Steuerrecht

Apotheken in der Familie übertragen

Stuttgart - 06.09.2024, 07:00 Uhr

Eine frühzeitige und sorgfältige Planung ist bei der Nachfolgeregelung entscheidend. (Foto: Adobe Stock/Syda Productions)

Eine frühzeitige und sorgfältige Planung ist bei der Nachfolgeregelung entscheidend. (Foto: Adobe Stock/Syda Productions)


Die Übertragung einer Apotheke innerhalb der Familie ist ein bedeutender Schritt, der eine sorgfältige Planung unter Berücksichtigung sowohl steuerlicher als auch rechtlicher Aspekte erfordert. Neben den rein steuerlichen und rechtlichen Aspekten sind immer auch die familiären Bedürfnisse und Wünsche der Beteiligten mit einzubeziehen.

Innerhalb der Familie kann die Übertragung aus verschiedenen Gründen erfolgen, darunter die Sicherung der Unternehmenskontinuität, die Familientradition oder die Nachfolgeplanung. Eine frühzeitige und sorgfältige Planung ist entscheidend, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten und steuerliche sowie rechtliche Risiken zu minimieren. Im Nachfolgenden möchten wir die steuerlichen Möglichkeiten anreißen, die das Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz bieten. Aufgrund der Kompatibilität und der Individualität der zu übertragenden Einheiten, kann im Nachfolgenden nur ein erster Überblick verschafft werden. Am Ende kommt es immer auf den jeweiligen Einzelfall an.

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Steuerliche Aspekte der unentgeltlichen Apothekenübertragung

Die unentgeltliche Apothekennachfolge stellt eine freigiebige Zuwendung dar, denn der Beschenkte wird auf Kosten des Schenkers bereichert. Es stellt sich daher die Frage nach den steuerlichen Konsequenzen. Im Rahmen der Einkommensteuer ist die Übertragung des Apothekenbetriebs, sofern alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übergeben werden, gem. § 6 Abs. 3 EStG steuerneutral. Der Übernehmer tritt in die Fußstapfen des Übergebers.

Steuerliche Konsequenzen können sich jedoch aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer ergeben. Gemäß § 1 Abs. 2 ErbStG unterliegen Schenkungen unter Lebenden der Erbschaft-/Schenkungsteuer. Im ersten Schritt stellt sich im Rahmen der steuerlichen Beurteilung der Schenkung die Frage nach dem Wert der Bereicherung. Da im Rahmen der unentgeltlichen Übertragung kein Entgelt für die Apotheke gezahlt wird, muss der Wert der Bereicherung anderweitig bestimmt werden.

Hierzu stehen in der Praxis zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Zum einen kann der Unternehmenswert nach dem sogenannten vereinfachten Ertragswertverfahren des Bewertungsgesetzes oder zum anderen im Rahmen einer anerkannten markt­üblichen Methode bestimmt werden.

In der Praxis zeigt sich, dass das vereinfachte Ertragswertverfahren in der Regel zu überhöhten Unternehmenswerten führt, die den tatsächlichen Wert einer Apotheke nicht widerspiegeln. Es empfiehlt sich daher, den Wert im Rahmen eines Gutachtens nachzuweisen. Die Bewertung erfolgt im Ertragswertverfahren nach IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer) S1 Standard. Dies führt in der Regel zu einem markt­üblichen Unternehmenswert, der die weitere Basis für die schenkungsteuerlichen Konsequenzen darstellt.

Begünstigungen im Rahmen der unentgeltlichen Apothekenübertragung

Aktuell genießt die Übertragung von Betriebsvermögen (also auch Apotheken) deutliche Begünstigungen bei der Erbschaft und Schenkungsteuer. Für begünstigtes Vermögen sieht der Gesetzgeber zwei Begünstigungen vor. Zum einen die sogenannte Regel- und zum anderen die Optionsverschonung (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Beispiel Regelverschonung

Im Rahmen der Regelverschonung sind 85% des begünstigten Unternehmenswerts begünstigt. Für die verbleibenden 15% steht darüber hinaus ein Abschmelzungsbetrag von max. 150.000 EUR zur Verfügung. Im Rahmen der Optionsverschonung sind 100% des begünstigten Unternehmenswerts begünstigt.

Diese Begünstigungen sind an gewisse Voraussetzungen geknüpft. Im ersten Schritt darf das BruttoVerwaltungsvermögen nicht mehr als 90% des Unternehmenswerts betragen. Dies bedeutet, dass insbesondere die Summe aus Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, Barmittel, Guthaben bei Kreditinstituten vor Abzug von Schulden nicht mehr als 90% des Unternehmenswerts betragen darf. Gerade bei Apotheken, die aufgrund des Geschäftsmodells und der Abrechnung über die Rechenzentren immer über einen größeren Bestand an Forderungen aus Lieferungen und Leistungen verfügen, ist hinsichtlich dieses „90-Prozent-Tests“ Vorsicht geboten.

Nicht nur im Vorfeld der Übertragung sind gewisse Voraussetzungen zu erfüllen. Auch im weiteren Verlauf sind je nach Verschonung innerhalb von fünf oder sieben Jahren gewisse (siehe unterhalb) Lohnsummenregelungen und Behaltensfristen zu beachten (siehe Tabelle 2).

Deren Nichteinhaltung führt zur anteiligen Versagung der Begünstigung. Es ist daher individuell zu prüfen, welche Begünstigung im Einzelfall gewählt werden soll.

Tabelle 2: Regel- und Optionsverschonung

Rechtliche Aspekte der unentgeltlichen Apothekenübertragung

Im Rahmen der unentgeltlichen Apothekenübertragung ist eine Vielzahl von rechtlichen Aspekten zu beachten. Unter anderem ist das Schenkungsversprechen und damit der Schenkungsvertrag grundsätzlich notariell zu beurkunden. Ein nicht in notarieller Form abgegebenes Schenkungsversprechen ist grundsätzlich nichtig. Mit Bewirkung der versprochenen Leistung wird der Formmangel allerdings als geheilt angesehen. Wichtig ist zu beachten, dass im Rahmen des Schenkungsvertrags eine Vielzahl von apothekenrechtlichen Regelungen zu beachten und zu berücksichtigen sind, wie z. B. Regelungen zum Übergang des Warenlagers, Regelungen zum BtM-Protokoll und weitere apothekenrechtliche Vorgaben. Dies ist insbesondere daher von Nöten, da im Rahmen der Beantragung der Betriebserlaubnis durch den Beschenkten, der Schenkungsvertrag der Aufsichtsbehörde vorzulegen ist.

Fazit

Die unentgeltliche Apothekenübertragung in der Familie ist ein komplexer Prozess, der eine umfassende Planung und Beratung erfordert. Die Inanspruchnahme der Begünstigungen nach dem Erbschaftsteuergesetz kann dabei helfen, steuerliche Belastungen zu minimieren und den Übergang erfolgreich zu gestalten. Es ist daher unerlässlich die Übertragung sorgfältig zu planen und mit Weitblick und einer fundierten Vorbereitung umzusetzen.


Nico Hümmer, Steuerberater


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