Kinderarzneimittel in der nächsten Infektionssaison

Lauterbach bittet Großhandel um intensivierte Bevorratung

Berlin - 24.08.2023, 15:20 Uhr

Karl Lauterbach will erneuten Engpässen bei Kinderarzneimitteln vorbeugen. (Foto: IMAGO / dts Nachrichtenagentur)

Karl Lauterbach will erneuten Engpässen bei Kinderarzneimitteln vorbeugen. (Foto: IMAGO / dts Nachrichtenagentur)


Engpässe bei Kinderarzneimitteln, wie wir sie im vergangenen Herbst und Winter erleben mussten, will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der kommenden Saison unbedingt vermeiden. Bis das jüngst in Kraft getretene Engpassgesetz volle Wirkung zeigen kann, wird es jedoch noch dauern. Daher hat der Minister den Großhandel gebeten, die Beschaffung und Lagerhaltung bestimmter Kinderarzneimittel zu intensivieren. Dadurch entstehende Zusatzausgaben würden übernommen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dringt auf Vorkehrungen gegen mögliche neue Engpässe bei Kindermedikamenten. Nach derzeitiger Einschätzung könnte im kommenden Herbst und Winter bei wichtigen Antibiotika und weiteren relevanten Arzneimitteln für Kinder „eine angespannte Versorgungssituation“ entstehen, heißt es in einem Brief des Ministers an den Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (Phagro), der der DAZ vorliegt.

Der Minister verweist auf eine neue Dringlichkeitsliste für Kinderarzneimittel, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erstellt hat. Wie es auf der BfArM-Webseite heißt, enthält diese Liste essenzielle Arzneimittel für die Pädiatrie, die in der kommenden Infektionssaison möglicherweise einer angespannten Versorgungssituation unterliegen. Sie enthält 34 Positionen – von Amoxicillin-Pulver über Ibuprofen und Paracetamol in diversen kindgerechten Darreichungsformen bis hin zu Xylometazolin oder Oxymetazolin (Nasenspray, Lösung). Die aufgeführten Arzneimittel sind größtenteils auch Bestandteil der kürzlich im Bundesanzeiger veröffentlichten Liste pädiatrischer Arzneimittel gemäß § 35 Absatz 5a SGB V.

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Was diese neue Liste mit Kinderarzneimitteln mit höchster Priorität betrifft, bittet Lauterbach den Großhandel darum, die Beschaffung und Lagerhaltung dieser Mittel zu intensivieren. Mit dem kürzlich in Kraft getretenen Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBWG) wurde der pharmazeutische Großhandel bereits verpflichtet, Arzneimittel für Kinder, die in der Liste nach § 35 Absatz 5a SGB V aufgeführt sind, für einen durchschnittlichen Vier-Wochen-Bedarf vorzuhalten – grundsätzlich soll der Vorrat dem durchschnittlichen Bedarf von zwei Wochen entsprechen.

Gegenfinanzierung des Mehraufwandes soll geprüft werden

Zudem bittet der Minister den Phagro, sich mit den pharmazeutischen Unternehmen zur Einschätzung der verfügbaren Mengen dieser Arzneimittel für Herbst/Winter 2023/2024 abzustimmen. Ebenso möge der Phagro die notwendigen finanziellen Aufwendungen des Großhandels für die dringliche Beschaffung und Bevorratung für die Bereitstellung dieser Arzneimittel bis zum Beginn der Infektionssaison Herbst/Winter einschätzen. Lauterbach stellt sogar in Aussicht, eine erhöhte Großhandelsvergütung zu prüfen, wenn die Aufwendungen höher werden und über die mit dem ALBVVG beschlossenen zusätzlichen 3 Cent für den Großhandel hinausgehen. Er spricht von einer „außerordentlich dringlichen Maßnahme“, die zu realisieren sei. 

Nicht zuletzt kündigt Lauterbach an, dass sein Haus „zur Unterstützung der Bereitstellung für die Arzneimittel der Dringlichkeitsliste eine Bekanntmachung nach § 79 Absatz 5 Arzneimittelgesetz“ vorbereitet – also die offizielle Bekanntmachung eines Versorgungsmangels. Damit würde der Import knapper Arzneimittel vereinfacht. Zudem könnten die Medikamente durch das BfArM kontingentiert und regional besser verteilt werden.

Eltern sollen nicht erneut vor leeren Apothekenregalen stehen

Der Mediengruppe Bayern, die zuerst über den Brief an den Phagro berichtet hatte, sagte Lauterbach: „Wir haben die Rahmenbedingungen für den Arzneimittelmarkt bereits verändern. Das Gesetz braucht aber Zeit, um zu wirken. Um kurzfristig Arzneimittelengpässen vorzubeugen, soll der Großhandel deshalb wichtige Medikamente für Kinder bereits jetzt bevorraten. Noch gibt es keine Engpässe. Aber dazu darf es auch nicht wieder kommen. In dieser Erkältungs- und Grippesaison sollen besorgte Eltern nicht erneut vor leeren Apothekenregalen stehen.“


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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7 Kommentare

Lauterbachs Schnapsidee

von Wolfgang Steffan am 25.08.2023 um 14:54 Uhr

Wo bleibt das Lagerentgelt für uns Apotheken ?

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AW: Lauterbachs Schnapsidee

von Marc Raddatz am 29.08.2023 um 9:02 Uhr

Wie soll man sich bevorraten, wenn es gar keine Ware gibt

Wir bitten alle Apothekerinnen und Apotheker die folgende Petition zu unterstützen und weiter zu verbreiten:

https://www.openpetition.de/petition/online/perspektive-fuer-die-apotheke-vor-ort-streik-jetzt

Apothekeninhaberinnen und Apothekeninhaber bitten wir zusätzlich eine E-Mail an info@vor-ort-apotheken.de zu senden mit Ihren Kontaktdaten und dem Betreff: "Streik Jetzt".

Die ABDA muss jetzt handeln und die Basis muss sie leider dahin drängen.

AW: Lauterbachs Schnapsidee

von Holger am 04.09.2023 um 16:01 Uhr

Achso, wenn man ihr persönliches Einkommen erhöht, erledigt sich damit das Problem - interessanter Gedanke.

Bankrotterklärung

von Holger am 25.08.2023 um 8:23 Uhr

Der Minister "bittet" - also wenn DAS kein politischer Offenbarungseid ist, dann weiß ich es auch nicht mehr.

Und mir fällt noch das alte Sprichwort ein:
"Spare in der Zeit, dann hast du in der Not".

Jetzt, lieber Herr Minister, ist gerade Not! Da ist sparen nicht nur keine gute Idee, sondern schlechterdings nicht möglich. Diese Idee hätten sie vor 2-3 Jahren politisch auf die Schiene setzen können, ja müssen. Da gab es das Thema Lieferunfähigkeiten auch schon, aber es wollte irgendwie in ihrem Haus niemand hören ....

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AW: Bankrotterklärung

von eimer langsdorf am 26.08.2023 um 16:01 Uhr

Lauterbach geht über Leichen. Kinderleichen. Im letzten Winter starben wieder Kinder an Scharlach. Völlig unnötig.
Konnte er sich im letzten Winter noch herausreden, ist es im kommenden seine Verantwortung (seine Kumpanen von grün und gelb, Piechotta und Ullmann, beide (!!) Ärzte (?!) tragen Ihren Teil mit bei).
Aber wenigstens geht es mit Cannabis voran: da können sich besorgte Eltern zudröhnen, während Ihre Kleinkinder wimmern...

4 Wochen-Vorratshaltung für den GH

von Dorf-Apothekerin am 24.08.2023 um 18:44 Uhr

Größeres Warenlager, mehr Steuern..... Wird Prof. Lauterbach die auch übernehmen? Ob er den Zusammenhang kennt?

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Keine Spielchen mehr

von Dr. Radman am 24.08.2023 um 16:19 Uhr

Ich kann den Großhandel nur davor warnen, sich auf solche Spielchen einzulassen. Der Minister versucht nur seine Verantwortung irgend wohin zu verschieben. Wenn Arzneimittel mit fremden Sprachen importiert werden, wer erklärt der Eltern die Herstellung und die Dosierung? . Richtig! Die Apotheke. Aber uns wird keine Aufwandsentschädigung versprochen. Ganz im Gegenteil. Bei uns wird nach 20 Jahren Honorarstillstand sogar noch genüsslich gekürzt.

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