Welche Möglichkeiten Apotheker:innen haben

Retaxation wegen fehlender Dosierung – verlorenes Geld?

Stuttgart - 25.03.2022, 09:15 Uhr

Gibt es Chancen, dass Apothekern retaxierte Verordnungen aufgrund der fehlenden Dosierangabe noch heilen können? (s / Foto: pixelfokus / AdobeStock) 

Gibt es Chancen, dass Apothekern retaxierte Verordnungen aufgrund der fehlenden Dosierangabe noch heilen können? (s / Foto: pixelfokus / AdobeStock) 


Seit November 2020 muss die Dosierung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auf das Rezept – jetzt retaxieren die Krankenkassen die ersten Verordnungen wegen fehlender Dosierangaben. Was können Apotheker:innen tun?

Die Krankenkassen retaxieren die ersten Verordnungen, bei denen die Dosierangabe zum verschriebenen Arzneimittel fehlt. Zur Erinnerung: Seit 1. November 2020 müssen Ärzt:innen die Dosierung der auf dem Rezept verordneten Arzneimittel angeben oder zumindest mit dem Kürzel „Dj“ bestätigen, dass der Patient über einen Medikationsplan oder eine schriftliche Dosieranweisung verfügt. Die Dosierung als Pflichtangabe regelt § 2 Abs. 1 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV). Wichtig ist zudem, dass die AMVV nur für verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt – damit müssen die Dosierangaben zwingend auch nur bei Rx-Präparaten auf das Rezept (auch wenn die KBV dies auch für Non-Rx-Präparate empfiehlt).


Die Verschreibung muss enthalten: […] 
7. die Dosierung; dies gilt dann nicht, wenn dem Patienten ein Medikationsplan, der das verordnete Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung der ärztlichen Person vorliegt und die verschreibende Person dies in der Verschreibung kenntlich gemacht hat.“ 

 § 2 Abs. 1  Nr. 7 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV)


Fehlt die Dosierangabe auf dem Rezept, dürfen Apotheker:innen diese nach § 2 Abs. 6 und 6a AMVV ergänzen – und zwar, wenn ein „dringender Fall“ vorliegt und eine „Rücksprache mit der verschreibenden Person nicht möglich“ ist und wenn dem Apotheker die Information „zweifelsfrei bekannt“ ist. Kann der Patient einen Medikationsplan vorlegen, so darf die Apotheke folglich die Dosierung ergänzen und zeichnet dies mit Datum und Unterschrift ab.

Löst der Rahmenvertrag das Problem?

Was sollen Apotheker:innen aber nun mit Retaxationen tun, wenn ihnen die fehlende Dosierangabe bei Arzneimittellieferung und Rezeptkontrolle durch die Lappen gerutscht ist? Zählt die fehlende Dosierangabe als „unbedeutender Fehler“ im Sinne des § 6 Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung? Dort steht, dass der „gesetzliche Vergütungsanspruch des Apothekers … im Gegenzug für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht mit Belieferung einer gültigen ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Verordnung in papiergebundener oder elektronischer Form“ entsteht, und zwar auch „trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung“ dann, wenn es sich um einen „unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt“.

Was sagt das DAP dazu?

Die DAZ hat bei den Retaxexperten des DeutschenApothekenPortals (DAP) nachgefragt. Das DAP empfiehlt Apotheker:innen, Einspruch bei der retaxierenden Krankenkasse einzulegen und sich auf § 6 des Rahmenvertrags und den Vergütungsanspruch auch bei unbedeutenden formalen Fehlern zu berufen – das wäre zumindest eine Möglichkeit, wenn der Patient über einen Medikationsplan verfügt, da dann die Arzneimitteltherapiesicherheit durch das fehlende „Dj“ nicht gefährdet sei. Für den seltenen Fall, dass das Arzneimittel direkt an die verschreibende Person, also die Ärztin oder den Arzt, abgegeben wurde, kann laut AMVV ebenfalls auf die Dosierangabe verzichtet werden. Auf diese Möglichkeit weist das DAP zusätzlich hin. Das DAP schätzt es jedoch als „sehr wahrscheinlich“ ein, dass die Krankenkasse den Einspruch ablehnt.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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8 Kommentare

Fehlende Dosierung

von Hexenengel am 28.03.2022 um 7:54 Uhr

Ich wurde bei der Rückfrage nach einer Dosierung vom Arzt belehrt, daß mich das nichts angeht und nur eine Sache zwischen seinem Patienten und ihm sei. Die Regelung ist absolut inakzeptabel und ich frage mich, ob es unsere Standesvertretung darauf anlegt, uns zu schaden. Grundsätzlich sind ja Apotheker an Allem Schuld, so lange bis es keine mehr gibt!

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Abkehr vom Verursacherprinzip

von nomen nescio am 26.03.2022 um 11:32 Uhr

Dieses Land ist einfach nur krank.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Irrsinn!

von Thomas Eper am 25.03.2022 um 16:08 Uhr

Eigentlich ein Skandal erster Güte!

Hoffentlich liest das hier mal ein Verantwortlicher!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Irrsinn

von Gert Müller am 25.03.2022 um 19:13 Uhr

Es liest kein Mensch, vielleicht noch Frau Peter und Herr Schmitz.

fehlende Dosierungsanleitung

von Gregor Huesmann am 25.03.2022 um 11:52 Uhr

Ich werde mal wieder böse: Wer ist verpflichtet, die Dosierung auf dem Rezept anzugeben? Der Arzt! Und wir sollen für seinen Fehler haften? Typisch Apotheker, wir lassen alles mit uns machen. Wer klagt endlich gegen einen solchen Unsinn? Und zwar mit einer Top-Anwaltskanzlei. Es muss Schluß sein mit der Schwarzepeterschieberein vom Arzt auf uns!

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Null-Retax

von Dr. Radman am 25.03.2022 um 9:37 Uhr

Ohne diplomatisch zu sein, wer sowas verhandelt und akzeptiert hat nicht alle Tassen im Schrank. Punkt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Null-Retax

von Gregor Huesmann am 25.03.2022 um 11:53 Uhr

Da gebe ich Ihnen vollkommen Recht!

AW: Null-Retax

von Werner Ernst am 26.03.2022 um 7:50 Uhr

Der Meinung bin ich auch.

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