Geringe Evidenz für Lokaltherapeutika
Die Studienlage bei lokalen Arzneimitteln ist insgesamt bescheiden. Geht es nach der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin, sind zur kurzzeitigen Lokalbehandlung von Halsschmerzen lediglich drei Gruppen von Lutschtabletten zu empfehlen: solche mit Lokalanästhetika, mit nichtsteroidalen Analgetika (NSAR) und solche ohne pharmakologischen Wirkstoff. In die letztere Gruppe fallen zahlreiche befeuchtende und schleimhautschützende Präparate. Wirksame Bestandteile sind beispielsweise Emser Salz, Hyaluronsäure und Schleimbildner.
Die Lokalanästhetika Benzocain, Lidocain und Ambroxol verhindern Aktionspotenziale in schmerzsensiblen Nervenzellen. Dabei ist die anästhetische Potenz von Ambroxol, das eher als Expektorans bekannt ist, höher als die von Benzocain und Lidocain. Auch bleibt die Wirksamkeit von Ambroxol und Benzocain im sauren Milieu des entzündeten Gewebes erhalten; hingegen gelangt die protonierte Form von Lidocain kaum in die Zelle, die Wirksamkeit ist fraglich. Unerwünschte Ereignisse werden bei Lokalanästhetika nur wenige berichtet. Gelegentlich treten allergische Reaktionen der Mundschleimhaut auf. Eine Methämoglobinämie mit Atemnot und Cyanose ist möglich, aber sehr selten. Patienten sollten auf die Höchstdosen hingewiesen werden. Lokalanästhetika können ein gewisses Taubheitsgefühl in Mund und Rachen hinterlassen und den Geschmackssinn beinträchtigen. Direkt nach der Anwendung sollte man eher nicht essen und trinken.
Sehr kritisch beurteilen die ärztlichen Autoren der Halsschmerz-Leitlinie Lokalantiseptika und topische Antibiotika. Ihre Anwendung sei bei einer mehrheitlich viral bedingten Infektion nicht nachvollziehbar und soll nicht empfohlen werden [1]. Dennoch sind entsprechende Substanzen in vielen gängigen Halsschmerzmitteln zu finden, gerne kombiniert mit Lokalanästhetika. Die „Quats“ wirken kaum viruzid und nur begrenzt antibakteriell, verlieren außerdem in saurem Gewebe an Wirkung und dringen kaum in die Tiefe vor, wo sich die wesentliche Infektion abspielt. Lutschtabletten mit den Antiseptika Amylmetacresol und Dichlorbenzylalkohol waren in einer Metaanalyse geringfügig wirksamer als Placebotabletten, jedoch wird hier ein Publikationsbias zugunsten des Präparates vermutet.
1 Kommentar
ausmerzen ?
von Dr Peter Post am 06.02.2024 um 23:06 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.