Wirtschaftliche Perspektiven

3 Prozent Peinlichkeiten

20.07.2016, 08:30 Uhr - Ein Blog-Beitrag von DAZ.online-Mitglied Dr. Hans Rudolf Diefenbach

Für den Margen-Deckel: Der Vize-Chef des GKV-Spitzenverbandes, Johann Magnus von Stackelberg, will die 3-Prozent-Marge der Apotheker deckeln, wenn der Listenpreis zur Berechnungsgrundlage wird. (Foto: dpa)

Für den Margen-Deckel: Der Vize-Chef des GKV-Spitzenverbandes, Johann Magnus von Stackelberg, will die 3-Prozent-Marge der Apotheker deckeln, wenn der Listenpreis zur Berechnungsgrundlage wird. (Foto: dpa)


3 Prozent Peinlichkeiten: So beurteile ich den unglaublichen Umgang mit unserer kaufmännischen Komponente, wie Politik und auch Kassenvertreter dies im Moment praktizieren.  

Schon vergessen? 2003/2004 war bei der bis heute nicht unumstrittenen Änderung der AMPreisVO diese Zahl ein Punkt, der niemals mehr nach unten angetastet werden sollte. In einigen schwierigen Jahren danach hatten die KollegInnen in der Praxis oft Mühe, mit dieser kargen Variablen ihre Betriebe zu leiten, zumal ja auch die fixe Komponente so fix geklebt war, dass über Jahre keinerlei Bereitschaft bestand, dem Beruf irgendwie wirtschaftliche Perspektiven zuzugestehen. Anträge bei Apothekertagen, die 3 Prozentstruktur zu erhöhen, wurden vehement im Plenum zurückgewiesen. Alles unter dem Mantel der „Solidarität“ – mit wem auch immer. 

Nun haben wir die „Hochpreiser“ mit einem Preisvolumenanteil von über zehn Prozent an den gesamten Arzneimittelkosten. Dies beschert uns halt auch einmal manchen Vorteil. Sofort sind interessierte Kreise da, die diese Marge deckeln wollen. War letzte Woche noch zu lesen, dass das Segment vorerst „ruhen“ solle, so tritt mancher aus der GKV Spitze ans Mikro und verlangt „uns“ zu beschneiden.

Ist es nicht einfach unverschämt, wenn wegen windiger Verhaltensmuster zur Preisbekanntgabe zwischen Pharmaindustrie / Staat / GKV der Partner, dessen Anteil 2 Prozent aller Krankenkassenkosten beträgt, nämlich die öffentliche Apotheke, von Neuem der Dumme sein könnte? Wo ist denn unsere Strategie? Es geht eben nicht, dass hinter diversen Türen ein „Kompromiss“ gesucht wird! Wieso? Wozu? Es wurde oft genug kolportiert, dass die permanente Erbringung von Leistungen (Rezeptkorrekturen, die mühsame Auswahltaktik!! wenn wieder was nicht lieferbar ist, Erklärungen zu Verordnungen etc., die weit über unsere Aufgabenbereiche hinausgehen ohne Vergütung erfolgt.)

Jetzt ist mal Schluss! Wir halten teure Medikamente oft genug vor. Schaut man sich die Schlampereien mancher „Partner“ bezüglich der Bereitstellung von Medikamenten an, dann ist die Apotheke mehr denn je zur LagerHALTUNG gefordert. Das kostet Geld und Logistik. Also Hände weg von 3 Prozent nach unten. Die linke Absicht, dafür „unten“ was als Ausgleich zu geben, ist Umverteilung zu niemandes Vorteil. Es ist nichts Neues, dass die öffentliche Apotheke lange genug von allen wirtschaftlichen Entwicklungen abgekoppelt war,man schaue sich den ABDA Geschäftsbericht nur genau an. Wir wollen existieren, nicht jonglieren! Wenn die Politik es ehrlich mit uns meint, dann weist sie Leute wie den Herrn von Stackelberg endlich mal in seine Schranken. Diese Sorte „Partner“ ist so überflüssig wie ein Kropf.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion von DAZ.online.


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3 Kommentare

Schwer peinlich

von Bernd Jas am 22.07.2016 um 9:54 Uhr

Lieber Herr Dr. Diefenbach,
Sie haben völlig Recht, und ich wette wir befinden uns mit den drei Prozent unter Aldi-Niveau, nur mit dem Unterschied, dass es bei Aldi immer ca. 70 Parkplätze gibt und auch dementsprechend die Kundenzahlen rauschen. Ansonsten können und dürfen wir uns natürlich nicht mit Discountern vergleichen, das ist mir schon klar, aber wirtschaften können wir mit dieser Marge nicht und schon gar nicht einen Reibach machen.
Wir haben einen Patienten der jeden Monat sein 6.500,-€ Präparat von uns bekommt. Da kann man nur schwer hoffen, dass mit der Erstattung alles gut geht und dass die Logistik ohne Empfangsbestätigungen (!) funktioniert (Diebstahl, Beschädigung, usw.). Da tragen wir das volle Risiko, wobei ich mich für die 195,-€, als drei Prozent-Marge wirklich nicht schämen muss und es auch nicht tue.
Also Hände weg von der mageren 3%-Marge!

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3%= 8 Jahre Risiko

von Tilman La Roche am 22.07.2016 um 7:47 Uhr

Wir bekommen eine Pauschale für die Abgabe und 3 % für Lagerhaltung/Beschaffung etc.
Wenn ich nun einen Hochpreiser, sagen wir 10.000€ alle 3 Monate einkaufe und abgebe, dann darf mehr als 8 Jahre (=33 Abgaben) nichts schief gehen. Wenn einmal etwas passiert, dann habe ich von den 3% nichts gehabt. Diese Rechnung sollte eigentlich jeder kennen.
Daran ändert sich auch nichts, wenn nachher im Hintergrund etwas zurückerstattet wird, da ich weiterhin den gleich hohen Einkaufspreis habe.
Wie kann man das nicht verstehen?

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Rechenfüchse diese Kassen :D

von Peter Lahr am 20.07.2016 um 14:03 Uhr

Rein rechtlich geht nur der offene Weg mit Erstattungspreis. Ich möchte ja nicht mit einer Aussage vorpreschen die Hersteller und Krankenkassen verunsichern könnten (höhö), aber uns den Listen EK aus Geheimhaltungsgründen beim GH bezahlen zu lassen um uns dann die Marge auf den Erstattungs EK zu zahlen könnte gerade manchen jungen internetaffinien Apothekern von uns sauer aufstossen. Da wo heute noch kein Interesse herrscht diesen rechtlich doch recht fragwürdigen Deal, mit Liste und Erstattungs EK nur um dem Ausland höhere Preise vorzugaukeln, öffentlich zu machen dürfte bei Kürzung der Marge auf den Erstattungs EK doch der tatsächliche Erstattungspreis den Weg sehr viel schneller per Leak ins Internet finden als es mit dem heutigen System der Fall ist. Denn runterzurechnen was der Preis, den die Kasse mit dem Hersteller ausgemacht hat denn nun wirklich ist ist ein Dreisatz von 20 Sekunden Arbeit.

Beispiel (Zwangsrabatt lasse ich jetzt mal weg;))
Liste VK 1000 netto, Kasse erstattet uns aber nur 994 Euro netto. Anteil 3% auf Listen EK soll 29,74-6=23,74 Erstattung Ist, 23,74/3*100+8,55= +-800 Euro.

Also, offene Karten bei Erstattungspreis auf allen Handelsstufen oder sauerer Apfel mit Geheimhaltungspreis in Form von 3% auf Listen EK.

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