Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz

Neue Quarantäne-Regeln ab 1. Mai – Isolation wird freiwillig

Berlin - 05.04.2022, 11:00 Uhr

Die Pflicht, sich bei SARS-CoV-2-Infektion in Quarantäne zu begeben, soll am 1. Mai fallen. (Foto: IMAGO / Bihlmayerfotografie) 

Die Pflicht, sich bei SARS-CoV-2-Infektion in Quarantäne zu begeben, soll am 1. Mai fallen. (Foto: IMAGO / Bihlmayerfotografie) 


Bund und Länder haben sich am gestrigen Montag auf neue Quarantäneregeln für SARS-CoV-2-Infizierte und deren Kontaktpersonen geeinigt: Ihnen wird künftig „dringend empfohlen“, sich für mindestens fünf Tage in Isolation zu begeben und anschließend Schnelltests zu machen, bis sie negativ sind. Strengere Vorgaben bleiben für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen und in der Pflege.

Corona-Infizierte und Kontaktpersonen brauchen ab 1. Mai in der Regel nur noch freiwillig und für kürzere Zeit in Isolierung oder Quarantäne. Darauf verständigten sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern, wie Bundesminister Karl Lauterbach (SPD) am gestrigen Montag mitteilte. Infizierten wird demnach künftig nur noch „dringend empfohlen“, sich für fünf Tage zu isolieren und Kontakte zu meiden – für Kontaktpersonen von Infizierten soll Entsprechendes gelten. Eine Anordnung des Gesundheitsamts, die es schon jetzt häufig nicht mehr gibt, fällt weg. Eine Verschärfung wäre diese Neuregelung allerdings für Geboosterte, vollständig Geimpfte, Genesene sowie Personen, bei denen die Infektion oder vollständige Impfung nicht mehr als drei Monate zurückliegt. Denn diese waren bislang gänzlich von der Quarantänepflicht ausgenommen.

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Lauterbach sagte, die bestehende Regelung habe funktioniert, sei aber dauerhaft so nicht notwendig. Bisher dauern die Absonderungen in der Regel zehn Tage und können mit einem negativen Test nach sieben Tagen vorab beendet werden. Hintergrund der Lockerungen ist die aktuelle Omikron-Welle mit vielen, aber meist eher leichter verlaufenden Infektionen. Damit sollen nun auch massenhafte Personalausfälle bei hohen Infektionszahlen vermieden werden. Die Änderungen gehen auf einen Vorschlag des Bundesministeriums und des Robert Koch-Instituts (RKI) zurück.

Konkret sollen sich Infizierte demnach der „dringenden Empfehlung“ zufolge für fünf Tage selbstständig isolieren und dann – beginnend nach fünf Tagen – Schnelltests machen, bis sie negativ sind. Für Kontaktpersonen von Infizierten gilt, dass sie selbstständig Kontakte reduzieren sollen – vor allem mit Menschen, die Risikogruppen für schwere Corona-Verläufe angehören. Sie sollten zudem täglich Selbsttests machen.

Ausnahmen für Medizin und Pflege

Für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen, in Alten- und Pflegeheimen sowie bei ambulanten Pflegediensten sollen im Fall einer Infektion die Gesundheitsämter weiter Tätigkeitsverbote anordnen. Voraussetzung für die Wiederaufnahme sind laut Konzept eine deutliche Besserung der Krankheitssymptome sowie ein negatives Ergebnis per Schnell- oder PCR-Test frühestens am Tag fünf nach Nachweis der Infektion. Sind solche Beschäftigten Kontaktpersonen von Infizierten, sollen sie sich vor Dienstantritt bis einschließlich Tag fünf täglich testen.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte, es gehe um den nächsten Schritt Richtung Eigenverantwortung. „Ich appelliere an die Menschen, sich diese Verantwortung bewusst zu machen“, fügte er hinzu. Klar sei zudem, dass noch wichtige Fragen geklärt werden müssten – etwa was Verdienstausfälle und Krankschreibungen angehe. Hier müsse der Bund rasch einen vernünftigen Vorschlag liefern.

Patientenschützer und Wissenschaftler kritisieren Beschluss

Das Vorhaben stößt auf Kritik bei Experten und Patientenschützern. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sieht dadurch große Gefahren für besonders gefährdete Menschen. „Für die Hochrisikogruppe wird es immer gefährlicher. Diese Menschen leben mitten unter uns“, sagte Brysch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag). „Gleich den Corona-Leugnern wird die Infektion verharmlost.“

Auch der Epidemiologe Professor Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen fordert eine Beibehaltung der Pflicht zur Isolation von Infizierten. „Wenn eine Person Symptome aufweist, dann sollte sie zu Hause die Corona-Infektion aussitzen, anstatt noch mehr Menschen anzustecken“, sagte Zeeb dem RND. Gerade bei der Omikron-Variante bestehe die Gefahr einer sehr schnellen Weitergabe des Virus. Eine Isolationspflicht von fünf Tagen sollte daher unbedingt eingehalten werden. Dagegen hält Zeeb eine Quarantäne für Kontaktpersonen nicht mehr für notwendig.

Lauterbach: Wendepunkt erreicht

Lauterbach machte gestern mit Blick auf die Pandemie-Entwicklung deutlich, dass die Lage nach wie vor angespannt sei und man „nicht entwarnen“ könne. Zugleich sei es gut, dass beim Anstieg der Fallzahlen „der Wendepunkt erreicht zu sein scheint“. Sie gingen systematisch zurück. Dazu habe auch die jüngste Verlängerung der bestehenden Schutzregeln bis zum 2. April beigetragen. Dies war als Übergangsfrist im geänderten Infektionsschutzgesetz vorgesehen.

Lauterbach kritisierte erneut, dass nicht mehr Bundesländer als Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg von der Hotspot-Regel im Gesetz Gebrauch machen. Sie ermöglicht weitergehende Schutzvorgaben auch mit mehr Maskenpflichten, wenn das Landesparlament regional eine kritische Lage feststellt. Allgemein sind die meisten staatlichen Schutzvorgaben am Sonntag ausgelaufen. Unabhängig davon können Unternehmen und Einrichtungen nach Hausrecht weiter Vorgaben machen. Laut den Ergebnissen einer nicht repräsentativen DAZ-Umfrage will das etwa jede dritte Apotheke tun. Weitere 54 Prozent wollen ihre Kundinnen und Kunden bitten, freiwillig weiterhin eine Maske in der Offizin zu tragen.



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