Nachwuchssuche für die Apotheke

Werbung für Apothekenberufe: „Jeder Einzelne muss etwas tun“

Kiel - 18.11.2022, 12:15 Uhr

Dr. Reiner Kern gab einen Überblick über die Maßnahmen der ABDA zur Nachwuchsgewinnung. (Foto: tmb / DAZ)

Dr. Reiner Kern gab einen Überblick über die Maßnahmen der ABDA zur Nachwuchsgewinnung. (Foto: tmb / DAZ)


Geburtenschwache Jahrgänge sorgen für intensiven Wettbewerb um den Berufsnachwuchs. ABDA-Pressesprecher Dr. Reiner Kern berichtete bei der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, was die Berufsorganisation für die Nachwuchsgewinnung tut. Dabei wurde deutlich: Letztlich sind die einzelnen Apotheken entscheidend für die Berufswerbung.

Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein hatte für ihre Sitzung am Mittwoch ABDA-Pressesprecher Dr. Reiner Kern nach Kiel eingeladen, um über Nachwuchsgewinnung und -förderung für die Apotheken zu sprechen. Kern erläuterte zunächst den Hintergrund für die Personalknappheit. Die 15 Geburtsjahrgänge von 1995 bis 2010, die als Generation Z bezeichnet werden, umfassen in Deutschland 12,2 Millionen Menschen, während es bei den 15 Jahrgängen davor noch 15,1 Millionen Menschen sind und bei den noch Älteren noch mehr. 

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Daher sind die Apotheker eine von 148 Berufsgruppen, die offiziell als Engpassberufe gezählt werden. Zudem seien 44 Prozent der Apothekenleiter 56 Jahre alt oder älter. Außerdem hat die Zahl der berufstätigen Apotheker außerhalb öffentlicher Apotheken mindestens seit 2010 deutlich stärker zugenommen als in der Offizin. Der Wettbewerb um junge Menschen ist also sehr intensiv, auch zwischen den Beschäftigungsfeldern für Apotheker. Kern berichtete über eine Szenarioanalyse der ABDA für die Entwicklung bis 2029, bei der 20.740 bis 23.000 neue Approbationen angenommen werden. Dann reiche die Zahl der Neuapprobierten bis dahin aus, sofern keine neuen Aufgaben für die Apotheken hinzukommen. Wenn jedoch neue Aufgaben zusätzlich zu erfüllen sind, entstehe eine Lücke von etwa zwei bis fünf Approbationsjahrgängen.

Rahmenbedingungen und Kommunikation gehören zusammen

Daher arbeite die ABDA auf der Grundlage des Apothekertagsbeschlusses von 2021 an einem Nachwuchskonzept – und das sei viel mehr als Kommunikation und Nachwuchswerbung. Dazu würden auch die Ausbildungsplätze, -inhalte und -kosten gehören sowie die Rahmenbedingungen für die Berufsausübung, die Planungssicherheit bieten müssten. Diese Bedingungen gelte es zu schaffen und dann bei den jungen Menschen und in ihrem Umfeld zu kommunizieren, beispielsweise in Schulen. Dabei sei auch zu bedenken, dass die Generation Z im Vergleich zur vorherigen Generation viel mehr Wert auf Familienleben, Nachhaltigkeit und sinnstiftende Arbeit lege.

ABDA bringt 2023 Nachwuchskampagne

Kern berichtete weiter über die Kampagnenmotive der ABDA zur Nachwuchssuche und beklagte, dass die Apotheken diese Plakate in den vorigen zwei Jahren deutlich seltener als zuvor abgerufen hätten. Weitere Maßnahmen der ABDA seien 

  • die Kooperation mit einem Schulbuchverlag, der Lehrmaterial für frei gestaltbare Unterrichtsblöcke produziere, 
  • der Einsatz junger Beschäftigter in Apotheken als Influencer für den Instagram-Auftritt und 
  • Virtual-Reality-Filme für Berufsmessen und die Berufsberatung. 

Für 2023 kündigte Kern eine intensivere Datengewinnung zur Nachwuchsförderung und eine eigenständige Kampagne für das Thema an.

Jeder Einzelne muss etwas tun

Allerdings sieht Kern die Apotheker vor dem typischen „Verbandsdilemma der Kommunikation“. Gegenüber der Politik müssten die mangelnde Vergütung und andere Probleme deutlich angesprochen werden, gegenüber den jungen Menschen müssten aber die Vorteile des Berufs herausgestellt werden. Kern mahnte eindringlich, die jungen Menschen ernst zu nehmen. Mehrere Delegierte betonten, gerade die familienorientierte Generation Z brauche auch Geld für die Familie. Das Einkommen sei daher für die Generation Z nicht weniger wichtig. 

Doch beim Einkommen stehe die Apotheke im Vergleich zu anderen Berufen schlecht da. Die Politik sehe die Folgen erst, wenn es zu spät sei, und die Bevölkerung wisse nichts von diesen Problemen. Kern entgegnete, dann bleibe nur, auf andere Argumente zu setzen, beispielsweise wohnortnahe Arbeitsplätze.

Die Apotheker müssten sich auf ihre Stärken konzentrieren, mahnte Kern. Die Apotheker selbst seien „die wirkungsmächtigsten Botschafter für ihren Beruf“, betonte Kern. Die wichtigste Nachwuchswerbung müssten die Apotheken vor Ort leisten. Prof. Dr. Regina Scherließ, Universität Kiel, brachte es auf den Punkt und erklärte, jede und jeder Einzelne, müsse wissen, woran sie oder er im Beruf Spaß hat. Sie folgerte: „Jeder Einzelne muss etwas tun.“


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Wer soll’s richten?

von Ulrich Ströh am 18.11.2022 um 20:04 Uhr

Es ist unstrittig,dass Menschen , auch Apotheker , geführt werden wollen.

Insofern hat Dr.Kern auf dieser Veranstaltung in SH die Chance verpasst,aufzuzeigen, wie man erfolgreich junge Kollegen für die Offizinapotheken anlockt.

Jeder Einzelne muss etwas tun….

Wenn man nicht mehr weiter weiss, gibt man der Basis die Verantwortung .

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Spaßfaktor?

von Thomas Eper am 18.11.2022 um 17:41 Uhr

"...jede und jeder Einzelne, müsse wissen, woran sie oder er im Beruf Spaß hat..."

Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Regina Scherließ, leider fällt mir hierzu momentan nichts ein.
Nach der Halbierung meines Honorars (inflationsbereinigt) in den letzten 18 Jahren, nach Retaxen in 4-Stelligen Beträgen wegen fehlenden Buchstaben, 60 - 80 Std. Woche
in einer unterbesetzten Apotheke (Personalmangel), 8 freie Tage im Jahr, etc. hält sich der Spaßfaktor sehr in Grenzen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

blind - blinder - Kammern

von Karl Friedrich Müller am 18.11.2022 um 12:46 Uhr

und ABDA
geburtenschwache Jahrgänge LOL
bitte die Analyse von Müller Bohn lesen.
Eine Apotheke ist wirtschaftlicher Selbstmord. Zumindest für Anfänger. Und als Mitarbeiter gibt es attraktivere Stellen, nicht nur was die Vergütung angeht. Da darf man sich mal die Auswüchse der bayrischen Kammer ansehen,

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

.

von Anita Peter am 18.11.2022 um 12:25 Uhr

Auf die Idee, dass der Beruf sowohl für Selbstständige als auch für Angestellte im monetären Bereich zunehmend unattraktiv geworden ist, ist Herrn Kern noch nicht gekommen? Dass die Rahmenbedingungen immer unzuverlässiger werden? Was treibt der Typ den ganzen Tag?? Sich so einen Unsinn ausdenken?

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