HAV-Chef Holger Seyfarth

„In Berlin sind wir das Enfant terrible“

Berlin - 05.04.2024, 17:50 Uhr

HAV-Chef Holger Seyfarth. (Foto: HAV)

HAV-Chef Holger Seyfarth. (Foto: HAV)


Der Chef des Hessischen Apothekerverbands, Holger Seyfarth, ist unter anderem bekannt dafür, nicht immer mit der ABDA auf einer Linie zu sein. Zuletzt teilte er öffentlich gegen den DAV aus, weil die Agentur für Präqualifizierung, deren Hauptgesellschafter der DAV ist, für Sonderkündigungen nach dem weitgehenden Wegfall der Präqualifizierungspflicht eine Gebühr verlangt. Der DAZ erläutert er, weshalb er sich nicht scheut, auch mal querzuschießen.

Die Liste der Forderungen der ABDA an die Politik ist lang – vom Berufsstand wünscht sich die Bundesvereinigung hingegen nur eines: Geschlossenheit. Kaum eine Kammer- oder Verbandssitzung vergeht ohne einen eindringlichen Appell an die Kolleginnen und Kollegen, die ausgearbeiteten Positionen nach außen hin gemeinsam zu vertreten. Doch Holger Seyfarth spielt da nicht immer mit. Der Vorsitzende des Hessischen Apothekerverbands (HAV) schert ab und an mal aus dem Reigen aus.

Zuletzt knirschte es nochmals gewaltig zwischen ihm und der ABDA. Für Ärger in Berlin sorgte zum einen, dass Seyfarth ein Diskussionspapier mitunterzeichnete, in dem die Autoren unter anderem dazu aufrufen, Lauterbachs geplante Apothekenreform als Chance zu begreifen und die Zukunft der Präsenzapotheken neu zu denken. Die Bundesvereinigung hingegen lehnt die Pläne rundum ab – das wiederum hält der HAV-Chef für den falschen Weg.

Kritik an AfP-Sonderkündigungsgebühr

Zum anderen sorgte Seyfarth in der vergangenen Woche für Aufsehen, weil er in einer Pressemitteilung seines Verbands öffentlich den Deutschen Apothekerverband (DAV) kritisierte. Hintergrund ist, dass die Agentur für Präqualifizierung (AfP), deren Hauptgesellschafter der DAV ist, von den Apothekerinnen und Apothekern eine Gebühr verlangt, wenn sie wegen des Wegfalls der Präqualifizierungspflicht für die Abgabe von apothekenüblichen Hilfsmitteln von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen.

Seyfarth hat dafür kein Verständnis, wie er gegenüber der DAZ nochmals betont. Deshalb habe sich der HAV kürzlich bei einer Sitzung des Geschäftsführenden DAV-Vorstands dafür stark gemacht, die AfP dazu zu bewegen, von der Gebühr abzurücken. Unterstützt wurde der HAV dabei vor allem von den Juristinnen und Juristen unter den Geschäftsführern der Verbände. Im Nachgang habe man mit der AfP einen Kompromiss ausgearbeitet: Die Gebühr sollte laut Seyfarth um die Hälfte gekürzt werden. „Das ist unlogisch und rückgratlos“, wettert der hessische Verbandsvorsitzende. „So etwas kann ich meinen Mitgliedern unmöglich präsentieren.“

Schon lange vermisse er beim DAV eine gewisse Haltung. Das Einknicken in der Debatte um die AfP-Gebühr sei nun der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Auch das Argument, die Apothekerschaft müsse in diesen politisch schwierigen Zeiten geschlossen auftreten, lässt Seyfarth so nicht ganz gelten. „Damit erstickt man jede Kritik im Keim“, sagt er der DAZ. Der Absolutheitsanspruch der ABDA geht dem Apotheker aus Frankfurt am Main gegen den Strich. „Man muss seine eigene Position transparent machen dürfen, sonst wird man unglaubwürdig. Das geht doch sogar in der Bundespolitik, wo es bei Abstimmungen einen Fraktionszwang gibt.“

„12 Euro Fixum sind völlig unrealistisch“

Wie weit seine Ansichten und jene der ABDA inzwischen auseinanderliegen, zeigt sich auch am Beispiel Honorarforderung. „12 Euro Fixum sind völlig unrealistisch und keine Grundlage für Gespräche mit der Politik“, meint Seyfarth. Um das System in seiner aktuellen Form zu erhalten, brauche es seiner Einschätzung nach einen Aufschlag von etwa 1 Euro auf das Fixhonorar. Die Rechnungen der ABDA hielten einer Überprüfung nicht stand. „Und das weiß die Politik“, betont er.

ABDA will Status quo erhalten

Seyfarth geht sogar noch weiter: Die ABDA setze alles daran, den Status quo zu erhalten. „So wird sich nie etwas verändern. Alle Probleme, die wir jetzt haben, werden uns in absehbarer Zeit wieder einholen“, glaubt der HAV-Chef. Er möchte stattdessen neue Märkte erschließen und zum Beispiel Präventions- und Screening-Angebote aufbauen. In diesem Punkt sieht er im Eckpunktepapier zur Apothekenreform Potenzial – denn darin ist unter anderem vorgesehen, die Apotheken verstärkt in die Prävention und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und tabakassoziierten Erkrankungen einzubinden. Die rundum ablehnende Haltung der ABDA gegenüber den Reformideen Lauterbachs hält Seyfarth für nicht zielführend. Er glaubt weiterhin an den Dialog. „Fest steht doch: Es geht nur mit der Politik und nicht gegen sie“, fasst er zusammen.

Auch wenn er sich damit im Apothekerhaus offenbar keine Freunde macht, will Seyfarth nicht lockerlassen und weiterhin für seine Überzeugungen eintreten, kündigt er an. „In Berlin sind wir das Enfant terrible“, sagt er über sich und seine HAV-Kollegen. „Und das werden wir wohl auch bleiben.“


Christina Grünberg (gbg), Apothekerin, Betriebswirtin (IWW), DAZ-Redakteurin
cgruenberg@daz.online


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4 Kommentare

Enfant terrible

von Roland Mückschel am 06.04.2024 um 18:44 Uhr

Wäre doch jammerschade wenn sie euch Vorbild-Apotheken die Spar Abgabestellen für Arzneimittel direkt vor die Türe klatschen würden.
Aber das wird die ABDA zu verhindern wissen, wenn sonst auch gar nichts geht.
Und im übrigen finde ich dass die ABDA ihre Ziele für die Zukunftsapotheken sehr wohl erreicht hat.
Die Buden sind halt Kollateralschäden.
Die werden aber ihr Opfer für die verbleibenden Zukunftsbetriebe wohl zu schätzen wissen.
Verluste gibt es immer.

Darum wäre auch ne 1 Euro Erhöhung zuviel.

Warum haben wir so viele Durchblicker in den Reihen ohne dass was passiert.

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Weiter so geht nicht…

von Ulrich Ströh am 06.04.2024 um 12:04 Uhr

Resultate zählen…

Bislang hat die ABDA mit ihren utopischen Forderungen
zu Lasten der Solidargemeinschaft nichts erreicht…

Der Gesprächsfaden zur Politik ist gerissen.

Zeit für -neues Denken- !!

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.

von Anita Peter am 06.04.2024 um 7:04 Uhr

1 Euro wird alleine für die berechtigte Tariferhöhung benötigt. Und was ist mit dem Rest Herr Seyfarth?
Wenn die Politik sich die Arzneimittelversorgung anders vorstellt, dann soll sie es doch bitte geradeheraus sagen. Für viele junge Kollegen bleibt dann noch Zeit sich beruflich umzuorientieren.

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Schafft der HAV es denn im Alleingang

von Jörg Wemsewitz am 05.04.2024 um 18:25 Uhr

.... wenn der HAV und sein Vorsitzender es im Alleingang schaffen würden, wäre die Position ja eine Gute.
Aber dem ist nicht so, lediglich ist der HAV ein Argument für die Politik, dass die Apothekerschaft sich bei der Honorarerhöhung nicht einig ist. Und es ist absolut naiv zu glauben, dass es dann nur 1 EUR mehr gibt. Muss man einem Apotheker mit so vielen Apotheken, ich habe gerade mal gegoogelt, erklären, dass man mit einer Maximalforderung in einer Verhandlung reingeht. Die Politik hat jetzt einen Grund mehr das Honorar nämlich garnicht anzupassen.

Danke Herr Seyfarth. Treten Sie zurück! Ich bin dankbar nicht in Hessen zu sein. Der größte Feind des Apothekers, ist der Apotheker, hat mein Ex Chef mit schon vor 20 Jahren gesagt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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