Mehr Krankenhauseinweisungen und Cortison

Verursacht Omikron bei Kleinkindern besonders schweren Pseudokrupp?

Stuttgart - 24.03.2022, 17:50 Uhr

Seit Beginn der Omikron-Welle steigen die Fälle bei Kleinkindern mit Pseudokrupp, zumindest nach Daten des Bostoner Kinderkrankenhauses. (x / Foto: famveldman / AdobeStock) 

Seit Beginn der Omikron-Welle steigen die Fälle bei Kleinkindern mit Pseudokrupp, zumindest nach Daten des Bostoner Kinderkrankenhauses. (x / Foto: famveldman / AdobeStock) 


Mehr Pseudokrupp-Hospitalisierungen

Vor Corona war dies anders: Zuvor kamen weniger als 5 Prozent (während Corona 12 Prozent) der Kinder mit Krupp ins Krankenhaus. Das zeigt eine Arbeit, veröffentlicht 2018 im Fachjournal „American Familiy and Physician“ („Croup: Diagnosis and Management“).

Häufigere Cortisongaben

Nahezu alle Kinder erhielten als Behandlung das Corticoid Dexamethason (97 Prozent), die stationären Kinder inhalierten zudem Epinephrin (Adrenalin), was mittelschweren bis schweren Pseudokrupp-Anfällen vorbehalten ist (in der Notaufnahme: 29 Prozent der Kinder). Stationär aufgenommene Kinder benötigten im Median sechs Cortison- und acht Epinephrindosen, um ihre Symptome zu lindern – und damit wohl mehr Dosen als sonst bei Pseudokrupp-Anfällen üblich. Einem Cochrane-Review („Glucocorticoids for croup in children“) aus dem Jahr 2018 zufolge hält die Wirkung von Glucocorticoiden bei Pseudokrupp „mindestens“ 24 Stunden an – die Kinder im Bostoner Krankenhaus hatten nun jedoch innerhalb von 1,7 Tagen (Zeit bis zur Entlassung) sechs Cortison-Dosen (Median) erhalten.

Co-Infektionen lagen nicht vor

Auch konnten die Wissenschaftler die Vermutung bestätigen, dass tatsächlich Omikron ursächlich für die Pseudokrupp-Anfälle ist und keine anderen Viren, die als Co-Infektion vorliegen: Nur ein einziges Kind war zusätzlich mit Rhinoviren infiziert, bei allen anderen Kindern, die auf weitere Viren getestet worden waren, waren diese Testergebnisse negativ.

Besonders schwere Pseudokrupp-Fällle?

Die vorläufigen Ergebnisse der Studie liefern den Wissenschaftlern zufolge damit „überzeugende Beweise“, dass Omikron Pseudokrupp-Anfälle auslöst: Mit Beginn der Omikron-Welle ab Dezember 2021 seien die Krupp-Diagnosen „stark“ gestiegen – frühere Varianten und Corona-Wellen hingegen hätten nicht zu mehr Laryngotracheobronchitis-Diagnosen geführt. Allerdings fehlt eine Typisierung der Viren, sodass die Forscher lediglich davon ausgehen können, dass mit Dominanz der Omikron-Welle ab Dezember 2021 die Variante auch für alle aufgetretenen Pseudokrupp-Fälle ursächlich war. Den Wissenschaftlern fiel zudem die hohe Hospitalisierungsrate während Omikron und die große Zahl an Cortison- und Epinephrin-Dosen auf, die die Kinder zur Kupierung der Anfälle – verglichen mit Pseudokrupp-Erkrankungen durch andere Viren – erhalten hatten.

Studien-Bias

Allerdings schränkten sowohl die retrospektive Analyse (Daten werden im Nachhinein bewertet) während eines sehr eng umrissenen Zeitrahmens wie auch die kleine Fallzahl die Verallgemeinerung ihrer Ergebnisse ein, erklären die Forscher. Auch könnten sie nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, dass tatsächlich keine Co-Infektionen mit anderen Viren vorlagen, da keine „umfassenden Virustests“ zur Verfügung gestanden hätten.

Dennoch: Auch wenn die meisten Fälle von Krupp ambulant mit Dexamethason in Griff zu kriegen waren, ließen die „relativ hohe Krankenhauseinweisungsrate und die große Anzahl von Medikamentendosen, die die COVID-19-Krupp-Patienten benötigten, vermuten, dass COVID-19 im Vergleich zu anderen Viren einen schwereren Krupp verursachen könnte“, erklärt Dr. Ryan Brewster vom Boston Children’s Hospital in Boston, einer der Wissenschaftler. Weitere Forschung sei erforderlich, um die besten Behandlungsmöglichkeiten für diese Kinder zu ermitteln.

Pseudokrupp

Pseudokrupp-Anfälle – auch stenosierende Laryngotracheitis oder subglottische Laryngitis, vereinfacht auch „Krupp“ – zählt zu den Klassikern der pädiatrischen Notfallambulanz bei Kindern zwischen drei Monaten und fünf Jahren (Häufigkeitsgipfel im Alter von 1,5 Jahren) im Winter: Die (meist) virale Infektionen des Kehlkopfs (Larynx) und der Luftröhre (Trachea) lassen die dortigen Schleimhäute anschwellen. Die bei Kindern ohnehin engen Atemwege verengen sich folglich zusätzlich. Es kommt zu Heiserkeit, einem bellenden Husten und rauen Einatemgeräuschen (Stridor). In schweren Fällen leiden die Kinder an akuter Atemnot, die Atmung geht schnell und oberflächlich, die Rippen ziehen sich ein – was bei Eltern und Kind nicht selten zu Panik führt. Hinter den viralen Infektionen stecken in den allermeisten Fällen Parainfluenzaviren (75 Prozent aller Fälle), aber auch Infektionen mit RSV, Grippeviren und Enteroviren können ursächlich für Pseudokrupp-Anfälle sein. Die Anfälle treten vorzugsweise in der Nacht auf, da – dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte zufolge – das flache Liegen sowie die nächtlich niedrigen körpereigenen Cortisolspiegel das Anschwellen der Schleimhäute begünstigen. Jungs scheinen häufiger betroffen als Mädchen, die Prognose ist in der Regel günstig, allerdings sind Rezidive häufig (sodass es ratsam sein kann, eine Akutmedikation, siehe unten, zu Hause vorrätig zu haben).

In den meisten Fällen hilft es den Kindern bereits, wenn die Eltern

  • Ruhe bewahren,
  • das Kind auf den Arm nehmen und aufsetzen,
  • das Kind an ein geöffnetes Fenster, auf den Balkon oder ins Badezimmer bringen und es dort feuchte und kalte Luft einatmen lassen.

Wenn sich das Kind wieder beruhigt hat, sollte es in kleinen Schlucken kühle Flüssigkeit (Wasser oder kalter Tee – keine Milch) trinken.

Bei Atemnot Cortison und Epinephrin

In schweren Fällen – bei Atemnot und angestrengter Atmung – und Nichtansprechen auf die erwähnten Maßnahmen zu Hause, sollten die Eltern einen Arzt aufsuchen (oder den Notarzt rufen). Bei schwerer Atemnot besteht akute Lebensgefahr! Die medikamentöse Behandlung eines schweren Pseudokrupp-Anfalls erfolgt mit Cortisonpräparaten, die vorwiegend als Zäpfchen (z. B. Rectodelt®) zu verabreichen sind oder oral als Saft, wobei der Saft schneller wirkt als eine rektale Gabe. Cortison schwillt die Schleimhäute ab und erleichtert dem Kind dadurch die Atmung wieder. Bei schweren Fällen lassen Ärzte die Kinder zudem Adrenalin inhalieren.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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