass eine Impfpflicht zwar nur Ultima Ratio sein könne – aber als solche sei sie aus ihrer Sicht nicht nur verfassungsgemäß, sondern sogar „zwingend geboten, um andere Rechtsgüter zu schützen“.

Wolfgang Kubicki bekannte sich auch als Gegner der Impfpflicht ausdrücklich zum Impfen. „Es gibt gute Gründe für eine Impfung, die für eine Impfpflicht überzeugen mich nicht“, sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende. Weder drohe ein Kollaps des Gesundheitssystems, noch könne eine Impfpflicht etwas zur Bewältigung der Omikron-Welle betragen. Es gehe bei der Debatte im Kern auch um den Minderheitenschutz, der durch eine Impfpflicht berührt werde. „Ich möchte jedenfalls nicht, dass die Mehrheit für die Minderheit festlegt, was man als vernünftig anzusehen hat, und was man nach Mehrheitsmeinung tun muss, um solidarisch zu sein.“

Können Arzneimittel die Diskussion überflüssig machen?

Bundesjustizminister Marco Buschmann plädierte dafür, vor einer Entscheidung über eine allgemeine Impfpflicht zunächst alle milderen Alternativen zu prüfen. „Ich traue mir da heute keine abschließende Meinung zu“, sagte der FDP-Abgeordnete. Es sei auch denkbar, dass sich die Frage durch wirksame Medikamente erledige.

Der FDP-Politiker und Arzt Andrew Ullmann plädierte dagegen für mehr Aufklärung. „Ein verpflichtendes professionelles und persönliches Beratungsgespräch für alle ungeimpften Erwachsenen in Deutschland ist notwendig.“ Sollte das nicht reichen, um die Impfquote zu erhöhen, müsse ein weiterer Schritt kommen: Zum Beispiel die Impfpflicht ab 50 Jahren – dies sei ein milderer Eingriff als eine allgemeine Impfpflicht.

Lauterbach: Jetzt für den Herbst handeln

Minister Lauterbach, der erst zum Ende der dreistündigen Debatte vors Rednerpult trat, warb sodann wieder eindringlich für das Impfen ab 18 Jahren und warnte davor, die Frage einer Impfpflicht jetzt nicht zu klären. Eine Umsetzung dauere mindestens fünf bis sechs Monate. „Wenn wir die Impfpflicht jetzt beschließen und dann umsetzen, dann sind wir im Herbst gerüstet. Wenn wir das Problem vor uns wegschieben, dann wird das Problem in voller Stärke zurückkommen.“ Dies könne man Kindern, Pflegekräften, Ärzten und gefährdeten Menschen nicht weiter zumuten. „Wir müssen handeln.“ Er betonte zudem, dass die Impfung nicht der Freiheit entgegenstehe. Vielmehr werde die Freiheit durch die Impfung zurückgewonnen.

Die AfD lehnte eine Impfpflicht sowohl für einzelne Berufsgruppen wie auch allgemein „vollständig“ ab – dazu hat die Fraktion auch einen Antrag vorgelegt. Fraktionschef Tino Chrupalla sagte, man sei an einem Punkt angelangt, an dem Impfstoffe schon fast eine religiöse Stellung erhielten. „Wer nicht glaubt und von seinem Grundrecht auf Selbstbestimmung Gebrauch macht, ist automatisch ausgeschlossen.“ Alice Weidel warnte: „Wenn der Staat sich anmaßt, über die Körper seiner Bürger zu entscheiden, ist das ein elementarer Zivilisationsbruch.“ Es gebe für eine Impfpflicht keine Rechtfertigung: „weder medizinisch, noch ethisch, noch juristisch“. Man müsse mit dem Virus leben.



Kirsten Sucker-Sket / dpa
redaktion@daz.online


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