Interview mit apotheken.de-Leiter Thomas Koch (Teil 1)

„apotheken.de setzt die Marke der Apotheke ins Zentrum, nicht die der Plattform“

Stuttgart - 09.03.2022, 12:15 Uhr

Thomas Koch, Leiter von apotheken.de, hat mit uns darüber gesprochen, was apotheken.de von anderen Plattformen unterscheidet. (Foto: Schelbert)

Thomas Koch, Leiter von apotheken.de, hat mit uns darüber gesprochen, was apotheken.de von anderen Plattformen unterscheidet. (Foto: Schelbert)


Plattformen sind derzeit ein Riesenthema in der Apothekerschaft. Den Überblick zu behalten, ist alles andere als einfach. Wo macht man mit? Wo nicht? Und worauf kommt es für Apotheken überhaupt an? Darüber haben wir mit Thomas Koch, Leiter von apotheken.de gesprochen. Die Digital-Tochter des Deutschen Apotheker Verlags ist eines der etabliertesten Angebote im Markt. Im ersten Teil des Interviews geht es unter anderem darum, was apotheken.de von anderen Plattformen unterscheidet.

DAZ: apotheken.de ist seit 20 Jahren als Dienstleister für die Apotheken am Markt – gegründet von einem Apotheker. Seitdem wurde das Angebot kontinuierlich ausgebaut. Was von der ursprünglichen apotheken.de-DNA ist denn noch vorhanden und welche Angebote kamen über die Jahre hinzu?

Koch: Die DNA ist im Prinzip immer noch dieselbe: Schon bei der Gründung war es das Ziel, sich für die Belange der Vor-Ort-Apotheke zu engagieren und den internationalen Versandapotheken etwas entgegenzusetzen. Auch damals ging es schon darum, der Apotheke online Sichtbarkeit zu verschaffen. Dafür stehen wir heute auch noch. Da Internet und Online-Handel vor 20 Jahren noch ganz anders aussahen als heute, sahen damals natürlich unsere Angebote auch ganz anders aus. Apotheken.de ist mitgewachsen. Heute ist unser Angebot deutlich facettenreicher. Zu dem einfachen Branchenbucheintrag, den es vor 20 Jahren schon gab und den es heute übrigens immer noch gibt, sind vielfältige Angebote dazu gekommen, die aus apotheken.de heute einen ganzheitlichen Lösungsanbieter für die professionelle Online-Präsenz einer Offizin-Apotheke machen. Unser Portfolio besteht aus Komponenten wie Website, Shop, App, Chat, Social-Media und vielen mehr. Das Besondere an unserem Angebot ist die Vernetzung und Integrierbarkeit der einzelnen Komponenten über unser beliebtes Apotheker-Portal mein.apotheken.de.

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Was unterscheidet apotheken.de von den sogenannten „Plattformen“, die aktuell gefühlt wie Pilze aus dem Boden schießen?

Apotheken.de ist auch eine Plattform. Eine Plattform für Apotheken, die Ihre Individualität und Ihre eigene Marke stärken wollen. Wir geben der Apotheke das Rüstzeug in die Hand, sich als eigenständiges Unternehmen im Internet zu positionieren, Sichtbarkeit zu gewinnen und professionell und zeitgemäß auch Online-Handel zu betreiben.

Andere Plattformen stellen den Marktplatz ins Zentrum, bieten eine Handelsplattform für den Verkauf von Waren. Diese Plattformen investieren in die eigene Markenbildung auf dem Verbrauchermarkt. So kommt es, dass der Endkunde in diesem Modell als Marke die Plattform wahrnimmt und nicht die individuelle Apotheke. Die Marktplatz-Plattformen bieten dem Verbraucher einen einfachen Überblick über die Preise und Verfügbarkeiten der einzelnen Apotheken. Sie verdienen am Umsatz, der auf der Plattform getätigt wird, über Transaktionsgebühren mit. Kundendaten gehören in diesen Modellen der Plattform.

Sollten Apotheken also bei solchen Marktplatz-Plattformen lieber nicht mitmachen und stattdessen auf die eigene Internetpräsenz setzen?

Das muss man sehr differenziert betrachten. Lassen Sie uns die Kundschaft der Apotheke einmal in Gruppen unterteilen. Ich bin überzeugt davon, dass Apotheken auch künftig vor allem die Kunden haben werden, die im Ort wohnen und die Apotheke kennen oder die Apotheke aufgrund ihrer Nähe zum Arzt nutzen. Im Vor-Ort-Geschäft sind Apotheken unschlagbar, deshalb wird ein großer Teil dieser Kundengruppe auch in Zukunft in die Apotheke kommen, um dort ihre Arzneimittel einzukaufen. Der andere Teil der lokalen Vor-Ort-Kunden möchte zeitgemäße Online-Funktionen nutzen, um mit der bekannten Apotheke in Kontakt zu treten und bspw. ein Rezept vor dem Besuch in der Apotheke vorab bereits online zu bestellen. Um diese Kundengruppe optimal abzuholen, ist die apotheken.de Plattform genau die richtige Lösung für die Apotheke. Hier stehen der Apotheke alle Möglichkeiten dafür zur Verfügung, damit sie dem Kunden ein positives Nutzererlebnis ermöglichen kann, das er mit der Apotheke verbindet.

„Der Fokus auf preissensitive Online-Kunden lohnt sich nicht“

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Stimmt. Wir haben auch die Kunden, die keine feste Bindung an eine lokale Apotheke haben und online eine Apotheke suchen. Diese Kunden können wir auch nochmal in drei Untergruppen unterteilen: Da sind erstens die preissensitiven Online-Kunden. Diese werden über kurz oder lang bei einer großen Versandapotheke landen. Im Preiswettkampf über das gesamte Sortiment hinweg hat die Vor-Ort-Apotheke nur wenig Chancen. Der Fokus auf diese Kundengruppe lohnt nicht.

Dann haben wir zweitens: die Gruppe, die über Marktplatz-Plattformen einkaufen. Hier bringen die Marktplätze den Endkunden mit Ihren großen Werbeetats dazu, dass er seine Customer Journey über die bekannte Marke der Plattform beginnt, indem er die URL direkt in die Browserzeile eingibt oder den Namen der Marktplatz-Plattform googelt. Die Plattform schlägt dann geeignete Apotheken vor. Einzelne Apotheken sind dort leicht „austauschbar“ und die Wettbewerbskriterien, nach denen dies geschieht, legt der Plattformbetreiber fest. Die Nutzerzahlen auf den Marktplatz-Plattformen zeigen, dass diese Kundengruppe – zumindest zur Zeit – noch sehr langsam wächst.

Und dann gibt es die dritte Gruppe, die meiner Auffassung nach die interessanteste und auch größte Gruppe der Online-Käufer darstellt. Dieser Kundentyp beginnt seine Customer Journey bei Google. Er sucht über die Eingabe von Symptombegriffen nach passenden Arzneimitteln oder er sucht direkt nach Apotheken in der Nähe.

Und an dieser Stelle muss die Apotheke vor Ort ansetzen?

Genau. Denn hier kann sie den Kunden erreichen, der eine lokale Apotheke im Internet sucht, die ihm sein E-Rezept zusammen mit seinem favorisierten Nasenspray zur Abholung am selben Tag besorgen kann. Die Apotheke muss bei Google bestens platziert sein. Dafür ist es entscheidend, dass eine Apotheke ihre Online-Einträge bei allen digitalen Touchpoints gut gepflegt hat, dass sie eine professionelle und zeitgemäße Website auf einer eigenen Domain hat und dass sie in Social-Media prominent vertreten ist. Der Kunde muss beispielsweise auf einen Blick erkennen können, wo eine Apotheke ist, wann sie geöffnet hat, dass sie E-Rezepte bearbeitet, wie sie Vorbestellungen annimmt, et cetera.

Dann ist der Kunde bei meiner Apotheke gelandet. Gibt es Erkenntnisse, was man bieten muss, dass er dort auch bleibt und nicht wieder abspringt? Schließlich ist die Konkurrenz nur einen Schritt entfernt.

Der erste Eindruck ist sehr wichtig. Der Kunde wechselt auf die Website oder den Shop der Apotheke. Es ist ihm wichtig gleich einen professionellen Eindruck der Apotheke zu erhalten und sicher zu sein, dass er von einem freundlichen und serviceorientierten Unternehmen bedient wird. Die Apotheke sollte auf Ihrer Website auch Empathie und Nähe vermitteln. Denn hier arbeiten Menschen, Heilberufler, die sich um das Wohl des Kunden kümmern und keine Roboter, die nur Packungen in Pakete legen. Der Besucher sollte direkt erkennen können, wie er sein Rezept oder seine OTC-Artikel vorbestellen kann. Die User Experience sollte genauso gut sein, wie bei großen Online-Shops. Und auch der After-Sales-Prozess ist sehr wichtig: eine schnelle und professionelle Benachrichtigung des Kunden über den Bestellfortschritt und zeitgemäße Angebote zur Rückfrage. Für all das hat apotheken.de Lösungen auf seiner Plattform.

Und es ist seitens des Deutschen Apotheker Verlags auch nicht geplant, eine eigene Marktplatz-Plattform aufzubauen?

Nein, das ist nicht geplant. Apotheken.de setzt die Marke der Apotheke ins Zentrum. Gegenüber dem Endverbraucher tritt apotheken.de nicht als Marke in Erscheinung. Wir stärken die Apotheke dabei, erstens: Ihren Kunden online genau dieselben positiven Nutzenerfahrungen zu bieten, wie dies bei Versandapotheken der Fall ist. Und zweitens: Wir stärken die Apotheke dabei, bei den potenziellen Kunden, die online unterwegs sind, vom ersten Moment an sichtbar zu sein. Das hilft der Apotheke letztlich auch bei ihrer Präsenz auf Marktplätzen.

Was das Shopping angeht, rüsten wir die Apotheke mit Tools aus, über die sie unter ihrem eigenen Namen Online-Handel treiben kann. Dabei verdienen wir nicht am getätigten Umsatz mit. Bei apotheken.de gibt es keine Transaktionsgebühren und wird es auch nie geben. Wir geben der Apotheke gegen eine monatliche Lizenzgebühr das Handwerkszeug zum Online-Verkaufen an die Hand.

 

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Im zweiten Teil des Interviews erklärt Thomas Koch, welche Strategie er Apotheken empfehlen würde.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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