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Hilfsmittelversorgung aus Sicht der Kassen
„Keine unüberwindbaren Hürden“
Die bürokratischen Anforderungen in der Hilfsmittelversorgung ärgern die Apothekerinnen und Apotheker. Sie würden am liebsten auf die Zwänge der (Re-)Präqualifizierungen und Genehmigungsverfahren verzichten. Doch der GKV-Spitzenverband hält diese Instrumente für wichtig, um die Versorgungsqualität zu sichern. In der aktuellen DAZ erläutert eine Verantwortliche des Spitzenverbands die Sicht der Kassen.
Um GKV-Versicherte mit Lanzetten, Pen-Nadeln, Kanülen, Spritzen oder Infusionsbestecken im Rahmen ihrer Arzneimitteltherapie versorgen zu dürfen, sind Deutschlands Apotheken nicht automatisch qualifiziert. Sie müssen vielmehr präqualifiziert sein und sich alle fünf Jahre re-präqualifizieren. Ansonsten werden sie aus der Versorgung ausgeschlossen. Damit reihen sich die Apotheken – aus Sicht der Krankenkassen – ein in die Riege der übrigen Anbieter in diesem Sektor. Dass Apotheken zu den wahrscheinlich bestüberwachten Betrieben im Gesundheitswesen zählen und durch ihre Betriebserlaubnis und das Fachpersonal bereits wichtige Qualitätsnachweise liefern, spielt in der Welt der Hilfsmittelversorgung (zulasten der GKV) offenbar nur eine untergeordnete Rolle.
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Das sorgt regelmäßig für Unverständnis, Ärger und Frust unter den Apothekerinnen und Apothekern. Der Apothekenklima-Index, den die ABDA seit 2016 erhebt, kommt jährlich zu dem Schluss, dass die Bürokratie für die Apothekenteams im Berufsalltag das größte Ärgernis ist und der Aufwand bei der Hilfsmittelversorgung durchschnittlich zwei Drittel der befragten Inhaberinnen und Inhaber stresst. In der DAZ sind regelmäßig entsprechende Erfahrungsberichte aus Apotheken zu lesen.
Standespolitik will Präqualifizierung weitgehend abschaffen
Standespolitisch hat sich daraus die Forderung abgeleitet, auf die Präqualifizierung weitgehend verzichten zu wollen. „Überall dort, wo Hilfsmittel abgegeben werden, bei denen die Apotheke nicht handwerklich tätig ist, muss es möglich sein, ohne Präqualifizierung zu versorgen“, sagte beispielsweise der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV), Hans-Peter Hubmann, bei der diesjährigen Wirtschaftskonferenz. Der saarländische Apothekerkammerpräsident Manfred Saar machte den Delegierten diese Woche Hoffnung: „Die ABDA setzt sich dafür ein, die Präqualifizierung für Apotheken weitgehend abzuschaffen.“ Bei sehr spezialisierten Belieferungen solle aber eine Qualifizierung erforderlich bleiben. „Was auch sinnvoll ist“, so Saar.
Die Krankenkassen hingegen blicken anders auf die Thematik. „Wir haben in Deutschland rund 18.500 präqualifizierte Apotheken, wo das offenbar hervorragend klappt“, erklärt Carla Meyerhoff-Grienberger in der aktuellen DAZ. Meyerhoff-Grienberger ist als Referatsleiterin beim GKV-Spitzenverband für das Fachgebiet Hilfsmittelversorgung verantwortlich. Sie sieht in der historischen Entwicklung vom Zulassungs- zum Vertragsprinzip Vorteile: „Das Vertragsprinzip hat aus meiner Sicht insofern Vorteile, weil es die Vertragspartner rechtlich enger bindet, Verträge individueller ausgestaltet werden können und die Vertragsinhalte als Maßstab für die Prüfung der Ergebnisqualität herangezogen werden können.“
Früher galt die Maxime „Einmal zugelassen, immer zugelassen“. Laut Meyerhoff-Grienberger kam es dann mitunter vor, dass sich die Betriebe einzelner Leistungserbringer z. B. nach 20 Jahren grundlegend verändert hatten und gar nicht mehr über die personellen, räumlichen oder technischen Voraussetzungen verfügten. Das neu geschnürte Gesamtpaket hingegen trage zur Qualitätssicherung bei. Dass mit Einführung der Präqualifizierungen und der alle fünf Jahre anstehenden Re-Präqualifizierungen die Bürokratie auf die Apotheken und die anderen Leistungserbringer abgewälzt wird, sieht Meyerhoff-Grienberger nicht. Befähigungsnachweise müssten nun nur noch einmalig erbracht werden und gelten kassenartenübergreifend.
Sind negative Erfahrungen nur Einzelfälle?
„Im Großen und Ganzen funktioniert das sehr gut und die allermeisten Apotheken finden sich in dem System zurecht“, erklärt die Referatsleiterin, die sich seit rund 30 Jahren mit der Hilfsmittelversorgung beschäftigt. Negative Erfahrungen seien dagegen Einzelfälle, die man in der Presse liest. Wenn überhaupt, denn für Meyerhoff-Grienberger entbehren die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Präqualifizierung im Speziellen oder der Hilfsmittelversorgung im Allgemeinen jeglicher Grundlage. „Da werden Versorgungsbereiche genannt, wie beispielsweise Trinknahrung, bei denen wir angeblich einen Spiegel fordern würden. Das entspricht nicht den tatsächlichen Anforderungen für die jeweiligen Versorgungsbereiche.“ Keine Apotheke sei gezwungen, jedes Hilfsmittel vorzuhalten. Es obliege der freien Entscheidung, ob und welche Hilfsmittel neben den Arzneimitteln angeboten werden und ob die Apotheke hierüber Verträge schließt.
Wie steht der GKV-Spitzenverband zu den standespolitischen Forderungen der Apothekerschaft, von der Präqualifizierungspflicht weitgehen abzusehen, wenn die Hilfsmittelabgabe beispielsweise an die Arzneimittelabgabe gekoppelt ist oder wenn, wie der DAV-Vizevorsitzende Hubmann es forderte, die Apotheke nicht selbst handwerklich tätig ist? „Eine Applikationshilfe für ein Arzneimittel bleibt nun mal ein Hilfsmittel“, macht Meyerhoff-Grienberger deutlich. Die zur Abgabe erforderlichen Kenntnisse werden ihrer Meinung nach nicht dadurch erlangt, dass man sich mit dem zu applizierenden Arzneimittel auskennt. Die Forderung sei daher nicht nachvollziehbar.
Hilfsmittel aus der Drogerie?
Die Präqualifizierungsanforderungen bei Hilfsmitteln wie Lanzetten, Pen-Nadeln, Kanülen, Spritzen oder Infusionsbestecken stellen „gerade für Apotheken“ keine unüberwindbaren Hürden dar, so Meyerhoff-Grienberger, und sie denkt die Forderung weiter: „Wenn es für bestimmte Produkte sachliche Gründe gäbe, dass für deren Abgabe keine Präqualifizierung notwendig wäre, müsste sie für alle Leistungserbringer in diesen Bereichen aufgehoben werden.“ Dann wäre es nicht mehr möglich, die Qualität zu steuern und man könnte mit gleichen Qualitätsergebnissen auch andere Vertriebskanäle, z. B. Drogeriemärkte und andere Geschäfte nutzen. „Wäre dies im Interesse der Apotheken?“, fragt sie.
Das gesamte Interview mit Carla Meyerhoff-Grienberger vom GKV-Spitzenverband finden Sie in der aktuellen DAZ Nr. 23.
4 Kommentare
Keine Drohung
von Stefan Haydn am 10.06.2022 um 13:44 Uhr
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Bürokratie
von ecke2 am 10.06.2022 um 10:25 Uhr
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Ignoranz hoch 3
von ratatosk am 10.06.2022 um 8:43 Uhr
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nicht unüberwindbar.....aber weitestgehend unnötig und hoffnungslos überzogen
von Thomas B am 10.06.2022 um 8:24 Uhr
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