Das Sozialgericht ließ sich nicht überzeugen und wies die Klage ab. Für den Rezepturzuschlag komme es auf die Herstellung eines Arzneimittels an – dies ergebe sich aus § 5 Abs. 3 Nr. 1 AMPreisV. Der Bezug zwischen einem Arzneimittel und einer Verordnung werde aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) deutlich, wo es heiße, dass ein Arzneimittel, das aufgrund einer Verordnung hergestellt werde, der Verschreibung entsprechen müsse. Entscheidend sei die Zubereitung an sich – nicht jedoch in welcher Form diese dann abgegeben werde. Dies zeige auch die Regelung zu den Ampullen (§ 5 Abs. 3 Nr. 3 Var. 4 AMPreisV), die davon ausgehe, dass trotz gesondert angefertigter und dann auch so abgegebener Ampullen nicht für jede einzelne der Rezepturzuschlag anfalle. Zwar fehle in § 5 Abs. 3 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV eine entsprechende Regelung zu einzeln abgegebenen Einheiten. Durch die stattdessen festgelegte Grundmengenstaffelung der Zubereitung werde aber deutlich, dass es nicht entscheidend darauf ankommen könne, wie diese Menge am Ende auf einzelne Dosen aufgeteilt wird.
Sozialgericht verweist auf Hilfstaxe
Hätte der Verordnungsgeber gewollt, dass der Rezepturzuschlag nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV pro hergestellte Einheit anfalle, so hätte er eine Regelung treffen können, wie für den Rezepturzuschlag für parenterale Zubereitungen in der Anlage 3 der Hilfstaxe. Das Sozialgericht räumte dabei durchaus ein, dass die Herstellung aseptischer und parenteraler Zubereitungen ähnlich aufwendig ist. Vor dem Hintergrund der in der Anlage 3 der Hilfstaxe vereinbarten höheren Zuschläge, sei eine entsprechende Änderung der Arzneimittelpreisverordnung zu wünschen. Das Gericht können sich über die geltenden Bestimmungen indes nicht hinwegsetzen.
Apothekerin legt Berufung ein
Die Apothekerin legte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung ein – hatte allerdings auch vor dem Landessozialgericht (LSG) keinen Erfolg. Der zuständige Senat holt in seinem Ende Januar ergangenen Urteil weit aus und legt die besonderen Vergütungsregeln und Retaxmöglichkeiten der Kassen detailliert dar. Er zeigt auch auf, welche Möglichkeiten Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband haben, Vereinbarungen abseits der Regelungen des § 5 AMPreisV zu treffen – wie bei der Hilfstaxe für bestimmte Rezepturen geschehen. Allerdings: Eine Regelung für die hier streitgegenständlichen Augentropfen wurde nicht getroffen, sodass für die Berechnung eines Zuschlags § 5 Abs. 1 und Abs. 3 AMPreisV maßgeblich bleibt.
Auslegung eng am Wortlaut...
Und diese Norm ist bezüglich der aseptischen Zubereitung (von Augentropfen) „zur Überzeugung des Senats dahingehend auszulegen, dass unabhängig von der konkreten Anzahl der hergestellten applikationsfertigen Einheiten bis zur Grundmenge von 300 g je Verordnung ein einmaliger Rezepturzuschlag von 7,00 Euro zu berücksichtigen ist“. Die Vergütungsregelungen seien eng am Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen.
...mit anderem Ergebnis
Auch für das LSG ist die „Zubereitung“ der maßgebliche Begriff. Denn § 5 Abs. 1 AMPreisV knüpft den Rezepturzuschlag an die „Abgabe einer Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren Stoffen, die in Apotheken angefertigt wird“ an. Der Begriff der „Zubereitung“ werde in § 5 AMPreisV sowohl als Teil des Herstellungsvorgangs als auch als dessen Ergebnis verwendet. Verstehe man „Zubereitung“ als Teil des Herstellungsprozesses, wäre bereits nach dem „natürlichen Sprachgebrauch“ eine auf einem Rezept verordnete Augentropfenlösung, die auf mehrere Fläschchen verteilt wird, eine Zubereitung im Sinne des § 5 Abs. 1 AMPreisV. Sähe man die „Zubereitung“ dagegen als das Ergebnis des Herstellungsprozesses, wäre der Wortlaut nicht eindeutig – auch die Sicht der Klägerin könnte dann gestützt sein. Aber in der Zusammenschau mit § 5 Abs. 3 AMPreisV werde klar: Der Verordnungsgeber habe bewusst Differenzierungen innerhalb dieser Vorschrift vorgenommen. Mal geht es um Grundmengen in Gramm, mal um konkrete Applikationsformen (z. B. Ampullen). Bei der aseptischen Zubereitung unterscheidet er gerade nicht nach der Applikationsform – und so ist für den Senat offensichtlich: Der Rezepturzuschlag fällt nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Var. 3 AMPreisV bis zur Grundmenge von 300 g nur einmal an – und nicht je Einheit.
Die Revision hat das LSG nicht zugelassen.
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Januar 2024, Az.: L 4 KR 3239/21
1 Kommentar
Wahnsinn
von T Kerlag am 04.04.2024 um 8:46 Uhr
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