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Eine rosige Zukunft sieht anders aus: Nach der Lektüre des Apothekenwirtschaftsberichts 2023 fragt man sich, wer sich die Apothekerei überhaupt noch antun will? Da kommt ein massiver Umbruch auf die Apothekenlandschaft zu, schon heute sind 34 Prozent der Apotheken bedroht oder stehen auf der Kippe. Keine Honoraranpassung und immer höhere Kosten. Die ABDA bittet Habeck und Lauterbach, umgehend die Arzneimittelpreisverordnung zu ändern, damit Skonti auf Rx wieder möglich sind. Sollten die beiden diese kleine Änderung nicht vornehmen, dann verbinden sie damit wohl eine Absicht. Der Lage zum Trotz: Der Nachwuchs sieht nicht schwarz. Es wird auch weiterhin Apotheken geben, auch wenn sie anders sein sollten, vielleicht ohne Homöopathie (weil dies die Ärzte so wollen) oder mit viel Telepharmazie, wie auch immer.
6. Mai 2024
Wir steuern auf eine neue Apothekenlandschaft zu: Es wird immer mehr große und sehr große Apotheken geben genauso wie immer mehr Apotheken, die von einer Schließung bedroht sind. Mein liebes Tagebuch, da ist ein massiver Umbruch im Gang. Wer wissen möchte, was da auf die Apothekenlandschaft, was da auf uns Apothekers zukommt, möge sich den Apothekenwirtschaftsbericht 2023 der ABDA zu Gemüte führen – eine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse und Zahlen hat DAZ-Wirtschaftsredakteur Dr.Thomas Müller-Bohn vorgenommen. Mein liebes Tagebuch, man kann nichts mehr schön rechnen oder schön reden: Das Tempo der Apothekenschließungen nimmt seit 2022 rasant zu. Aktueller Stand Ende des ersten Quartals 2024: nur noch 17.429 Apotheken. Der Rückgang betrifft massiv die Filialapotheken. Eine Trendwende zeigt sich bei den Zahlen der Approbierten in Apotheken, auch hier ist ein Rückgang zu verzeichnen. Weitere negative Zahlen und Fakten: Absatzrückgang bei OTC-Arzneimitteln, Umsatzanstieg durch Hochpreiser, Versand aus dem Ausland mit wachsendem OTC-Anteil, Kostensteigerungen in Apotheken, höhere Personalkosten, stagnierende Vergütung der Apotheken – jede dieser Schlagzeilen ist schon für sich ein Grund für Alarmsirenen. Insgesamt sind 34 Prozent der Apotheken bedroht oder stehen schon auf der Kippe. Für die nahe Zukunft sind weitere Kostensteigerungen zu erwarten, die Lieferengpässe verursachen großen Aufwand, für 2024 steht ein Tarifabschluss an und das Skonto-Urteil wird weitere Einbußen für die Apotheken bringen. Irgendwelche positiven Impulse in Sicht? Mein liebes Tagebuch, wer die findet, möge sich bitte melden.
Bisher wurde Apotheken für eine Grippeschutzimpfung 11 Euro vergütet, in Zukunft dürfen sie insgesamt 12,40 Euro (pro Impfung 11,40 Euro plus 1 Euro für die Beschaffung des Impfstoffs) abrechnen. Wow, was für eine Steigerung! Weitere „Anpassungen“ sind dann ab nächsten Jahr vorgesehen. Mein liebes Tagebuch, GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband, in deren Händen das Aushandeln der Impfvergütung liegt, tun sich schwer damit, sehr schwer. Denn je nachdem, zu welchem Ergebnis sie kommen, fühlt sich entweder die Apothekerschaft oder die Ärzteschaft benachteiligt. Was vielen Apothekers aufstößt: In Arztpraxen dürfen z. B. auch die Medizinischen Fachangestellten impfen, während dagegen in Apotheken nur die approbierten Kräfte impfen dürfen, aber nicht die PTA. Ergo, die Apotheken haben bei der Impfvergütung immer das Nachsehen, die Apothekerinnen und Apotheker können diese Arbeit nicht delegieren. Mein liebes Tagebuch, was denkt sich eigentlich Lauterbach dabei, wenn er den PTA die Leitung einer Filiale übergeben will, er sie aber nicht für fähig hält zu impfen?
7. Mai 2024
CardLink, CardLink über alles. Der EU-Versender DocMorris war der erste Anbieter, jetzt folgt sein Mitbewerber Redcare Pharmacy. Und während DocMorris auf einen 10 Euro-Gutschein fürs Mitmachen setzt, spannt Redcare zusätzlich zwei Promis ein, Günther Jauch und Christian Ulmen, die sich abbilden lassen (inklusive Video) und zeigen, wie man die Versichertenkarte ans Smartphone hält, um sein Rezept an den Versender zu schicken. Mein liebes Tagebuch, die Versender setzen voll aufs E-Rezept, es ist für sie der beste Weg, um kräftig beim Rx-Absatz mitzumischen. Sie wollen nicht nur OTCs verkaufen, sie wollen an die Masse der verschreibungspflichtigen Arzneimittel ran. Für die Vor-Ort-Apotheke wird’s nicht einfacher…
8. Mai 2024
Glückwunsch an Apothekerin Dr. Ina Katharina Lucas, die neue Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Berlin hat sie zu ihrer Präsidentin gewählt. Mit 41 Jahren ist sie die jüngste aller Kammervorsitzenden bundesweit. Sie löst Dr. Kerstin Kemmritz im Amt ab. Lucas fand ihren Weg in die Berufspolitik u. a. über AByou, der „ABDA-Jugendorganisation“, Lucas war eine der fünf Initiatorinnen und Initiatoren. Ihr Engagement für AByou beendet sie nun. Sie will sich, so sagte sie in ihrer Wahlrede, mit aller Kraft für die Vor-Ort-Apotheken einsetzen. Mein liebes Tagebuch, das Amt als Kammerpräsidentin in Berlin wird kein leichtes sein, die Herausforderungen sind groß in einer Zeit der Transformation, der Digitalisierung und vor allem der berufspolitischen Aufgaben. Als Mitglied der ABDA kann sie ihren Sachverstand und ihre Vorstellungen vom Apothekerberuf der Zukunft einbringen. Mein liebes Tagebuch, wir freuen uns, dass nun endlich der „Nachwuchs“ mit an Bord ist.
Im DAZ-Interview erläutert sie, welche Schwerpunkte sie in den kommenden fünf Jahren ihrer Amtszeit setzen will. Hier sind ihre drei wichtigsten Punkte:
- - zielgerichtetes und modernes Fortbildungsangebot, um die pharmazeutische Beratung und Betreuung zu verstärken;
- - besseres und niedrigschwellig erreichbares Serviceangebot der Kammern;
- - bessere Vernetzung innerhalb des Berufsstands, aber auch interprofessionell.
Ein guter Ansatz, mein liebes Tagebuch, das hört sich so verständlich wie geschmeidig an, birgt aber mit Sicherheit eine Menge Arbeit. Hoffen wir, dass sie ihre Ziele erreicht. Auf alle Fälle, und das sieht auch Lucas so, deutet sich in unserer Berufspolitik ein Generationenwechsel an, es engagieren sich junge Approbierte, die den erforderlichen Wandel in unserem Berufsbild mitgestalten wollen. Aber hat sie nicht noch einen wichtigen Punkt vergessen, z. B. die Honorarfrage? Hat sie nicht, Lucas sagt dazu: „Wir brauchen eine faire Vergütung, um die Herausforderungen, vor denen wir stehen, bewältigen zu können.“ Und dies, mein liebes Tagebuch, wird wohl eine Herkulesaufgabe der nächsten Wochen und Monate sein.
Ein höheres Fixum ist das Eine, für das unsere Standesführung kämpft. Das Andere sind die Skonti, die Einkaufsvorteile, die der Apotheke durch das Urteil des Bundesgerichtshofs genommen wurden – die ABDA will sich dafür einsetzen, dass den Apotheken zumindest die bisherigen Einkaufsvorteile nicht genommen werden. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening wandte sich schriftlich an de Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck; nachrichtlich gingen Mail und Brief auch an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach: Betreff: Regelung zu Skonti in der Arzneimittelpreisverordnung. Durch das BGH-Urteil, so Overwiening, verschlechtere sich die wirtschaftliche, extrem angespannte Lage der Apotheken in Deutschland weiter – die Apotheken benötigten dringend Unterstützung, um die Folgen dieser Entscheidung zu beseitigen. Overwiening bittet Habeck um ein „sofortiges Handeln“: Durch eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) könnte die Verschlechterung gestoppt werden, appelliert sie an den Minister und liefert eine konkrete Formulierungshilfe für eine AMpreisV-Änderung gleich mit. Außerdem bräuchte es gar kein Gesetzgebungsverfahren, nur die Zustimmung des Bundesrats. Mein liebes Tagebuch, wer könnte bei so viel inständiger Bitte und ausformuliertem Änderungswunsch kein Verständnis für Apothekers haben. Das müsste für Habeck im Einvernehmen mit seinem Kollegen Lauterbach doch ein Klacks sein. Außerdem kostet es doch der GKV keinen Cent. Also, mein liebes Tagebuch, wenn die beiden sich jetzt noch weigern, dann wollen sie die deutschen Apotheken platt machen.
10. Mai 2024
Schau an, sie machen Ernst, unsere Ärztinnen und Ärzte: Der Deutsche Ärztetag hat sich dafür ausgesprochen, Homöopathie aus der Gebührenordnung für Ärzte zu streichen. Der Ärztetag fordert den Gesetzgeber in einem Antrag dazu auf, „dass Homöopathie weder als Kassenleistung zur Abrechnung kommen kann, noch als Entität mit Sonderstatus in der Gebührenordnung für Ärzte Erwähnung findet.“ Es war eine lebhafte Debatte bis dieser Entschluss feststand. So wurde z. B. über die Frage diskutiert, ob Ärztinnen und Ärzte dazu verpflichtet werden sollen, ausschließlich evidenzbasierte Diagnosen und Therapieformen anzubieten. Zudem wurden Befürchtungen geäußert, homöopathisch tätigen Ärzten könnte ein Berufsverbot drohen. Laut Ärztezeitung wollte der Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt das Ergebnis der kontroversen Debatte allerdings lieber nicht kommentieren. Mein liebes Tagebuch, ob dieser Antrag dann den Gesetzgeber tatsächlich ermuntert, die Homöopathie aus der Gebührenordnung für Ärzte zu streichen, wird sich noch zeigen. Lauterbach tendiert bekanntlich in diese Richtung, ob er es dann letztlich umsetzt – wir werden sehen. Übrigens, der Antrag der Ärzteschaft geht sogar soweit, dass der Status von homöopathischen Mitteln als Arznei wegfallen soll, ebenso deren Apothekenpflicht. Mein liebes Tagebuch, wäre vielleicht nett gewesen, vorher mal die Apothekers zu fragen, was die davon halten…
Was genau bitte ist Telepharmazie? Was versteht man im Einzelnen darunter? Die Frage kam schon vor ein paar Monaten auf, als Lauterbach mit seinen ersten unausgegorenen Gedanken zu einer Apothekenreform den Begriff der Telepharmazie ins Spiel brachte. Er verstand darunter unter anderem die Möglichkeit, dass Apotheken light (die ABDA spricht von „Schein-Apotheken“), also ohne Apothekerin oder Apotheker als Filialleitung, telepharmazeutisch mit der Hauptapotheke verbunden sein könnten (z. B. per Video-Chat), d. h., die PTA könnte im Zweifelsfall auf diesem Weg Fragen und Probleme klären. „Das ist keine Telepharmazie“, sagt die ABDA-Präsidentin völlig zu Recht. Ihre Erklärung: „Telepharmazie bezieht sich ausschließlich auf das Apotheken-Patienten-Verhältnis.“ Und Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer präzisiert, die Apothekerschaft habe sich längst Gedanken über neue Wege gemacht hat, „auf denen wir unsere Patientinnen und Patienten auch auf telepharmazeutischen Wegen beraten können“. Damit kommen wir der Sache schon näher, mein liebes Tagebuch, es geht u. a. um die Patientenberatung per Telekommunikation, also per Telefonie oder Videogespräch. Laut Benkert gebe es bereits mehrere diesbezügliche Angebote in den Apotheken. Aber es gibt auch noch offene Fragen zur Telepharmazie. Und um diese zu klären und mal klipp und klar festzulegen, was alles unter Telepharmazie fällt und was man auf diesem Wege machen kann oder auch nicht, veranstaltet die Bundesapothekerkammer ein Symposium im Berliner Apothekerhaus. Mit Experten aus Politik und Verbänden soll über Chancen und Grenzen der Telepharmazie diskutiert werden. Immerhin, die ABDA weiß bereits, dass die Apothekerschaft die Telepharmazie befürwortet. Die ABDA-Präsidentin teilt dazu in einer Pressemitteilung mit: „Wir wollen die Telepharmazie aus den Apotheken vor Ort heraus in geeigneten Fällen anbieten. Sie kann ein weiteres Werkzeug für den komplexen Prozess der Arzneimittelversorgung sein.“ Also, die Apotheken wollen Telepharmazie, nur übers Was und Wie reden wir noch.
7 Kommentare
PTA‘s dürfen Apotheken führen, aber keine Grippeschutzimpfe geben!
von Joachim Wenking am 16.05.2024 um 15:53 Uhr
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Wohin geht die Reise?
von Ulrich Ströh am 12.05.2024 um 10:24 Uhr
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AW: Wohin geht die Reise
von Belodwitz am 12.05.2024 um 10:53 Uhr
AW: Wohin geht die Reise?
von Ulrich Ströh am 12.05.2024 um 11:08 Uhr
Skonto
von Belodwitz am 12.05.2024 um 10:00 Uhr
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AW: Skonto
von Karl am 12.05.2024 um 11:20 Uhr
Skonti unechte und echte
von Skonti Problematik am 12.05.2024 um 9:54 Uhr
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