„S1-Leitlinie: Sie fasst Handlungsempfehlungen von Expertinnen und Experten zusammen. Das Wissen wird aber nicht systematisch zusammengetragen und bewertet. S1-Leitlinien sind daher nur wenig verlässlich.“
(Quelle: www.gesundheitsinformation.de)
CGRP-Antikörper sind noch gar nicht so lange Teil der Migräne-Leitlinie. Nun wurde die neue Arzneimittelklasse zur Prophylaxe auch in die Leitlinie „Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln“ aufgenommen. Denn Topiramat, Onabotulinumtoxin A und die monoklonalen Antikörper sollen auch während eines bestehenden Medikamenten-Übergebrauchs bei Migräne wirksam sein.
Bis Mai 2021 war die letzte S1-Leitlinie zu „Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH)“ gültig gewesen, jetzt ist eine Überarbeitung erschienen. Wie die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) mitteilt, haben verschiedene neue Erkenntnisse die Überarbeitung notwendig gemacht.
„S1-Leitlinie: Sie fasst Handlungsempfehlungen von Expertinnen und Experten zusammen. Das Wissen wird aber nicht systematisch zusammengetragen und bewertet. S1-Leitlinien sind daher nur wenig verlässlich.“
(Quelle: www.gesundheitsinformation.de)
So habe sich – neben einer weiteren Spezifizierung der Arzneimittel, die einen Kopfschmerz durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache, MOH) hervorrufen können – gezeigt, dass die monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor, ebenso wie Topiramat und OnabotulinumtoxinA, nicht nur in der Prophylaxe der chronischen Migräne wirksam sind, sondern auch bei Migräne-Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln.
Laut der neuen Leitlinie soll MOH weiterhin nach einem Stufenschema behandelt werden, in dem die genannten Migräneprophylaktika an zweiter Stelle stehen – neu dabei die Antikörper.
Die Erfolgsrate einer solchen gestuften Therapie betrage nach sechs bis zwölf Monaten etwa 50 bis 70 Prozent. Vor allem bei Patienten und Patientinnen mit Opioid-Übergebrauch bestehe jedoch eine hohe Rückfallrate.
Auch in der bisherigen Leitlinie wurde schon nach Stufenschema vorgegangen, damals hieß es jedoch nur, dass Wirksamkeitsnachweise für Topiramat, Onabotulinumtoxin A und Amitriptylin vorliegen. Ebenso schon damals sollte bei Patient:innen mit zugrunde liegendem Kopfschmerz vom Spannungstyp die medikamentöse Prophylaxe mit Amitriptylin erfolgen.
In der neuen Leitlinie heißt es nun, dass die prophylaktische Wirkung trotz fortbestehendem Medikamentenübergebrauch für Topiramat, Onabotulinumtoxin A, Erenumab, Galcanezumab, Fremanezumab und Eptinezumab gezeigt wurde. Speziell die monoklonalen Antikörper gegen CGRP (Eptinezumab, Fremanezumab, Galcanezumab) und gegen den CGRP-Rezeptor (Erenumab) sind laut Leitlinie bei Patienten mit chronischer, teilweise auch episodischer Migräne, mit und ohne MOH, in großen randomisierten placebokontrollierten Studien bezüglich ihrer prophylaktischen Wirksamkeit untersucht worden. In allen Studien sei die Verträglichkeit der monoklonalen CGRP-(Rezeptor-)Antikörper sehr gut gewesen.
Eigentlich seien zwar Betablocker, Flunarizin und Amitriptylin bei hochfrequenter und chronischer Migräne die Prophylaxen der ersten Wahl. Valide Studien, ob zuvor eine Medikamentenpause bei MOH durchgeführt werden muss, bevor diese Arzneimittel eingesetzt werden, gebe es jedoch nicht. Die Empfehlung der Leitlinie zur medikamentösen Prophylaxe lautet wörtlich:
Migränepatienten mit MOH, bei denen eine medikamentöse Prophylaxe mit Topiramat oder Onabotulinumtoxin A nicht wirksam ist, nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, sollten mit einem monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor behandelt werden. Hierbei sind unabhängig von der Zulassung die aktuellen Vorgaben zur Erstattungsfähigkeit zu beachten.“
Als Sicherheitshinweis heißt es in der Leitlinie außerdem, dass der Einsatz der monoklonalen Antikörper unter folgenden Umständen nur im Einzelfall nach ausführlicher Abwägung von potenziellen Risiken und dem möglichen Nutzen erwogen werden soll:
Die weltweite Prävalenz des MOH liegt laut Leitlinie zwischen 0,7 und 1 Prozent, wobei die Behandlung zu gesellschaftlichen Kosten führen soll, die dreimal höher sind als die der episodischen Migräne. Es lohnt sich also nicht nur für die Patient:innen, sondern auch wirtschaftlich, wenn der Arzneimittelübergebrauch beendet oder zumindest reduziert wird.
„Man spricht von MOH, wenn an über 15 Tagen pro Monat Kopfschmerzen auftreten und diese über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten mit einem oder mehreren Schmerzmedikamenten behandelt werden. Für Triptane ist die Einnahme an mehr als 10 Tagen im Monat zur Diagnosestellung Voraussetzung.“
(Quelle: DGN)
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