Tyruko von Sandoz

Natalizumab-Biosimilar zur Zulassung empfohlen

Stuttgart/Basel - 24.07.2023, 10:45 Uhr

Der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittel-Agentur hat den Zulassungsantrag für ein Natalizumab-Biosimilar positiv bewertet. (IMAGO / dts Nachrichtenagentur)

Der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittel-Agentur hat den Zulassungsantrag für ein Natalizumab-Biosimilar positiv bewertet. (IMAGO / dts Nachrichtenagentur)


Das MS-Arzneimittel Tysabri (Natalizumab) bekommt wohl demnächst Biosimilar-Konkurrenz. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat ein entsprechendes Präparat zur Zulassung empfohlen. Antragsteller ist Sandoz. 

Natalizumab wird angewendet für die krankheitsmodifizierende Monotherapie bei Erwachsenen mit hochaktiver, schubförmig remittierend verlaufender Multipler Sklerose (RRMS). Der humanisierte mononoklonale Antikörper ist ein Hemmstoff des Alpha4-Integrins (Intergrine sind Adhäsionsmoleküle an der Oberfläche von Leukozyten) und verhindert das Einwandern der Leukozyten in Entzündungsherde. Seit 2006 ist der Wirkstoff unter dem Handelsnamen Tysabri in Deutschland erhältlich. 

Progressive multifokale Leukenzephalopathie unter Natalizumab

Natalizumab gilt als hocheffektiv. Allerdings erhöht der Antikörper das Risiko, dass Patienten unter der Therapie eine progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) entwickeln – eine opportunistische und teils lebensbedrohliche Infektion. Sie wird durch das John-Cunningham(JC)-Virus verursacht, ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems und geht mit ausgedehnter Myelinzerstörung einher. Die Erkrankung trifft vor allem schwer immunsupprimierte Menschen, so beispielsweise Menschen mit Multipler Sklerose unter Natalizumab-Therapie. 

Zu den häufigsten Sym­ptomen einer PML zählen 

  • Schwäche,
  • Sprach- und Kommunikationsschwierigkeiten,
  • Sehkraftveränderungen und in manchen Fällen auch
  • Veränderungen der Stimmung oder des Verhaltens.

Eine PML kann zu einer schweren Behinderung führen oder tödlich verlaufen (Mortalitätsrate 24% bei mit Natali­zumab behandelten Patienten mit bestätigter PML), weswegen Patienten unter Natalizumab sorgfältig zu überwachen sind und der Antikörper bei Verdacht auf eine PML bis zum Ausschluss der Erkrankung zu pausieren ist. 

Eine bestätigte PML führt zwingend und dauerhaft zum Abbruch einer Therapie mit Natalizumab. 

Demnächst werden wohl die ersten Biosimilars verfügbar sein. Denn der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat am vergangenen Freitag eine positive Stellungnahme zur Marktzulassung eines entsprechenden Präparats abgegeben. Hinter dem Antrag steckt die Noch-Novartis-Tochter Sandoz, deren Abspaltung vom Mutterkonzern noch in diesem Jahr vollzogen werden soll. Die Zulassung wurde in der gleichen Indikation beantragt wie für das biologische Referenzpräparat von Biogen, Tysabri. Die endgültige Entscheidung über die Zulassung trifft die Europäische Kommission, die aber im Regelfall den Empfehlungen des CHMP folgt. 

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Entwickelt wurde das Biosimilar von Polpharma Biologics. Sandoz schloss 2019 eine globale Vermarktungsvereinbarung für das Biosimilar ab. Im Rahmen dieser Vereinbarung wird Polpharma Biologics die Verantwortung für die Entwicklung des Medikaments, die Herstellung und die Lieferung des Wirkstoffs übernehmen. Im Rahmen einer exklusiven globalen Lizenz hat Sandoz die Rechte für die Vermarktung und den Vertrieb des Medikaments in allen Märkten.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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