COVID-19-Schutzimpfungen

BMG will weiten Impfanspruch beibehalten – Apotheken außen vor?

Berlin - 23.03.2023, 15:15 Uhr

(Foto: IMAGO / Beautiful Sports)

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Am 8. April wäre eigentlich Schluss mit dem bislang weitreichenden Anspruch auf COVID-19-Impfungen. Denn dann greift die aktualisierte Schutzimpfungs-Richtlinie des G-BA, die insbesondere den Anspruch auf einen zweiten Booster stark einschränkt. Doch das BMG will mit einer neuen Verordnung den weiten Anspruch vorerst aufrechterhalten – dabei hat es die Apotheken als Impfstellen offenbar aus den Augen verloren.

Der 7. April ist ein einschneidendes Datum für viele Corona-Sonderregeln und -Verordnungen. Nicht nur die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung tritt dann in weiten Teilen außer Kraft, auch ein entscheidender Paragraf der Coronavirus-Impfverordnung wird unwirksam. Nämlich § 1, der den Anspruch auf die COVID-19-Impfung regelt, für die bislang der Staat zahlt. 

Doch zu Ostern soll die COVID-19-Impfung Kassenleistung werden – maßgeblich für das Bestehen eines Anspruchs ist dann die Schutzimpfung-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Dieser hatte vorausschauend schon im vergangenen Dezember einen Beschluss zur Änderung der Richtlinie beschlossen, der am 8. April in Kraft treten soll.

Damit wird sich der Umfang des Anspruchs auf Schutzimpfungen gegen COVID-19 deutlich reduzieren. Der Anspruch ist dann abhängig vom Alter, einer möglichen Vorerkrankung oder einer beruflichen Indikation. 

So wird etwa die zweite Auffrischimpfung, die derzeit noch nahezu allen offensteht (im Rahmen der Zulassung), auf folgende Personengruppe eingeschränkt: 

  • Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren mit Vorerkrankungen, die das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf erhöhen
  • Personen ab dem Alter von zwölf Jahren mit Vorerkrankungen, die das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf erhöhen
  • Personen ab dem Alter von 60 Jahren
  • Bewohner:innen in Einrichtungen der Pflege.

Überdies kann eine Krankenkasse aber auch in ihrer Satzung weitere Schutzimpfungen vorsehen.

Verordnungsentwurf aus dem BMG

Doch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will den Anspruch vorerst – und zwar bis zum 29. Februar 2024 – über die Vorgaben der Schutzimpfungs-Richtlinie hinaus erhalten. Das geht aus einem Referentenentwurf des Ministeriums für eine „Verordnung zum Anspruch auf zusätzliche Schutzimpfung und auf Präexpositionsprophylaxe gegen COVID-19“ (COVID-19-VorsorgeV) hervor.

Der lediglich vier Paragrafen umfassende Verordnungsentwurf sieht in § 1 Folgendes vor:


„Anspruch auf Schutzimpfungen gegen COVID-19
 
Versicherte haben im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe über die Festsetzungen der Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses hinaus einen Anspruch auf weitere Schutzimpfungen gegen COVID-19. Der Anspruch besteht nur, wenn die Verabreichung der weiteren Schutzimpfung durch eine Ärztin oder einen Arzt für medizinisch erforderlich gehalten wird (ärztliche Indikation). Die Verabreichung des Impfstoffes soll grundsätzlich im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung erfolgen.“ 

§ 1 COVID-19-VorsorgeV (Referentenentwurf vom 1. März 2023)


In der Begründung verweist das BMG darauf, dass ein „fortlaufendes umfangreicheres Impfangebot nach ärztlicher Indikationsstellung und individueller Nutzen-Risiko-Abwägung in den Sommer- und Herbstmonaten“ dazu beitragen könne, im kommenden Herbst und Winter Überlastungssituationen des öffentlichen Gesundheitswesens zu vermeiden. Dies gelte insbesondere, da die Immunität nach einer Schutzimpfung oder Infektion im Laufe der Zeit abnehme. 

Zudem sei es das übergeordnete Ziel der COVID-19-Schutzimpfung, schwere Krankheitsverläufe, Hospitalisierungen und Tod sowie Langzeitfolgen von COVID-19 Erkrankungen in der Bevölkerung so weit wie möglich zu reduzieren. Auch dabei soll der weite Anspruch helfen. Weiter heißt es: „Es ist in erster Linie die Aufgabe der Ärztinnen und Ärzte, ihre Patientinnen und Patienten nach pflichtgemäßen Ermessen, unter Beachtung der gebotenen Sorgfaltspflichten, nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und unter Beachtung des Patientenwillens zu impfen.“

Wo bleiben die Apotheken?

Bei diesen Ausführungen kann man sich fragen, wo der Raum für COVID-19-Impfungen in der Apotheke bleibt. Denn diese sind schließlich mittlerweile eine Regelleistung – auch wenn GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband derzeit noch Näheres zur Vergütung aushandeln (ebenso die Ärzte auf Landesebene). Offenbar will man den niederschwelligen Zugang für Personen ab zwölf Jahren nicht für Impfungen über den Rahmen der Schutzimpfungs-Richtlinie hinaus nutzen. Dabei hatte die parlamentarische Staatssekretärin im BMG, Sabine Dittmar (SPD), erst vergangene Woche beim Symposium der Bundesapothekerkammer zu Impfungen in der Apotheke betont, wie hilfreich diese – additiv zu den Arztpraxen – sei, um mehr Gesundheitsschutz für die Bevölkerung zu erreichen.

Die Nachfrage nach COVID-19-Impfungen ist allerdings ohnehin stark gesunken. Bundesweit mehr als 10.000 Impfungen an einem Tag gab es nach Daten des Robert Koch-Instituts zuletzt Anfang Februar. Derzeit sind es täglich um die 3.000 Impfungen, die verabreicht werden.  

Präexpositionsprophylaxe und COVID-19-Impfsurveillance

Der Verordnungsentwurf adressiert zudem zwei weitere Themenfelder, die sonst nach Karfreitag unter den Tisch fallen würden. Zum einen wäre nach Außerkrafttreten der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung der Anspruch auf Präexpositionsprophylaxe gegen COVID-19 nicht mehr ausdrücklich geregelt – also eine Versorgung mit dem Arzneimittel Evusheld. Hier soll § 2 COVID-19-VorsorgeV Abhilfe schaffen. Der Anspruch soll weiterhin für Patientinnen und Patienten bestehen, bei denen durch eine Schutzimpfung aus medizinischen Gründen kein oder kein ausreichender Immunschutz gegen COVID-19 erzielt werden kann oder bei denen Schutzimpfungen aufgrund einer Kontraindikation nicht durchgeführt werden können und die Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf haben.

Zum andern tritt mit Ablauf des 7. April 2023 die in der Coronavirus-Impfverordnung verankerte rechtliche Grundlage für das Meldesystem zur Erfassung der Schutzimpfungen gegen COVID-19 und der entsprechenden Impfquoten in Deutschland – das Digitale Impfquotenmonitoring (DIM) – außer Kraft. Diese Regelungen sollen nun bis zum 30. Juni 2024 in der neuen Verordnung fortgeführt werden.

Noch bis morgen haben die betroffenen Verbände – darunter die ABDA – Zeit, zum Verordnungsentwurf Stellung zu nehmen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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