DAZ-Podcast

MVZ: „Ein weitgehend intransparentes System“

Stuttgart - 11.08.2022, 07:00 Uhr

MVZ ermöglichen fachfremden Investoren den Einstieg in die ambulante Versorgung. Das rechnet sich für die Geldgeber – aber wie sieht es für die GKV und die Patienten aus?  (x / Bild: MQ-Illustrations / AdobeStock)

MVZ ermöglichen fachfremden Investoren den Einstieg in die ambulante Versorgung. Das rechnet sich für die Geldgeber – aber wie sieht es für die GKV und die Patienten aus?  (x / Bild: MQ-Illustrations / AdobeStock)


Synergieeffekte, koordinierte Behandlungsprogramme, qualitativ bessere Therapien und das alles soll auch noch Kosten einsparen. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) werden seit ihrer Einführung im Jahr 2004 immer wieder hochgelobt. Doch ein Blick hinter die Mauern zeigt, dass es vor allem Finanzinvestoren sind, die profitieren können. Apotheker Dr. Franz Stadler hat die Konstrukte näher analysiert.

Sie werden gerne als Nachfolger der ostdeutschen Polikliniken dargestellt, doch anders als in der ehemaligen DDR sind die heutigen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) eher als eine gezündete zweite Raketenstufe der Kommerzialisierung des Gesundheitssystems anzusehen, meint Dr. Franz Stadler, Apotheker und Autor. Für die aktuelle DAZ-Ausgabe hat er das MVZ-System näher analysiert. 

Im Jahr 2019 wurden rund 45 Milliarden Euro und damit rund 18 Prozent der GKV-Ausgaben für den ambulanten Behandlungssektor ausgegeben. Dass daran unter anderem (auch internationale) Finanzinvestoren Interesse zeigen, wundert Stadler nicht. Über MVZ ist es den fachfremden Gesellschaftern möglich, an der ambulanten Versorgung in der GKV teilzunehmen und vom Geld aus der Solidargemeinschaft zu profitieren. Welche Folgen hat dies für die Allgemeinheit? Höhlt dies unser Gesundheitssystem durch Rosinenpickerei aus?

In der aktuellen Folge des DAZ-Podcasts erklärt Stadler, zu welchem Ergebnis zwei bedeutende Gutachten im Zusammenhang mit den MVZ kommen und welche Konsequenzen er für die Apotheken ableitet.

Als Abonnentin oder Abonnent der DAZ haben Sie hier Zugriff auf den vollständigen Artikel in der Ausgabe 32: „Die ganze ‚MVZ-Story‘ – Ein warnendes Beispiel für einen ungesunden Trend im Gesundheitssystem“.


Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

MVZ

von Ingrid Schierle am 12.08.2022 um 12:37 Uhr

Sie meinen also, der niedergelassene Arzt hat ein höheres Interesse DIE Leistungen anzubieten, die für ihn wirtschaftlich lukrativ sind, als ein Angestellter?
Da bin ich mir eben nicht so sicher.
Aus der täglichen Praxis kann ich sagen, dass es -zumindest bei uns- sehr viele Ärzte gibt, die ihren Beruf als Aufgabe sehen und in erster Linie das Wohl der Patienten im Auge haben. Auch ich wiederhole mich hier gerne, leben müssen sie von ihrer Arbeit trotzdem und deshalb auch entsprechend abrechnen.
Der entscheidende Unterschied zu investorenfinanzierten Strukturen ist aber, dass das alleinige Ziel eines Investments die Geldvermehrung ist und nicht die Patientenversorgung. Deshalb glaube ich auch den Zahlen des bayerischen Gesundheitsministers mit den durch MVZs verursachten höheren Kosten im Vergleich zu niedergelassenen Ärzten. Wer auch immer sein Geld in eine Kapitalanlage steckt, möchte, dass sich sein Geld vermehrt und wird deshalb auch Druck ausüben, wenn die Rendite nicht stimmt. Und die Rendite generiert sich leider aus den Geldern der Solidargemeinschaft, und da bin ich auch wieder bei meiner Anfangsthese, dass so Geld aus dem System gezogen wird.

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MVZ

von Ingrid Schierle am 11.08.2022 um 7:58 Uhr

Hier wird ein ganz wichtiger Punkt angesprochen!
Die medizinische Versorgung darf keine Spekulationsobjekt sein, weder im Klinikbereich mit AGs als Träger, noch im ambulanten Bereich mit MVZs.
So wird dem Solidarsystem Geld entzogen, das an anderer Stelle dringend benötigt wird!

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AW: MVZ

von Holger am 11.08.2022 um 11:28 Uhr

Ganz so schwarz sollten wir nicht malen. Die Privatisierungsbestrebungen im Klinikbereich sind ja nicht entstanden, weil private Träger in diesen Bereich hineinmetastasiert sind, sondern weil vor allem kommunale Träger sich zunehmend außerstande gesehen haben, "ihr" Krankenhaus noch wirtschaftlich zu führen und es an private Träger verkauft haben. Ob diese "kommunale Unfähigkeit" eher den Besonderheiten des Krankenhausgeschäfts geschuldet ist oder eher allgemeiner Unzulänglichkeit unserer Verwaltung ... da wird man heute, nach Lkw-Maut, nach BER-Flughafen, nach trallala ... sicher etwas anders drüber denken als in den 90er Jahren. Damals funktionierte Deutschland noch, nur die Krankenhausfinanzierung nicht mehr. Damals standen wir am Abgrund, heute sind wir ein paar Schritte weiter :)

Und auch bei den MVZ im niedergelassenen Bereich ist aus meiner Sicht der Haupttreiber für so zentralisierte Strukturen die Tatsache, dass die nachwachsende Arztgeneration nicht mehr in dem Maße Interesse hat, sich in einer Einzelpraxis aufzureiben, wie das früher selbstverständlich war. Der Arzt von heute ist halt im Gegensatz zu früher eher weiblich, eher angestellt und eher in Teilzeit tätig. Da sind MVZ willkommene Einrichtungen! Und aus Sicht des Patienten ist es auch kommod, mich nur an EINE Einrichtung wenden zu müssen und dort allerlei Krankheitsbilder parallel behandelt zu bekommen, als bei jeder Arztpraxis einzeln Termine aushandeln zu müssen. (Sehr wohlwollende Sichtweise, ich weiß!)

Was ich nicht verstehe (man sehe mir bitte die satirische Überzeichnung nach):
Warum ist der Kapitalgeber "böse", weil er "Geld aus dem System zieht", aber der niedergelassene Arzt - immer noch einer der bestverdienendsten Berufe in Deutschland(!) - ist "gut"? Der täfelt von seinem Einkommen auch nur seine Segelyacht mit Mahagoni ...

AW: MVZ

von Ingrid Schierle am 11.08.2022 um 12:40 Uhr

Nun gut, damit haben Sie durchaus recht, dass auch ein niedergelassener Arzt seine Brötchen verdienen möchte, ob nun jeder Arzt seine Yacht mit Mahagoni auskleidet sei jetzt mal dahingestellt.
Aber - gemäß den Zahlen des bayerischen Gesundheitsministers liegen die Abrechnungskosten bei MVZ um 8,1% über den von niedergelassen Ärzten und die Tendenz zu unnötigen Behandlungen ist erhöht. So etwas sehe ich dann schon als bedenklich und sehe darin eine Bereicherung auf Seiten der MvZs.

AW: MVZ

von Holger am 12.08.2022 um 8:40 Uhr

"jeder" sicher nicht, aber das habe ich ja auch nicht geschrieben und die satirische Komponente meines letzten Absatzes auch hervorgehoben.

Mit Durchschnittskosten muss man stets sehr vorsichtig sein, weil die Wahl des Komparators erheblichen Einfluss auf das Ergebnis hat. Es ist aber systemimmanent, dass der Arzt (egal ob im MVZ oder in seiner Einzelpraxis) so lange versuchen wird, die Menge vor allem DER Einzelleistungen zu steigern, die für ihn persönlich einen möglichst hohen Ertrag bei möglichst geringem Aufwand bringen - natürlich immer nur wenn sie medizinisch indiziert sind. Da ist der freiberuflich tätige Arzt genauso Kaufmann wie der selbständige Apotheker. Gegen den Vorwurf unnötiger Behandlungen wird sich jeder Arzt aber wehren und wir sollten die Ärzteschaft auch dabei unterstützen.

Der angestellte Arzt hat diese Motivation hingegen nicht per se. Bei ihm müsste man sie gezielt "erzeugen", zum Beispiel durch einen Arbeitsvertrag mit Bonifikationen. Das ist allerdings beeinflussbar! Die Diskussion kennen wir in den Krankenhäusern mit den Chefarztverträgen ziemlich gut.

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