BPhD-Kolumne

„Das Bild des Impfens als rein ärztliche Aufgabe ist überholt“

29.04.2022, 17:50 Uhr

Roman Pratzka, Beauftragter für Gesundheitspolitik beim Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland. (c / Foto: BPhD)

Roman Pratzka, Beauftragter für Gesundheitspolitik beim Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland. (c / Foto: BPhD)


Das Impfen ist eine urärztliche Aufgabe. Doch die Zeiten haben sich gewandelt, meint Roman Pratzka, Beauftragter für Gesundheitspolitik beim Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD). In der aktuellen DAZ-Kolumne des Verbands erläutert er, warum es der richtige Schritt ist, das Impfen gegen Grippe in den Apotheken in die Regelleistung zu überführen.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts gehören Impfungen gegen lebensbedrohliche Krankheiten, wie etwa die Pocken, Diphtherie oder Tetanus, zu den effektivsten Methoden, um derartige Infektionen einzudämmen. Die ersten Impfstoffe wurden von namhaften Medizinern wie Paul Ehrlich, Emil von Behring und Émile Roux entwickelt und auch die Verabreichung dieser geschah durch medizinisches Personal. Man kann also durchaus sagen: Das Impfen war eine urärztliche Tätigkeit.

Obwohl die Impfungen die Inzidenzen der gefährlichsten Krankheiten stark reduzieren konnten und gar zum Ausrotten einiger verhalfen, sind die Durchimpfungsraten in den vergangenen Jahren teilweise gesunken. So reagierte die Bundesregierung im Dezember 2019 mit dem Masernschutzgesetz auf die Verdopplung der Masernfallzahlen im Jahr 2018. Mit dem Ziel, die Impfquoten zu erhöhen, ging man sogar so weit, erste Modellprojekte zum Impfen in Apotheken zu genehmigen. Ab 2020 sollten die Apotheken als möglicher Ort des Impfens getestet werden.

Dass das Impfen in Apotheken herausragende Erfolge erzielen kann, wurde in den vergangenen Jahren in Frankreich deutlich. Nach dem zweijährigen Pilotprojekt und mehr als 900.000 geimpften Menschen beschloss die dortige Regierung im Jahr 2019, Apotheker*innen im ganzen Land Impfungen durchführen zu lassen. Auch hierzulande stiegen immer mehr Bundesländer in die Modellprojekte zum Grippeimpfen ein und seit einiger Zeit dürfen auch COVID-19-Vakzinen durch Apotheker*innen verabreicht werden. 

Dass der Gesetzgeber nun das Impfen in Apotheken zur Regelleistung machen will, bestätigt, dass die Apotheken als fähig angesehen werden, durch ihr Engagement die Impfquoten tatsächlich zu erhöhen.

Neue Aufgaben und ein neues Gesicht für die Apotheken

Pharmaziestudierende begrüßen diese Entwicklungen und die damit einhergehende Kompetenzerweiterung des Apotheker*innenberufs ausdrücklich. Gemeinsam mit den anstehenden pharmazeutischen Dienstleistungen kann die Apotheke so ein neues Gesicht erhalten. Sowohl das Ansehen in der Bevölkerung als auch der heilberufliche Charakter des Apotheker*innenberufs könnten dadurch gesteigert werden. Klar ist für uns Studierende trotzdem: Niemand soll zum Impfen gezwungen werden. 

In vielen Apotheken ist es nicht möglich, Impfungen durchzuführen, sei es aufgrund von Personalmangel oder weil die notwendigen Räumlichkeiten nicht zur Verfügung stehen. Bei der Ärzteschaft stößt das Impfen in Apotheken leider häufig auf Kritik. Dies führt sogar so weit, dass viele Apotheker*innen auf das Impfen verzichten, um nicht den Unmut der Ärzt*innen zu ernten. Diese Sorge ist leider nicht unbegründet: In Mecklenburg-Vorpommern gab ein Apotheker sogar an, von Hausärzten unter Druck gesetzt zu werden und deswegen nicht zu impfen. 

Ein solches Verhalten seitens der Ärzteschaft ist wenig förderlich für das Verhältnis zwischen den zwei Heilberufen, die normalerweise eng verknüpft sind und die ein gemeinsames Ziel verfolgen: das Wohl und die Gesundheit der Bevölkerung. Mehr Vertrauen in Apotheker*innen hat jedoch der ärztliche Nachwuchs. Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) befürwortet die Verabreichung von Impfungen in Apotheken.

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Apotheker*innen haben es im Rahmen der Modellprojekte und mittlerweile auch in der Pandemie bewiesen: Sie besitzen das nötige Wissen und die Fähigkeiten, über Impfungen zu informieren, aufzuklären und diese auch durchzuführen. Das Bild des Impfens als rein ärztliche Aufgabe ist überholt. Es ist an der Zeit, dass das Impfangebot ausgebaut wird und die Apotheken dabei helfen können, niederschwellig Impfungen durchzuführen. 

Dabei geht es nicht darum, sich gegenseitig Kompetenzbereiche zu nehmen. Vielmehr sollten Ärzt*innen und Apotheker*innen zusammenarbeiten, um gemeinsam die Impfquoten zu steigern. Nun heißt es: weiter so und Impfen, Impfen, Impfen! Schon jetzt zeigen deutschlandweit tausende Apotheker*innen herausragendes Engagement. Mit der Einführung als apothekerliche Regelleistung wird das Impfen in Zukunft zum Alltag in vielen Apotheken gehören.



Roman Pratzka, Beauftragter für Gesundheitspolitik beim BPhD
redaktion@daz.online


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