Der Streiktag wurde also fast vollständig von den umliegenden Tagen kompensiert. Zwar lag die Gesamtwoche des Streiks nur ein Prozent über den Vergleichswochen der Vorjahre (wohingegen alle anderen Juniwochen 2023 knapp 20 Prozent darüber lagen) aber insgesamt waren keine echten Einbußen zu verzeichnen. Vergleicht man den Streikmittwoch übrigens mit einem bundesdurchschnittlichen Samstag, so wurden immer noch doppelt so viele Rezepteinlösungen gezählt.
Auch der November-Protest wird kompensiert
Der zweite bundesweite Protesttag am 27. September anlässlich der Rede von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor den Delegierten des Deutschen Apothekertags führte nur zu einem leichten Rückgang: Die Rx-Absätze lagen sieben Prozent unter dem Mittwochsdurchschnitt, die OTC-Absätze büßten zehn Prozent ein.
Interessant zu beobachten ist, dass der in vier Bundesländern ausgerufene Halbtagsstreik am Nachmittag des 18. Oktober ein im Bundesdurchschnitt absatzstarker Mittwoch war. Offenbar hatte der Streik die Medien erreicht und darüber dann die Verbraucher, die dann schnell noch in der (vermeintlich geschlossenen) Apotheke ihr Rezept einlösten oder ein OTC-Präparat kauften.
Die regionalen Protestmittwoche im November zeigten dann wieder ähnliche Kompensationseffekte wie der Streik im Juni, jedoch nicht im selben Ausmaß. An den Novembermittwochen lag der Absatz mit Rx der (geöffneten) Apotheken knapp 34 Prozent unter dem Wochendurchschnitt und damit 20 Prozent unter einem Durchschnittsmittwoch (siehe Abb. 2).
Im Ergebnis brachte das Konzept der Streikmittwoche also keine wirtschaftlichen Nachteile für die Vor-Ort-Apotheken: Die Rx-Umsätze wurden weitestgehend kompensiert, und die OTC-Umsätze wanderten nicht in den Onlinehandel ab. Positiv formuliert funktioniert die Kommunikation, und die Patienten stellen sich auf Streiks ein – sogar, wenn diese in ihrem Bundesland gar nicht stattfinden.
Der Dienstag nach Aschermittwoch hat es in sich
Ein aus völlig anderen Gründen absatzstarker Tag war Dienstag, der 28. Februar – und zwar sowohl in Bezug auf abgegebene Rx- als auch OTC-Arzneimittel und freiverkäufliche Sortimente. Was war die Ursache? Es herrschten fast frühlingshafte Temperaturen. Für die Christen hatte die Fastenzeit begonnen. Und der Verkehrsminister kippte das EU-Abkommen zu E-Fuels – alles in allem ein normaler Tag also.
Aber eben auch der erste Dienstag nach Aschermittwoch. Und dieser zeichnet sich – 2020/2021 coronabedingt ausgenommen – durch besonders hohe Absätze aus. Das gilt besonders dann, wenn die Karnevalszeit bereits im Februar endet. 2024 sollte man sich also schon mal den 20. Februar vormerken und vielleicht am Tag danach streiken – dann wird der Februar bombastisch.
Die neunte Kalenderwoche, in welche der 28. Februar fiel, war auch laut ARE-Konsultationsindex die Woche mit den meisten Arztbesuchen (siehe Abb. 3). Daten für die sonst ebenfalls sehr hochfrequenten Vorweihnachtswochen lagen zum Redaktionsschluss noch nicht vor.
30. April: Auch ein Notdienst kann sich lohnen
Während die Umsätze von Notdienst-Apotheken an Sonn- und Feiertagen gewöhnlich nicht überragend sind, gab es 2023 einen außergewöhnlichen Sonntag, nämlich den 30. April. Einen Tag vor dem „Tag der Arbeit“ gab es im Notdienst besonders gute Umsätze. Die meldenden Apotheken – etwas mehr als sonst an einem Sonntag – erlebten wirtschaftlich einen richtig guten Tag. Es wurden fast viermal so viele Rezepte eingelöst wie an einem Durchschnittssonntag, und auch der OTC-Umsatz war fast doppelt so hoch wie im Schnitt.
Es passte einfach alles, sogar der Bonwert mit OTC-Präparaten lag mit 72,73 Euro weit über dem Sonntagsdurchschnitt von 14,21 Euro. Aus Infektions- und Verschreibungssicht waren weder Wochenende noch die Woche danach außergewöhnlich. Es dürfte also am Feiertag gelegen haben. Ein solcher „Vorfeiertags-Sonntagseffekt“ scheint jedoch nur bei beweglichen Feiertagen an einem Montag aufzutreten. Rosenmontag, Ostermontag und Pfingstmontag hatten keine entsprechenden Ausschläge.
Da 2024 zwar arbeitnehmerfreundlich viele Wochentage als Feiertage hat, aber keinen beweglichen an einem Montag, lohnt es insofern nicht, auch im nächsten Jahr auf einen außergewöhnlichen Notdienstsonntag zu spekulieren.
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