Interview in der Umschau

Lauterbach will Notdienste besser vergüten

Berlin - 31.10.2023, 16:00 Uhr

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat große Pläne, wie er im Interview mit der „Apotheken Umschau“ erklärt. (imago images / Future Image)

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat große Pläne, wie er im Interview mit der „Apotheken Umschau“ erklärt. (imago images / Future Image)


Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigt gegenüber der „Apotheken Umschau“ seine Liberalisierungspläne. Da das Geld in den Kassen angeblich knapp ist, könne er seine „Wertschätzung“ der Apothekerschaft nicht durch eine Erhöhung des Fixhonorars zeigen – dafür hat er alternative Ideen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Vergütung der Notdienste anheben. Das sagte er in einem Interview mit der „Apotheken Umschau“, das an diesem Dienstag veröffentlicht wurde. Die Unterstützung müsse gezielt erfolgen, insbesondere in „strukturschwachen Gebieten“. „Es gibt Apotheken auf dem Land, die zum Teil zwei Notdienste pro Woche machen. Das ist beachtlich. Ich kenne wenige Berufsgruppen, die dazu noch bereit wären“, so Lauterbach. Wie zuvor schon, stellte der Minister zudem in Aussicht, die Kompetenz der Apotheker und Apothekerinnen stärker nutzen zu wollen – etwa in der Prävention von Schlaganfällen und Herzinfarkten.

Das erklärte Lauterbach in Zusammenhang mit der fehlenden Wertschätzung, die die Apothekerschaft ihm immer wieder vorwirft. Der Minister hielt der ABDA vor, sie vermittele den Eindruck, dass die Erhöhung des Honorars von 8,35 auf 12 Euro die „einzige Möglichkeit“ wäre, Wertschätzung zu zeigen. „Das macht es für mich schwierig, da wir derzeit geringe finanzielle Spielräume haben.“ Welche konkreten Möglichkeiten er sonst noch sehe, das wollte er mit Verweis auf die internen Beratungen zum Gesetzentwurf nicht verraten.

Attraktiv und aufgewertet

Die bislang bekanntgewordenen Eckpunkte seiner Pläne zur Liberalisierung des Apothekensystem verteidigte er und hatte dabei auch noch Ideen parat, wie der Beruf der Apotheker:innen und PTA „attraktiver“ würden. Lauterbach trat dem Vorwurf entgegen, man wolle bestehende Apotheken in Filialen umwidmen. Es gehe um unterversorgte Gebiete, „Mir wären Filialen lieber als dort alles dem Versandhandel zu überlassen.“ Zudem würde beispielsweise die Möglichkeit als PTA ohne Apotheker:innen zu arbeiten, die Tätigkeit „aufwerten“. Überdies gebe es auch nicht genug Apotheker:innen auf dem Land. „Und daran würde übrigens auch eine Anpassung der Honorare nichts ändern.“

Mehr zum Thema

Lagebericht der ABDA-Präsidentin

„Völlig verrückte Pläne“

Verkündung im Bundesgesetzblatt

Das ALBVVG tritt in Kraft – was gilt ab wann?

Anders wäre es, wenn der Apothekerberuf „interessanter“ wäre, „wenn mehr wichtige medizinische Aufgaben in Kooperation mit den Ärzten gemacht werden können“. Lauterbach konterte etwaige Bedenken aus der Ärzteschaft mit der Bemerkung „Standesdenken bringt uns keinen Schritt weiter“. Er setze „auf ein Miteinander der unterschiedlichen Berufsgruppen. Nur so können wir die Versorgungsqualität bieten, die wir bieten wollen“.

Lauterbach hat „sehr viel Verständnis“ für Protest

Mit Blick auf die Streiks und Proteste der Heilberufler zeigte er „sehr viel Verständnis“. Aber es gebe nun mal kein Geld. „Mein Vorgänger hinterließ mir ein Kassendefizit von 17 Milliarden. So ein Defizit gab es noch niemals. Wir haben es ausgeglichen.“

Wegen der Lieferengpässe sagte er, dass das von ihm dazu angestoßene und Ende Juli in Kraft getretene Gesetz noch Zeit zur Entfaltung brauche. Man setze jetzt „Anreize für Hersteller, in Europa zu produzieren“. Positive Rückmeldungen gebe es bereits, insbesondere bei Kinderarzneimitteln sehe man Bewegung. Man wolle wieder attraktiver für die Pharmaindustrie werden und „mittelfristig“ die „Abhängigkeit von Asien reduzieren“.


Deutsche Apotheker Zeitung
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


3 Kommentare

Angemessene Honoraranpassung

von Thomas Kerlag am 31.10.2023 um 21:29 Uhr

Ein Sondervermögen mehr oder weniger fiele
doch kaum ins Gewicht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

20 Jahre Misswirtschaft

von Thomas B am 31.10.2023 um 18:43 Uhr

Sicher ist Honorar nicht die einzige Möglichkeit, Wertschätzung zu zeigen. Aber eine essenzielle! Und wenn nicht durch die schuldhafte Verweigerung einer kostenentwicklungsbedingten Honoraranpassung über 20 Jahre der Druck so groß wäre..... Sorry, aber mit warmen Worten können wir uns keinesfalls zufriedengeben. Absolutes Minimum ist eine Anpassung des Fixums an die Kostenentwicklung der letzten 20 Jahre und eine Dynamisierungsautomatik. Und da ist die Forderung mit 12 € noch zu niedrig. Nach mehreren unabhängigen Rechnungen ist jede einzelne Abgabe inzwischen nicht nur unrentabel, sondern sogar defizitär!
Mit einer Anpassung hat Herr Lauterbach eine Bringschuld, die sogar im Gesetzes- bzw. Verordnungstext verankert ist. Der Versuch, auf vorherige Minister abzuwälzen, ist absolut unhaltbar. Herr Lauterbach war seit Ulla Schmidt stets involviert und mitverantwortlich. Durch die Gehaltserhöhungen der letzten 20 Jahre wurden enorme Mehreinnahmen an Krankenkassenbeiträgen generiert. Solange er anderen Leistungserbringern jährlich Erhöhungen zugesteht und Geld für so wichtige Dinge wie Gesundheitskioske ausgeben kann, taugt seine Argumentation noch nicht mal als faule Ausrede.
Für die Bereitschaft, über die Akzeptanz einer weiteren Nullrunde auch nur nachzudenken ist zwingende Voraussetzung, dass Herr Lauterbach mit gutem Beispiel vorangeht und die Bezüge von allen anderen - also Krankenkassenvorständen, Parlamentariern und anderen Regierungsverantwortlichen usw ebenso auf das Niveau von 2003 zurückführt. Ansonsten kann ich seine Äusserungen bei allem gebotenen Respekt nur als weiteren Akt der Mißachtung, Übervorteilung und Diskreditierung verstehen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Neue Serpentinen

von Dr.Diefenbach am 31.10.2023 um 18:35 Uhr

...findet dieser Minister stets aufs Neue.Es IST doch wohl mit diesen Worten klar,
dass es keine Erhöhung des Fixums gibt. Dass eine bessere Notdienstvergütung eine wirtschaftliche Perspektive ist, das ist UNSINN!!
Die Präsidentin wird erkennen müssen, dass dieser Minister UNZUGÄNGLICH IST und BLEIBT.Seine dümmlichen Almosen sind eine derartige Zumutung dass ich heute Abend dem FDP Brief folgen möchte, der DIESE Ampel BEENDET! sehen möchte....
Vielleicht kommt dann ein Neuer, ein FACHMANN;der solche Wirren nicht verfolgt.Schon die Info ,dass man Produktion wieder zurückholt,"mittelfristig": WAS soll das denn?So etwas dauert von der Inbetriebnahme,breiter angelegt,JAHRE!!!
Aber wie gesagt.Lauterbach lebt in einer Scheinwelt, die sich vom Diesseits ,jedenfalls wirtschaftlich, längst abgekoppelt hat.
Für die medizinischen Berufe stellt er eine Zumutung dar!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.