Zulassungserweiterung

Adipositas-App Zanadio – jetzt auch für Männer verordnungsfähig

Stuttgart - 29.03.2023, 15:15 Uhr

Die App Zanadio zur digitalen Adipositas-Behandlung wurde Ende Oktober 2020 vorläufig ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen. (Foto: Евгения Медведева / AdobeStock) 

Die App Zanadio zur digitalen Adipositas-Behandlung wurde Ende Oktober 2020 vorläufig ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen. (Foto: Евгения Медведева / AdobeStock)
 


Die Zulassung der Adipositas-App Zanadio wurde erweitert, damit ist sie eine Regelleistung für alle Geschlechter. Für Frauen und nichtbinäre Personen ist Zanadio bereits seit Mitte 2022 dauerhaft erstattungsfähig. 

Das DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) umfasst derzeit 45 Applikationen. Ärzte können die darin aufgeführten digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) verordnen und auf Kassenkosten abrechnen.

Je nachdem, ob zum Zeitpunkt der Aufnahme ein positiver Versorgungseffekt nachgewiesen werden kann, werden die Apps „dauerhaft“ oder lediglich „vorläufig“ – in der Regel befristet auf zwölf Monate – im Verzeichnis geführt. Kann in dieser Erprobungsphase der Nachweis erbracht werden, erfolgt die dauerhafte Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis. Wird der Nachweis hingegen nicht erbracht, werden die Anwendungen wieder aus dem Verzeichnis gestrichen.

Bislang konnten nur wenige Anwendungen den Nutzennachweis entsprechend erbringen, seit Mitte 2022 zählt auch Zanadio zu diesem exklusiven Kreis. Die App zur digitalen Adipositas-Behandlung wurde Ende Oktober 2020 vorläufig ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen. Knapp zwei Jahre später – Ende August 2022 – konnte der Hersteller „aidhere“ das BfArM überzeugen und so den Statuswechsel vollziehen.

Gewichtsverlust mit Zanadio – unabhängig vom Geschlecht  

Allerdings war die Anwendung bislang nur für Frauen und nichtbinäre Personen verordnungsfähig. Mittels nachgereichter Real-World-Daten konnte der Hersteller nun Ende März 2023 eine Zulassungserweiterung erwirken.

Laut einer Pressemitteilung des Unternehmens zeigten die vorgelegten Daten, dass mit Zanadio unabhängig vom Geschlecht ein Gewichtsverlust von durchschnittlich 8 Prozent erreicht werden konnte. Die App ist damit künftig geschlechtsunabhängig als GKV-Leistung erhältlich – für Frauen, Männer und nichtbinäre Personen ab 18 Jahren mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 bis 40.

Der Body-Mass-Index und die Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft

Der Body-Mass-Index (BMI) ist der Quotient aus Körpergewicht und Körpergröße im Quadrat (kg/m2). Er wird zur Beurteilung von Übergewicht herangezogen: Als adipös gelten Menschen mit einem BMI von mehr als 30. Übergewicht beginnt bei einem BMI von über 25.  

Eine Behandlung ist laut Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) indiziert bei

  • einem Body-Mass-Index (BMI) ≥ 30 kg/m² oder
  • Übergewicht mit einem BMI zwischen 25 und 30 kg/m2 und gleichzeitigem Vorliegen
    • übergewichtsbedingter Gesundheitsstörungen (z. B. Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2) oder
    • einer abdominalen Adipositas oder
    • Erkrankungen, die durch Übergewicht verschlimmert werden, oder
    • einem hohen psychosozialen Leidensdruck.

Zanadio basiert auf der S3-Leitlinie zur Behandlung von Adipositas und entspricht in der erzielten Gewichtsreduktion deren Empfehlung: Die Leitlinie rät zu einer Gewichtsreduktion von fünf bis zehn Prozent innerhalb eines Jahres.

Ein Blick in die App. (Quelle: Zanadio)

Um eine anhaltende Gewichtsreduktion zu ermöglichen, setzt die App auf die Veränderung von Bewegungs-, Ernährungs- und Verhaltensgewohnheiten. Zu diesem Zweck können Kalorienaufnahme und -verbrauch in der App erfasst und so veranschaulicht werden. Hierfür kommen optional auch Fitnesstracker und WLAN-Waagen zum Einsatz, die jedoch kein Bestandteil der Kassenleistung sind. In der sogenannten Akademie erhalten die Nutzenden relevantes Wissen (z. B. zu Ernährung und Bewegung), das dem jeweiligen Lebensstil angepasst wird. Mithilfe von multimedialen Lektionen werden zudem Verhaltenstipps und Hintergrundinformationen vermittelt. Durch spielerische Elemente, z. B. durch das Erwerben von Medaillen, soll die Motivation während des Therapiezeitraums aufrechterhalten werden. Bei Fragen oder Schwierigkeiten sowie für Feedback steht ein qualifizierter Support via Chat-Funktion zur Verfügung.

Studie: Reduzierung des Ausgangsgewichts um rund 8 Prozent  

In einer klinischen Studie der Universität Leipzig konnte die medizinische Wirksamkeit der digitalen Adipositas-Behandlung belegt werden. Dabei erreichten die Teilnehmenden nach zwölfmonatiger Nutzung der App eine Reduzierung ihres Ausgangsgewichts um durchschnittlich knapp acht Prozent (7,75 %). Die Körperfettverteilung (gemessen am Taille-Hüft-Verhältnis) änderte sich hingegen nicht.  

Als sekundäre Endpunkte wurden zudem Lebensqualität und Wohlbefinden erfasst: Beide verbesserten sich durch die Nutzung der App. Allerdings hielt der Effekt in Bezug auf die Lebensqualität nur kurz an, sodass nach zwölf Monaten Nutzung keine signifikante Verbesserung (mehr) festgestellt werden konnte.  

Zanadio ist kontraindiziert bei: 

  • einem BMI von über 40 kg/m²,
  • sekundären Adipositasformen (Cushing-Syndrom, Prader-Willi-Syndrom, Hypogonadismus u. a.),
  • Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion), sofern nicht im Vorfeld medikamentös behandelt,
  • Unterfunktion und anderen Störungen der Hypophyse,
  • bariatrischer Operation (Magenverkleinerung, Magenband o. Ä.) in den letzten drei Jahren,
  • fehlender Bereitschaft zur Anpassung des Lebensstils,
  • körperlichen Einschränkungen, die eine mäßige physische Aktivität verhindern,
  • bestehender oder vermuteter Schwangerschaft.

Nadine Sprecher, Apothekerin, Redakteurin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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