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Was Netzwerkerinnen im Gesundheitswesen antreibt

Stuttgart - 08.03.2024, 10:44 Uhr

Warum können Männer besser netzwerken als Frauen - oder ist das gar nicht so? (Foto: sebastien jouve/AdobeStock)

Warum können Männer besser netzwerken als Frauen - oder ist das gar nicht so? (Foto: sebastien jouve/AdobeStock)


Das Gesundheitswesen ist weiblich. Der Frauenanteil der sechs Millionen Beschäftigten lag bei 2022 fast 75% (Quelle: Destatis). Diese Quote spiegelt sich allerdings in den Führungspositionen nicht wider, die apothekerlichen Standesorganisationen sind hier nur ein Beispiel von vielen. Eine Reihe von Netzwerken hat es sich deswegen zur Aufgabe gemacht, die Sichtbarkeit und den Einfluss von Frauen im Gesundheitswesen zu erhöhen. Was treibt die Beteiligten an?

Doch warum ist Netzwerken überhaupt wichtig? Im Jahr 2024 liegt es nahe, diese Frage ChatGTP zu stellen. Die KI hat darauf folgende Antwort: Netzwerken sei aus verschiedenen Gründen, insbesondere in beruflichen und persönlichen Kontexten wichtig, heißt es. So ermögliche Netzwerken, Kontakte zu knüpfen und Beziehungen zu Personen in der Branche aufzubauen. Diese Kontakte können zu beruflichen Chancen wie Jobs, Projekten, Partnerschaften oder Geschäftsmöglichkeiten führen. Zudem ermöglichten Netzwerke Zugang zu Informationen, die bei der beruflichen Entwicklung helfen können. Man könne von Erfahrungen anderer lernen, aktuelle Branchentrends verfolgen und relevante Informationen schneller erhalten. Weiter könne ein starkes berufliches Netzwerk bei der Karriereentwicklung helfen, indem es dir Zugang zu Mentoren, Ratgebern und Fachleuten in höheren Positionen ermöglicht. Diese Personen können wertvolle Ratschläge geben und als Unterstützung dienen. 

Weitere Gründe, warum ChatGTP Netzwerken wichtig findet, sind die persönliche Entwicklung, Ressourcenzugang sowie geschäftliche Möglichkeiten. Insgesamt sei Netzwerken also ein wichtiger Aspekt, der nicht nur beruflichen Erfolg fördert, sondern auch persönliches Wachstum und die Schaffung von Möglichkeiten in verschiedenen Lebensbereichen unterstützt, so ChatGTP.

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Frauen sagt man allerdings nach, dass sie sich mit dem Netzwerken schwerer tun als Männer. Cornelia Wanke, die in mehreren Frauennetzwerken im Gesundheitswesen aktiv ist, bestätigt dies. Gegenüber der DAZ erklärt sie auf die Frage, warum für sie Netzwerken eine Herzensangelegenheit ist: „In einer meiner vielen Diskussionsrunden (mit Männern und Frauen) hatte ich vor ein paar Jahren ein echtes Aha-Erlebnis. Da sagte ein Mann auf die Frage, warum so intelligente Frauen oftmals nicht zum Zuge kämen, Folgendes: ‚Ja, das liegt daran, dass die Frauen immer fleißig arbeiten. Sie arbeiten sogar die Mittagspause durch, um alles richtig und hundertprozentig zu machen – und die Männer gehen einfach gemeinsam in die Mittagspause und netzwerken. Deshalb bringen sich Männer (oft auch gegenseitig) voran, während Frauen die fleißigen Lieschen sind, die brav alles abarbeiten.‘ Das macht mich heute noch immer sehr nachdenklich. Und in der Tat netzwerken Frauen viel zu wenig – und oft leider auch nicht so effektiv.“

Cornelia Wanke ist in mehreren Netzwerken aktiv. 

 

Aber genau darin liegt Wanke zufolge das Geheimnis des Weiterkommens: „Sich gegenseitig zu empowern und nach vorne zu bringen. Auszuloten, was man gemeinsam besser erreichen kann, statt alleine schnell vorauszueilen.“

Die #DenkfabrikApotheke will Apothekerinnen sichtbarer machen und die Gesundheitsversorgung mitgestalten.

Wankes Einschätzung bestätigt ein Zeit.online-Artikel aus dem Jahr 2017. Dort heißt es: „Informelle Netzwerke von Frauen sind viel weniger wirksam als Männerbündnisse. Das liegt Studien zufolge zum einen daran, dass sich Frauen einerseits zu wenig trauen, aktiv nach Karrierehilfe zu fragen – und auch aktiv ihre Ambitionen zu kommunizieren. […] Frauen, die den Aufstieg schaffen – und das beschreibt die Sozialforschung schon seit 30, 40 Jahren – neigen dazu, ihre Geschlechtsgenossinnen nicht zu unterstützen. Sie haben oft die Erfahrung gemacht, dass sie es ja trotz aller Widrigkeiten geschafft haben. […] Die fehlende Frauensolidarität ist auch im Jahr 2017 immer noch ein Problem.“

Warum Cornelia Wanke selbst in so vielen Netzwerken ist, hat aber auch noch einen anderen Grund. „Mein Lebensmotto heißt: Nur, wer sich bewegt, kann auch etwas bewegen. Und auch in Netzwerken kann ich nur etwas voranbringen, wenn ich selbst aktiv bin. Mein erstes Netzwerk, das ich geleitet habe, war und ist die Lady Lobby, die ich 2016 von Ruth Heintskill übernommen habe. Daraus sind durch einen Zufall und eine Veranstaltung die Spitzenfrauen Gesundheit entstanden, die heute fast 200 Mitglieder zählen und die ich als Co-Vor­sitzende führen darf. 2019 stand ein Vorstandswechsel bei den Healthcare Frauen an. Und es fand sich zunächst niemand, der dieses Netzwerk als Vorstand leiten wollte. Auch hier wieder: Frauen nehmen das Netzwerken immer noch nicht ernst. Ich dachte damals: Es kann doch nicht sein, dass es keine Frauen gibt, die dieses tolle Business-Netzwerk führen möchten, und habe mich spontan gemeldet – jetzt führen wir den HCF e. V. als Kleeblatt zu viert. Meine Kolleginnen bereichern mein Leben als Frau, Unternehmerin und Coach ungemein. Und für alle drei Netzwerke kann ich nur sagen: Gemeinsam haben wir so viel vorangebracht …“

Netzwerkerinnen müssen etwas abgeben, aber auch annehmen

Zusammen etwas bewegen zu wollen und zu gestalten, ist auch Tatjana Bucks Grund, sich zu engagieren. Die Apothekerin ist Gründungsmitglied und Vorständin bei der #DenkfabrikApotheke. Sie sagt gegenüber der DAZ: „Ich engagiere mich in der Denkfabrik Apotheke, weil ich den Apothekenmarkt aktiv mitgestalten möchte. Wir sind ein Netzwerk aus innovativen ApothekerInnen und ExpertInnen aus unterschiedlichen Bereichen des Gesundheitswesens, die viele wichtige Ressourcen wie Wissen, Kompetenz, Best Practice und (politische) Kontakte mitbringen. Wir wollen Apothekerinnen auf den gesundheitspolitischen Bühnen sichtbarer machen. Denn wir Apothekerinnen haben viel beizutragen: Apothekerinnen entwickeln gesamtheitliche Lösungen zur gesundheitlichen Betreuung ihrer Kunden, die allen nutzen, dem Patienten, aber auch allen anderen Gesundheitsberufen und Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten. Wir schaffen durch Innovation und Kollaboration Vorteile für das gesamte Gesundheitssystem!“.

 Anike Oleski, ebenfalls Apothekerin und Denk­fabrik-Vorständin, pflichtet ihr bei: „Die Denkfabrik hat sich zur Aufgabe gemacht, Apothekerinnen eine Bühne zu geben. Ich möchte als Vorständin und Unternehmerin eine Vorbildfunktion für junge Apothekerinnen haben und zeigen, dass Unternehmertum zwar zahlreiche Herausforderungen bereithält, aber auch unglaublich sinnstiftend ist und viel Spaß macht. Gerade die aktuellen Zeiten, mit vielen Umbrüchen, bieten aus meiner Sicht auch zahlreiche Chancen für Veränderung und Entwicklung. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Vernetzung zwischen ApothekerInnen und anderen Gesundheitsberufen ein wichtiger Faktor ist, um die Versorgung der Zukunft aktiv mitzugestalten. Die Apotheken können mit ihrem niederschwelligen Zugang hier einen essenziellen Beitrag als Lotse im Gesundheitswesen einnehmen.“

„Letztendlich geht es darum, sich gegenseitig in den Stärken zu stärken und bei den Schwächen zu unterstützen“

Auch für Dr. Vanessa Conin-Ohnsorge, Mitgründerin der Healthcare Frauen und der #DenkfabrikApotheke, geht es beim Netzwerken darum, gemeinsam nach vorne zu kommen. „Wenn die Netzwerkerinnen bereit sind, etwas aus ihrem Rucksack abzugeben und auch von anderen anzunehmen, kann dadurch etwas großartiges Neues entstehen. Das ist wie bei einem neuronalen Netzwerk, wo immer wieder neue Verbindungen und Knoten entstehen. Durch den authentischen und ehrlichen Umgang miteinander und den gemeinsamen Wunsch voranzukommen, lassen sich Kompetenzen erkennen und es können die richtigen Frauen zu den richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt sichtbar gemacht werden. Letztendlich geht es darum, sich gegenseitig in den Stärken zu stärken und bei den Schwächen zu unterstützen.“

Was auch Netzwerkerin Conin-Ohnsorge deutlich macht, nämlich dass erfolgreiches Netzwerken immer ein Geben und Nehmen ist, bestätigt auch der Zeit.online-Artikel: „Oft sind Netzwerke auch dann nicht so wirkungsvoll wie gehofft, weil die Mitglieder mit falschen Erwartungen in das Bündnis eintreten. Viele Frauen glauben, dass man in solch einem Netzwerk interne Informationen aus erster Hand bekommt oder andere Vorteile für seine Karriere erhält. Wird das nicht erfüllt, ziehen sich einige wieder enttäuscht zurück.“

Daher bedeutet auch für Cornelia Wanke Netzwerken nicht, einen Beitrag zu zahlen – und dann zu fragen: was bekomme ich dafür. „Netzwerken bedeutet für mich, sich zu fragen, was ich als Mensch, als Expertin, als Frau einbringen kann in dieses Netzwerk, von dem andere profitieren können. Belastbare Netzwerke wachsen durch Eingabe, Hingabe und Vertrauen …“

Frauennetzwerke im Gesundheitswesen

Lady-Lobby: Die Lady-Lobby ist ein interdisziplinäres Netzwerk von Frauen in Führungspositionen aus unterschiedlichen Bereichen des deutschen Gesundheitswesens. Gegründet im Herbst 2004 von der Rechtsanwältin und Politikberaterin Ruth Heintskill, entwickelte sich die Gruppe rasch zu einem sehr breit und ausgeglichen aufgestellten Netzwerk. Heute besteht die Lady-Lobby aus über 20 Repräsentantinnen aus nahezu allen Bereichen des Gesundheitswesens. Sie kommen von Seiten der Leistungserbringer, gesetzlichen Krankenkassen und privaten Versicherern, aber auch aus forschenden Pharmaunternehmen und von Medizintechnikherstellern sowie Dienstleistern im Gesundheitswesen. Diese Zusammensetzung fördert nicht nur den externen Austausch mit der Politik, mit den Vertretern der Selbstverwaltung und zahlreichen anderen Gremien im Gesundheitswesen, sie regt auch zum internen Austausch über das Verständnis für die Positionen und die Tätigkeits- und Interessenbereiche der Ladies untereinander an. Wer mitmachen möchte, muss aus dem Netzwerk heraus vorgeschlagen werden.

Healthcare Frauen (HCF): Die HCF sind ein Netzwerk für weibliche Führungskräfte im Gesundheitswesen. Gegründet wurden die Healthcare Frauen e. V. 2006 mit dem Ziel, eine starke Gemeinschaft von erfolgreichen Managerinnen des Gesundheitswesens zu bilden, die sich für mehr Vielfalt in den Führungsetagen von Unternehmen, Institutionen und Politik einsetzt. In der Folge wurde dann ein Mentoring-Programm ins Leben gerufen, um Frauen auf dem Weg ins Topmanagement zu begleiten. Heute zählen die Healthcare Frauen etwa 200 Mitglieder aus allen Bereichen des Gesundheitswesens, die sich bei verschiedenen Themen einbringen und engagieren und mit anderen Akteuren in Austausch treten. Der Aktionstag für Frauengesundheit #gored z. B. wurde in Deutschland von HCF mitinitiiert. Für eine Mitgliedschaft ist die erste oder zweite Führungsebene in einem Unternehmen mit mindestens 50% seines Geschäftsfeldes in der Health­care-Branche Voraussetzung. Mehr Infos unter www.healthcare-frauen.de

Spitzenfrauen Gesundheit: Der Verein Spitzenfrauen Gesundheit e. V. will laut Webseite die Gleichberechtigung von Frauen im Gesundheitswesen fördern und in der Gesundheitspolitik die beruflichen und sozialen Interessen der Frauen wahren sowie Gender-bezogene Ansätze in der Medizin und gesundheitlichen Versorgung vorantreiben. Entstanden ist das Bündnis 2019 aus der Idee, Frauen aus unterschiedlichen Bereichen des Gesundheitssystems zusammenzuführen im Zusammenhang mit einer „Kleinen Anfrage“ verschiedener Abgeordneter zum Thema „Entwicklung zum Frauenanteil in der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen“. Die in der Antwort der Bundesregierung enthaltenen ernüchternden Ergebnisse in Bezug auf die Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen im Gesundheitswesen machten klar, dass hier dringender politischer Handlungsbedarf besteht. 2020 wurde schließlich der Verein gegründet. Aktuell hat er 171 Mitglieder. Die Mitgliedschaft kann auf der Webseite beantragt werden. Mehr Infos unter https://spitzenfrauengesundheit.de

#DenkfabrikApotheke: Die Denkfabrik Apotheke wurde 2012 von einer Gruppe Frauen aus der Apothekenbranche gegründet. Sie setzt sich für die Stärkung der Apotheken vor Ort ein. Ziele sind unter anderem das Vernetzen von Apotheker*innen sowie die Förderung des Wissenstransfers untereinander. Außerdem hat es sich die Denkfabrik zur Aufgabe gemacht, die Sichtbarkeit der Apotheker*innen im berufspolitischen Kontext, in der interprofessionellen Zusammenarbeit und in der Öffentlichkeit zu erhöhen und sich dafür einzusetzen, dass Apotheker*innen maßgeblichen Einfluss erhalten, um das Gesundheitssystem aktiv mit- und weiter­zuentwickeln. Mehr Infos unter https://denkfabrik-apotheke.de


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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